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Pazifismus light auf dem Kirchentag
Am Sonntag ging der 38. Evangelische Kirchentag zu Ende
Berlin. Es gab durchaus Kritik an der Agenda der Bundesregierung auf dem Evangelischen Kirchentag, der am Sonntag in Nürnberg zu Ende ging. Deutliche Worte zum sogenannten Asylkompromiss, bei dem die EU-Innenminister sich am Donnerstag auf weitere Einschränkungen des Rechts auf Asyl verständigt hatten, kamen zum Beispiel von den auf dem Christentreffen anwesenden zivilen Seenotrettungsorganisationen – deren Arbeit von der Evangelischen Kirche unterstützt wird.
In seiner Predigt auf dem Schlussgottesdienst äußerte sich auch Quinton Ceasar kritisch zur EU-Fluchtpolitik der EU. »Und jetzt ist wieder die Zeit zu sagen: Wir schicken ein Schiff und noch viel mehr. Wir empfangen Menschen an sicheren Häfen«, sagte der in Ostfriesland tätige Pastor. Er erinnerte daran, dass auch Jesus ein Flüchtling war. »Öffnet nicht nur Eure Herzen, öffnet auch Eure Grenzen«, sagte Ceasar. Gott sei immer an der Seite derer, die »nicht gesehen, nicht gehört und nicht genannt werden«.
Allgemein war der Kirchentag hoch politisch – vor allem, weil zahlreiche Mitglieder der Bundesregierung wie auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) Gelegenheit bekamen, die Politik der Ampelkoalition, also die Aufrüstung der Bundeswehr und die immer stärkere Ausweitung von Waffenlieferungen an die Ukraine wie auch den Asylkompromiss zu erklären und als alternativlos darzustellen. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte am Samstag bei einem Podiumsgespräch mit Altbundespräsident Joachim Gauck, sie habe für die verschärften Asylregeln gestimmt, »weil ein Nichthandeln keine Alternative ist«. Deutschland könne sich „bei einem solchen Thema nicht enthalten«, denn »das hätte dazu geführt, dass Staaten wie Ungarn und Polen den Standard gesetzt hätten«, meinte sie. Ihr Ziel sei es gewesen, »dass mehr Menschen human behandelt werden«. Dazu gehöre leider auch, »die bittere Wahrheit mit in Kauf zu nehmen, dass es für einige auch schlechter ist«.
Stimmen gegen Waffenlieferungen an die Ukraine gab es zwar auf dem Kirchentag, sie waren aber in der Minderheit. Geändert hat sich mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine offenbar vor allem die Stimmung im Publikum. Mit Genugtuung konstatierte die Generalsekretärin des Kirchentags, Kristin Jahn, dass früher einige Politiker »eher ausgebuht worden« wären, was nun nicht mehr der Fall gewesen sei. Das sei gut, denn die gesellschaftlichen Herausforderungen bräuchten ein Mit- und kein Gegeneinander.
Altbundespräsident Gauck erklärte während der Veranstaltung mit Baerbock, Pazifismus sei zwar eine »wunderschöne Idee«, es gebe aber einen Unterschied zwischen »Wünschen und dem, was politisch machbar ist«. Gauck betonte: »Natürlich musst du dem Überfallenen helfen. Was denn sonst?«
nd/Agenturen
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