- Politik
- Korruption
Michael Rauterkus: Korruptionsvorwurf in der NRW-Finanzverwaltung
SPD-Fraktion fordert Rücktritt von Finanzstaatssekretär und Neubesetzung im Rechenzentrum der Finanzverwaltung
Doppelmoral, verkehrte Realität, Messen mit zweierlei Maß: So mutet es an, wenn die Christdemokraten, wie etwa ihr Generalsekretär Mario Czaja, aber auch NRW-CDU-Abgeordnete, einerseits Vetternwirtschaft im Bundeswirtschaftsministerium anprangern und Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) massiv für dessen Vorgehen in der Causa Graichen kritisieren. »Im Wirtschaftsministerium wird völlig ruchlos nach Stammbuch eingestellt. Das schade dem Vertrauen in die Politik«, sagte Czaja Anfang Mai der »Bild«-Zeitung.
Andererseits sieht sich die CDU in Nordrhein-Westfalen zum wiederholten Male dem Vorwurf ausgesetzt, gemauschelt und getrickst zu haben. Im jüngsten Beispiel geht es um die Besetzung des Chefpostens im Rechenzentrum der Finanzverwaltung mit Michael Rauterkus (CDU). Die Personalie beschäftigte auf Antrag der oppositionellen SPD bereits den Haushalts- und Finanzausschuss im NRW-Landtag in seinen vergangenen Sitzungen im April und Mai.
Nun kommt ein neuer Vorwurf hinzu: Der zuständige Finanz-Staatssekretär Dirk Günnewig (CDU) habe den 49 Jahre alten Rauterkus über eine Ausnahmeregelung sofort auf Lebenszeit verbeamtet – ganz ohne Probezeit. Der Verzicht auf eine Probezeit sei beamtenrechtlich bedenklich. Für die SPD erhärtet das den Verdacht »eines besonderen Entgegenkommens gegenüber einer Person«, sagt der SPD-Landtagsabgeordnete Stefan Zimkeit.
Die SPD-Opposition hat in der Vergangenheit auf mehrere Ungereimtheiten im Zusammenhang mit Rauterkus’ Besetzung hingewiesen. Der in Düsseldorf nach anderthalb Jahren Amtszeit als Beigeordneter abgewählte Michael Rauterkus (CDU) war zuvor Dezernent in Nettetal – der Heimat von Finanzminister Marcus Optendrenk. Beide kennen sich und hätten laut Optendrenk vor der Abwahl Rauterkus’ miteinander in Verbindung gestanden. Nun ist Optendrenk sein neuer Dienstherr.
Nach einer ersten erfolglosen, sich monatelang hinziehenden Ausschreibung des Leitungsjobs im Finanz-Rechenzentrum sei die Besoldung des Postens von B 3 auf B 4 erhöht worden. Diese Besoldungsstufe habe Rauterkus auch im Düsseldorfer Rathaus gehabt. Außerdem habe man die Bewerbungsfrist auf zwei Wochen verkürzt und einige Anforderungen gestrichen. So wurde etwa ein Abschluss in Informatik durch einen nicht definierten wissenschaftlichen Hochschulabschluss ersetzt. Auch die neu geforderte Führungserfahrung »in einer Organisationseinheit des Öffentlichen Dienstes mit 1000 Beschäftigten« brachte der Ex-Beigeordnete der Stadt Düsseldorf rein zufällig mit.
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen. Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Nach Einschätzung des SPD-Landtagsabgeordneten Stefan Zimkeit sei Rauterkus diese Stelle nahezu auf den Leib geschrieben worden zu sein. »Eine bestimmte Person sollte die Stelle bekommen. Das ist politisch und rechtlich fragwürdig«, kritisiert Zimkeit gegenüber der »Bild«. Optendrenk streitet die Vorwürfe ab. Die kurze Bewerbungsfrist von zwei Wochen begründet er damit, dass ein weiterer Verzug bei der Stellenbesetzung vermieden werden musste.
Die SPD will nun eine neue Ausschreibung durchsetzen sowie die Besetzung des lukrativen Postens »in einem ergebnisoffenen Verfahren« erreichen. Außerdem fordern die Sozialdemokraten Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) auf, Finanz-Staatssekretär Dirk Günnewig zu entlassen. Wie die »Westdeutsche Allgemeine Zeitung« (WAZ) berichtet, soll Günnewig im April im Haupt- und Finanzausschuss gesagt haben, er selbst habe über die Besetzung dieser Stelle entschieden.
Stefan Zimkeit mahnt die nordrhein-westfälische CDU an, gegenüber der Personalie Rauterkus dieselben Maßstäbe anzulegen wie bei Filz-Vorwürfen anderer Parteien.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.