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  • Deutsche Wohnen & Co enteignen

Enteignungen: Rechtlich kein Problem

Expertenkommission gibt im Abschlussbericht offenbar grünes Licht für Vergesellschaftung von Immobilien

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Vergesellschaftung großer Wohnungsbestände profitorientierter Immobilienunternehmen ist rechtssicher möglich: Zu diesem klaren Fazit kommt offenbar die vor über einem Jahr noch vom vormaligen rot-grün-roten Senat eingesetzte Expert*innenkommission, die die »Möglichkeiten, Wege und Voraussetzungen der Umsetzung« des erfolgreichen Volksentscheids »Deutsche Wohnen & Co enteignen« prüfen sollte.

Der Abschlussbericht der Kommission soll zwar erst am Mittwoch veröffentlicht werden. Teile davon sind aber bereits vorab an den »Tagesspiegel« durchgestochen worden. Demnach sieht die Mehrheit des 13-köpfigen, vor allem aus Jurist*innen bestehenden Gremiums nicht nur keine bundes- oder landesverfassungsrechtlichen Hürden für die Vergesellschaftung von Wohnungen. Auch die Verhältnismäßigkeit eines solchen Schritts wird offenkundig bejaht.

Wolle man die »privatnützige Verwertung« der betroffenen Wohnungsbestände beenden, gebe es keine Alternative, »die bei gleichem Ertrag für die Zwecke des Allgemeinwohls offensichtlich milder ist«, zitiert die Zeitung aus dem Abschlussbericht. Die an die Unternehmen zu zahlende Entschädigung müsse sich zudem mitnichten nach dem Verkehrswert der enteigneten Wohnungen richten.

Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen, die die Einsetzung der Kommission anfangs als billige Verschleppungstaktik kritisiert hatte, sieht sich nun auf ganzer Linie bestätigt. »Das ist eine großartige Nachricht für alle Mieter*innen, denn Vergesellschaftung ist das beste Mittel, um die Mietenkrise zu stoppen«, sagt Achim Lindemann von Deutsche Wohnen & Co enteignen.

Auch Niklas Schenker, der wohnungs- und mietenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, ist überzeugt, dass »Vergesellschaftung der zentrale Hebel ist, um für dauerhaft bezahlbare Mieten zu sorgen«. Alle anderen Instrumente hätten versagt. »Jetzt muss konsequent dieser Weg verfolgt werden«, sagt Schenker zu »nd«. Katrin Schmidberger von der Grünen-Fraktion sieht das genauso. »Nach diesem wohl sehr eindeutigen Ergebnis muss es jetzt in die konkrete Umsetzung gehen«, fordert die Wohnungs- und Mietenexpertin angesichts der am Freitag bekannt gewordenen Details des Berichts.

Das kann die Opposition ja gern fordern, die schwarz-rote Koalition werde ihren Kurs trotzdem nicht ändern, sagt dagegen der stadtentwicklungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Christian Gräff. Zum Abschlussbericht erklärte Gräff am Samstag im RBB: »Schön ist anders. Wir müssen leben mit dem, was die Kommission da vorgelegt hat und damit umgehen. Aber wir lassen uns überhaupt nicht unter Druck setzen.«

Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, werde Schwarz-Rot irgendwann ein Vergesellschaftungsrahmengesetz erarbeiten, das man dann in aller Ruhe vom Bundesverfassungsgericht prüfen lässt, so Gräff. Anders ausgedrückt und letztlich wenig überraschend: Den Bericht der Kommission werde das Bündnis aus CDU und SPD allenfalls als Briefbeschwerer benutzen.

Das geht gar nicht, sagt Grünen-Politikerin Katrin Schmidberger zu »nd«: »Egal ob Regierung oder Opposition, wir alle stehen in der Pflicht, endlich zu liefern, statt weiter die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids zu torpedieren und so das Vertrauen in das politische System zu beschädigen.« Auch Niklas Schenker von der Linken nennt Gräffs Ankündigung, das Votum der Kommission faktisch zu ignorieren, »einen Schlag ins Gesicht für alle, die bezahlbare Wohnungen brauchen«.

Aber, so Schenker weiter: »Die CDU wird schon noch schnell genug merken, dass wir sie gemeinsam mit der Stadtgesellschaft unter heftigen Druck setzen werden und nicht mehr locker lassen.«

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