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- Bürgernähe
Mit dem Gesicht zum Volke
Echtes Interesse der Politik an den Sorgen der Menschen
»Mit dem Gesicht zum Volke«, sang der Liedermacher Gerhard Schöne in den 1980er Jahren. Er beschrieb in seinem Song eine Veranstaltung in Nicaragua: »Der erste Mann des Staates sprach,/ das Mikro in der Hand,/ er sei auf alle Fragen/ aus dem Volke nun gespannt./ Gleich flogen ein paar Arme hoch,/ die Sprecher standen auf./ Was auch die Leute fragten,/ vorn gab’s eine Antwort drauf.« Nicht nur Kaffee, sondern auch diese Bürgernähe, so wünschte sich der Liedermacher, sollte Nicaragua exportieren – in sein Heimatland DDR. Das war klar, ohne dass Schöne es so deutlich aussprach.
Brandenburgs Linke scheint den Künstler mehr als 30 Jahre später nun zu erhören. Was sich die Landtagsfraktion als neuen demokratischen Aufbruch vorgenommen hat, erinnert ein wenig an »Mit dem Gesicht zum Volke«. Wenn aber ihre bereits gestartete Kneipentour der Maßstab ist, so zeigen sich die Schwierigkeiten. Die Bevölkerung muss erst einmal zu diesen Terminen strömen. Teilweise soll der Zuspruch ja groß gewesen sein. An anderen Abenden wieder wurde der Raum nicht so recht voll. Und die Gekommenen waren zumeist Genossen, die im Großen und Ganzen schon überzeugt sein dürften, auch wenn es den Damen und Herren Landtagsabgeordneten sicherlich nicht schaden kann, auch mal die Meinung der Parteibasis zu hören. Die einfache Bevölkerung hat man damit aber noch nicht unbedingt erreicht. Dennoch ist der neue Politikansatz lobenswert. Er muss jetzt nur noch mit Leben erfüllt werden.
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Dem Volk aufs Maul schauen, ohne ihm nach dem Munde zu reden, wenn rechte Ansichten offenbar werden, das ist kein leichtes Unterfangen. Zumal, wenn historische Bildung fehlt. Zu Recht verblüfft war neulich eine Polizistin, die an der Prinz-von-Homburg-Schule in Neustadt (Dosse) zwei Achtklässlerinnen für eine Laufbahn in Uniform gewinnen wollte. Sie erklärte den Schülerinnen, die Hochschule der Polizei befinde sich neben der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen. Aber von diesem KZ hatten die Mädchen weder im Unterricht noch anderswo je gehört.
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