- Berlin
- Waldbrandgefahr
Totholz beschleunigt Brände
Feuerwehrpräsident fordert Schutzstreifen in Wäldern wie in der DDR
Rolf Fünnig, Präsident des Feuerwehrverbandes Brandenburg, fordert eine Korrektur bei der Waldbewirtschaftung. In der DDR habe es die notwendigen Brandschneisen gegeben. Heute fehlen sie mancherorts, sagte Fünnig am Dienstag im Landtag. Die Neukonzeption der Waldbewirtschaftung nach dem Ende der DDR habe sich »aus Sicht der Brandbekämpfung als Fehler erwiesen«. Den Wald nicht mehr beräumen und einfach zuschauen, wie Schneisen und Brandstreifen zuwachsen, dies sei sehr problematisch. Gleiches gelte für das Prinzip, den Forst stellenweise sich selbst zu überlassen, um einen Urwald zu erhalten.
Während vor 1990 in den Wäldern breite Schutzstreifen üblich waren, sei zugelassen worden, dass diese heute vielfach nicht mehr bestehen. Das verhindere bei Waldbränden, dass Feuerwehrleute zu den Flammen vordringen können. Fünnig forderte, das zu korrigieren und das Versäumte nachzuholen. Totholz wirke als Brandbeschleuniger und müsse in großem Umfang aus den Wäldern herausgebracht werden. Wie zu DDR-Zeiten müssten die Wälder »parzelliert«, also von einem Netz genügend breiter Streifen durchzogen sein, so breit, »dass sie vom Feuer nicht einfach übersprungen werden können«.
Enorm erschwert wird die Waldbrandbekämpfung laut Fünnig dadurch, dass seit 30 Jahren jede Menge Totholz in den Wäldern herumliegt. Es entstehe dadurch bei Bränden eine enorme Hitze und der Verbrauch von Löschwasser vervielfache sich. Allerdings müsste zunächst der Bundestag die gesetzlichen Grundlagen für eine Anpassung schaffen. »Dann kann das Land nachziehen.«
Zu dem großen Waldbrand bei Jüterbog, der sich tagelang hinzog und zeitweise auf 733 Hektar erstreckte, sagte der Feuerwehrpräsident, er sei davon ausgegangen, dass der nun »in den Griff bekommen« wurde. Jüngste Nachrichten deuteten jedoch darauf hin, dass die Flammen erneut angefacht wurden. Man könne nicht sagen, dass nach der Hitze in den trockenen Sommern der vergangenen Jahre gar nichts geschehen sei, erklärte Fünnig. Doch reiche es noch lange nicht aus, was geschehen sei.
CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann wies am Dienstag darauf hin, dass die Feuerwehr in Brandenburg mit modernem Gerät ausgestattet und inzwischen in der Lage sei, große Mengen an Löschwasser an entfernte Brandstellen zu führen. Das »erhöht die Schlagkraft« der Feuerwehr. Der CDU zufolge wurden seit Sommer vergangenen Jahres in Brandenburgs Wäldern 61 Löschbrunnen auf Landeskosten angelegt und 147 Brunnen mit Fördermitteln der Europäischen Union.
Für die SPD sprach der Landtagsabgeordnete Uwe Adler von einem Widerspruch zwischen den Prinzipien der ökologischen Waldbewirtschaftung und den Anforderungen an den Brandschutz. Das Totholz sei Lebensraum für Insekten, es wirke aber im schlimmsten Fall auch als Brandbeschleuniger. Wege für die Feuerwehr seien freizuhalten, und Mischwälder anzupflanzen sei ebenfalls ein Mittel, Waldbränden vorzubeugen. »Wir müssen einen guten Mittelweg finden«, meinte Adler.
Die starke Zunahme von Waldbränden in den vergangenen Jahren lässt auch die Grünen nicht unbeeindruckt. Der Waldumbau weg von den seit Hunderten Jahren vorherrschenden Kiefern-Monokulturen zu den ursprünglich typischen Mischwäldern sei wichtig, um das Problem einzudämmen, sagte die Fraktionsvorsitzende Petra Budke. Sie bekannte sich auch mit Blick auf Urwälder dafür, »Schneisen zu schlagen, damit die Feuerausbreitung erschwert wird und die Feuerwehr durchkommt«.
Für die oppositionelle Linksfraktion ist es angesichts der Trockenperioden derweil unbedingt erforderlich, Fahrgäste im öffentlichen Nahverkehr besser vor Hitze zu schützen. Für die kommende Landtagssitzung brachte die Fraktion einen Antrag ein, der unter anderem vorsieht, bei Temperaturen oberhalb von 30 Grad Celsius an Bahnhöfen mit hohem Fahrgastaufkommen kostenfrei Trinkwasser auszugeben. Die rot-schwarz-grüne Landesregierung wird in dem Antrag aufgefordert, an Bahnhöfen schrittweise Trinkwasserspender einzurichten und für die Beschattung der Fahrgastzonen zu sorgen. Ob da nicht eher die Deutsche Bahn AG die richtige Adresse für diese Forderung wäre? Der Abgeordnete Andreas Büttner erinnerte daran, dass der Staat den öffentlichen Nahverkehr bestellt und bezuschusst.
In großen Dimensionen denkt die kleine Fraktion der Freien Wähler. Ihr Abgeordneter Philip Zeschmann sprach von der Notwendigkeit, die Elbe bei Schmelz- und Hochwasser anzuzapfen, das Wasser in den Lausitzer Tagebauseen zwischenzulagern und bei Bedarf in die Spree einzuleiten, damit der Spreewald nicht austrocknet.
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