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Nach Desaster früherer Landesbank: Bad Bank am Ende
Die Abwicklungsanstalt der HSH Nordbank legt ihren Abschlussbericht vor
»Es hätte viel, viel schlimmer kommen können.« Gut gelaunt zog Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) während einer Pressekonferenz in seiner Behörde am Gänsemarkt am Freitagnachmittag einen Schlussstrich unter das Debakel der früheren HSH Nordbank. Sieben Jahre nach Übernahme von maroden Schiffskrediten durch eine extra dafür gegründete Bad Bank, also einer Abwicklungsanstalt, kann diese nun selbst abgewickelt werden. Mit Gewinn. Unterm Strich gehen Hamburg und Schleswig-Holstein »aktuell« aber dennoch von Verlusten durch die Pleite der HSH Nordbank von rund 9,2 Milliarden Euro aus.
Die HSH Nordbank war im Jahr 2003 aus der Fusion der öffentlichen Hamburgischen Landesbank mit der Landesbank Schleswig-Holstein hervorgegangen, bezeichnenderweise als Aktiengesellschaft. Das Kreditinstitut geriet vor allem in Folge einer spekulativen Expansionspolitik des Vorstandes in Schieflage. Der hamburgische Senat und die Landesregierung in Kiel als Eigentümer hatten ebenso wie Manager, Politiker und Gewerkschafter im Aufsichtsrat die hochriskante Geschäftspolitik geduldet.
Die Landeshaushalte profitierten einige Jahre von hohen Dividendenzahlungen der Bank. Infolge der Finanzkrise brach das Kartenhaus dann aber nach und nach zusammen. Zusätzlich belastete den damals noch weltgrößten Schiffsfinanzier ab 2009 die globale Schifffahrtskrise.
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Verkauf an US-Hedgefonds
Die Europäische Kommission entschied 2016, dass die Bank abgewickelt oder privatisiert werden müsse. Dies war Brüssels Quittung für die Rettungsmaßnahmen, die Hamburg und Kiel mit einem zweistelligen Milliardenbetrag finanzierten. Die Regierungen in Hamburg und Kiel hatten sich gegen den Rat einiger, zum Teil auch linker Ökonomen für eine Privatisierung entschieden.
Auch, um Arbeitsplätze zu retten. 2018 wurde die HSH Nordbank dann für einen eher bescheidenen Kaufpreis von einer Milliarde Euro an eine Investorengruppe um den US-Hedgefonds Cerberus verkauft und trägt seitdem den Namen Hamburg Commercial Bank, kurz HCOB. Die erste Privatisierung einer öffentlichen Landesbank in Deutschland war damit perfekt. HCOB macht mittlerweile Gewinn. Für das vergangene Jahr meldete die geschrumpfte Bank einen Konzerngewinn von 425 Millionen Euro. Von ehemals rund 5000 Arbeitsplätzen blieben weniger als 1000 erhalten.
Als Bad Bank wurde von den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein im Dezember 2015 die »HSH Portfoliomanagement« gegründet. Sie kaufte notleidende Finanzierungen der Nordbank für 253 Schiffe zum Preis von 2,4 Milliarden Euro und sollte diese »wertschonend abwickeln«. Das gelang, auch weil die Frachtraten während der Corona-Pandemie in die Höhe schossen und Containerfrachter wieder heiß begehrt waren. Die Abwicklungsanstalt wird einen Gewinn von 378 Millionen Euro an die beiden Länder ausschütten, bevor sie im Herbst abgewickelt wird.
Mögliche Beteiligung an Cum-Ex
»So bitter die Verluste aus dem Desaster der HSH Nordbank waren«, sagte Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne), »so erfreulich ist das Ergebnis aus dem Verkauf des Schiffsportfolios.« Die gewählte Strategie, sich Zeit für die Abwicklung zu nehmen, sei genau richtig gewesen. »Die Portfoliomanagement hat großartige Arbeit geleistet.«
Heinold galt im schwarz-grünen Kabinett von Daniel Günther und Robert Habeck als entschiedene Befürworterin der umstrittenen Privatisierung der HSH Nordbank. In Hamburg spielte der heutige Bürgermeister und damalige Finanzsenator Peter Tschentscher im rot-grünen Senat von Olaf Scholz eine entscheidende Rolle. Ein Parlamentarischer Untersuchungsausschuss brachte wenig Licht in das düstere Kapitel. Mittlerweile steht die HSH Nordbank auch im Verdacht, an kriminellen Cum-Ex-Geschäften beteiligt gewesen zu sein.
Dressel spricht von »Größenwahn«
Das Fazit von SPD-Senator Dressel: Der »finanzpolitische Größenwahn« sei Hamburg und Schleswig-Holstein teuer zu stehen gekommen. Andere Landesbanken haben die Turbulenzen nach der Finanzkrise 2007/2008 besser überstanden. So gelten die baden-württembergische LBBW und die BayernLB wieder als erfolgreiche Akteure auf den Finanzmärkten im In- und Ausland.
Die Landesbank für Bremen, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt war wohl neben der HSH Nordbank am tiefsten im Sumpf aus Managementfehlern, teuren Rettungsversuchen und dem klassischen Geschäftsmodell der öffentlichen Kreditinstitute versunken. Die NordLB meldete allerdings für 2022 wieder einen Verlust und streitet sich mit den Sparkassen. Die hatten eine Milliarde Euro zur Rettung der NordLB beigetragen, sehen diese aber zumindest in Teilen als Konkurrentin an und wollen keine weiteren Verluste mittragen.
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