EU sucht Partner für ihr »Global Gateway«

Kommissionspräsidentin von der Leyen muss sich von Mercosur-Staaten Kritik anhören

  • Jürgen Vogt, Buenos Aires
  • Lesedauer: 4 Min.

»Ich bin hier, um zu sagen, dass Europa zurück in Lateinamerika ist und dass es an der Zeit ist, unsere strategische Partnerschaft auf eine neue Ebene zu heben«, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag in Brasilien. Es war die erste Station ihrer viertägigen Reise, die sie auch nach Argentinien, Chile und Mexiko führte. Die Visite dient der Vorbereitung des Gipfeltreffens von EU und CELAC, vertreten mit 30 Staats- und Regierungschefs aus Lateinamerika und der Karibik, am 17. und 18. Juli in Brüssel.

Um die Partnerschaft auf eine neue Ebene zu hieven, hatte die EU-Kommission Anfang Juni ihre »Neue Agenda für die Beziehungen zwischen der EU und Lateinamerika und der Karibik« vorgestellt. Kernstück des 22-Seiten-Papiers ist das »Global Gateway«, ein milliardenschwerer Fonds, mit dem die EU Investitionen in Lateinamerika und der Karibik anschieben will.

Umstrittenes Handelsabkommen noch immer nicht ratifiziert

»Die Europäische Union ist bereits der Hauptinvestor in der Region, und ich freue mich, ankündigen zu können, dass wir diese Investitionen in Lateinamerika und der Karibik im Rahmen von Global Gateway auf 10 Milliarden Euro erhöhen werden«, so von der Leyen. Damit will die EU der chinesischen »Neuen Seidenstraße-Initiative« eine europäische Alternative entgegensetzen, die im Unterschied zu China »auf Nachhaltigkeit setzt und von der die lokale Bevölkerung profitiert«.

Dennoch stand ihr Besuch in Brasilien ganz im Zeichen des umstrittenen Handelsabkommens zwischen der EU und dem Mercosur. Das Abkommen zwischen der EU und dem aus Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay bestehenden Wirtschaftsbündnis war bereits im Jahr 2019 beschlossen worden. Es wurde jedoch bislang nicht ratifiziert.

»Ich habe Präsidentin von der Leyen die brasilianische Besorgnis über das von der Europäischen Union im März dieses Jahres vorgelegte Zusatzinstrument zum Abkommen erläutert, das die Verpflichtungen Brasiliens erweitert und bei Nichteinhaltung sogar Sanktionen vorsieht«, formulierte es Präsident Luiz Inácio Lula da Silva zuerst diplomatisch. Und fügte dann deutlich hinzu: »Die Prämisse zwischen strategischen Partnern muss gegenseitiges Vertrauen sein, nicht Misstrauen und Sanktionen.«

Umweltforderungen sorgen in Südamerika für Unmut

Die in einem Zusatzdokument enthaltenen Umweltforderungen sorgen bei den südamerikanischen Staaten für Unmut. Ohne konkrete Vorschläge zur Überwindung der »Hindernisse, die es gibt«, präsentierte die EU-Kommissionspräsidentin eine Neudefinition: »Dieses Abkommen ist eine Plattform für einen langfristigen Dialog, und wir haben ein Schreiben als zusätzliches Instrument geschickt«, so von der Leyen. Die EU warte auf eine Antwort des Mercosur, um Schritte zum Abschluss des Abkommens zu unternehmen.

Was Lula vor allem auf die Palme treibt, ist die EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten, die im April in Kraft getreten ist. Sie verbietet die Einfuhr und den Verkauf von landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Rindfleisch, Kakao, Kaffee, Holz oder Sojabohnen, die auf ab 2021 abgeholzten Waldflächen angebaut oder produziert werden.

Ausgetauscht wurden auch die unterschiedlichen Auffassungen in Sachen Ukraine-Krieg. Lula bekräftigte die Verurteilung der russischen Invasion, es gebe aber »keine militärische Lösung für diesen Konflikt«. Zugleich sprach er sich erneut für den Umbau des UN-Sicherheitsrates zu einem kollegialen Gremium aus, in dem Brasilien einen ständigen Sitz anstrebt. »Wir brauchen mehr Diplomatie und weniger bewaffnete Interventionen in der Ukraine, in Palästina und im Jemen«, so Lula.

Linke fordert Partnerschaft statt Freihandelsabkommen

Etwas weniger konfrontativ verlief der Besuch bei Argentiniens Präsident Alberto Fernández. Der politische Wille zur Einigung sei vorhanden, hatte Fernández am Dienstag erklärt. Aber: »Das Abkommen muss den Asymmetrien zwischen der EU und dem Mercosur Rechnung tragen«, so der Präsident. Geschehe dies nicht, werde es dem Mercosur mehr schaden als nützen. Ende Juni werden sich die Unterhändler von EU und Mercosur in Buenos Aires erneut treffen. Dann wollen die südamerikanischen Länder einen Drei-Punkte-Vorschlag vorlegen, kündigte Fernández an.

Kritik kommt auch aus Deutschland. »Dieses Abkommen ist ganz auf die Bedürfnisse der Konzerne zugeschnitten, jedoch nicht auf Bedürfnisse von Mensch und Natur«, kommentiert Martin Schirdewan. Von der Leyen versuche ein Abkommen zu retten, das außer den Konzernen niemand wolle, so der Linke-Vorsitzende. »Wir brauchen kein Freihandelsabkommen, sondern einen Partnerschaftsvertrag auf Augenhöhe, der Arbeitnehmerrechte und Umwelt schützt sowie die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung voranbringt.« Ein solcher Vertrag könnte eine Blaupause für einen gerechteren Welthandel sein.

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