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Rigaer Straße: Rettungsmission in Berlin-Friedrichshain

In der Rigaer Straße in Friedrichshain wollen Mieter ihre Wohnungen vor dem Verkauf retten

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir hatten lange Ruhe«, sagt Astrid. Sie wohnt da, wo es sonst wenig Ruhe gibt. Am sogenannten Dorfplatz, der Kreuzung von Rigaer und Liebigstraße in Friedrichshain. Dort, wo nach dem Mauerfall zahlreiche Häuser besetzt wurden. Und später legalisierte Wohnprojekte auch wieder geräumt wurden.

Eines davon war die Liebigstraße 14, dessen Räumung 2011 über Berlin hinaus zu Ausschreitungen führte. Mit der Entwicklung von besetzt zu legalisiert und dann weiter zu regulären Mietverträgen ist die gesamte Geschichte aber noch nicht erzählt. Die Wohnungen der drei Häuser des Komplexes Liebigstraße 14 sowie Rigaer Straße 95 und 96 stehen jetzt vor dem Verkauf. Bevor der Straßenzug 2021 Teil eines Milieuschutzgebietes wurde, hatte der Eigentümer, ein Hamburger Unternehmen, die Häuser bereits aufgeteilt.

»Anfang des Jahres wurden die Hausflure renoviert, dadurch sind wir stutzig geworden«, sagt Mieterin Astrid, die eigentlich anders heißt. Die Eigentümerfirma habe ihnen auch bestätigt, dass verkauft werden soll. Bis Ende Juli sollen Arbeiten in den Häusern stattfinden. Astrid glaubt, dass dann eine Verdrängung auf Raten einsetzt und nach und nach Wohnungen einzeln verkauft werden.

Die Hausgemeinschaft will das nicht einfach geschehen lassen. Sie hat sich an Politiker und Genossenschaften gewandt, in der Hoffnung, einen gemeinwohlorientierten Käufer für das gesamte Ensemble zu finden. Denn, so Astrid: »Das Hamburger Unternehmen ist gesprächsbereit. Sie würden die drei Häuser auch an eine Genossenschaft verkaufen.« Zuerst hatte die »Taz« berichtet.

Das Problem: Die 11 Millionen Euro, die das Unternehmen für die drei Häuser will, sind für eine Genossenschaft schwer zu stemmen. Vor allem, weil es bei dieser Summe nicht bleiben werde. »Das Problem ist auch, dass an den Häusern viel gemacht werden müsste.« Ohne Unterstützung aus Landesmitteln werde es also nicht gehen. Auch beim Ankauf der Kastanienallee 12 in Prenzlauer Berg sorgte der schlechte Zustand des Hauskomplexes für eine lange Hängepartie.

Am Donnerstagabend nach Redaktionsschluss hat die Hausgemeinschaft Politiker zu einem Treffen im Hof eingeladen. Auch mit einer eigenen Webseite suchen die Bewohner die Öffentlichkeit. Erinnert wird dort an das Vorhaben des schwarz-roten Senats, den kommunalen Wohnungsbestand auf 500 000 zu erhöhen. »Bei unseren drei Häusern haben Sie die Möglichkeit, Ihre im Koalitionsvertrag formulierten Ziele in die Praxis umzusetzen«, so der Appell der Mieter.

Auch aus der Opposition kommt immer wieder die Forderung, gerade im innerstädtischen Bereich, wo Aufwertungsdynamik und Verdrängungsdruck am größten sind, Häuser zu sichern. Die Rede ist von einem »sozialen Pulverfass«, auf dem die Mieter wegen der drohenden Eigenbedarfskündigungen sitzen. 26 000 Wohnungen wurden in den vergangenen zehn Jahren in Friedrichshain-Kreuzberg umgewandelt. Der Bezirk ist damit Spitzenreiter in Berlin.

Die Strategie des Senats dürfte allerdings anders aussehen. Bausenator Christian Gabler (SPD) betonte bei der Vorstellung des Regierungsprogramms Anfang Juni im Stadtentwicklungsausschuss, dass der Ankauf umgewandelter Wohnungen schwierig sei. Nicht nur, weil die Eigentümerstruktur zerstreuter ist. Hinzu komme: »Paketpreise sind auf jeden Fall günstiger, als wenn ich eine Wohnung einzeln kaufe.« Vor allem die großen Siedlungen ins Straucheln geratener Wohnungskonzerne sind deshalb im Blick.

Wenn die Mieter in der Rigaer Straße wollen, dass das Land auch ihre Wohnungen dem Markt entzieht, werden sie laut werden müssen. Aber das können sie ja, hier am Dorfplatz.

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