Rechtsbruch beim Klimaschutz

Fridays for Future hat ein Sofortprogramm für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor vorgestellt

  • Laura König
  • Lesedauer: 4 Min.

Wer seine Hausaufgaben nicht erledigt, muss meist mit Konsequenzen rechnen. So erging es auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Am Montag sollten die Minister ihr Klimasofortprogramm vorlegen. Dies taten sie jedoch nicht. Daher stellte zeitgleich die Organisation Fridays for Future ihr eigenes Sofortprogramm für mehr Klimaschutz im Verkehrssektor vor und kritisierte die Bundesregierung scharf. Es bestehe eine klare gesetzliche Verpflichtung zur Vorlage eines Sofortprogramms durch die Regierung, sagte die Umweltrechtlerin Caroline Douhaire.

Bereits im April hatte der von der Bundesregierung berufene Expertenrat für Klimafragen bestätigt, dass 2022 die Emissionsvorgaben in den Bereichen Verkehr und Gebäude verfehlt worden seien. Eigentlich sieht das geltende Klimaschutzgesetz vor, dass das zuständige Ministerium in diesem Fall ein Programm vorlegen muss, um die Lücke zum Klimaziel zu schließen. Die Frist endete am 17. Juli.

Das Bundesverkehrsministerium sieht sich jedoch nicht mehr in der Pflicht, ein solches Sofortprogramm vorzulegen. Mit der im Juni vom Bundeskabinett beschlossenen Novelle des Klimagesetzes und den Maßnahmen, die im Entwurf des »Klimaschutzprogramms 2023« vorgelegt worden seien, sei diese Pflicht wegen der Überschreitung in den Vorjahren entfallen, teilte Wissings Ministerium auf Nachfrage mit. Auch Bundesbauministerin Geywitz verweigerte am Montag die Vorlage eines Sofortprogramms und antwortete auf eine entsprechende Nachfrage ebenso wie das Verkehrsministerium.

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Beide Vorlagen sollen erst nach der parlamentarischen Sommerpause beschlossen werden. Solange der Bundestag noch nicht über die Novelle des Klimaschutzgesetzes abgestimmt habe, seien die beiden Ministerien verpflichtet, Sofortprogramme vorzulegen, stellte jedoch Rechtsanwältin Douhaire klar. »Es ist nicht übertrieben, wenn man von einem Rechtsbruch spricht. Das Gesetz ist einzuhalten, solange es gültig ist. Wenn man dies nun unterlässt, dann ist das eines Rechtsstaates komplett unwürdig«, ergänzte sie.

Deutliche Worte findet auch Fridays-for-Future-Sprecher Pit Terjung: »Wir haben dieses Gesetz erkämpft. Und wir werden nicht dabei zuschauen, wie ein zentraler Erfolg von Fridays for Future zum zahnlosen Papiertiger zurückgestutzt wird.« Terjung mahnte die Abgeordneten, die Gesetzesnovelle abzulehnen. Auch von der Ampel-Regierung forderte er unmittelbare Konsequenzen: den Rücktritt von Verkehrsminister Wissing und das Vorlegen eines Sofortprogramms. Wissing sei mittlerweile untragbar geworden, sagte Terjung. Der Minister habe mittlerweile schon in mehreren Jahren gezeigt, dass er dieses Amt nicht ausführen wolle. »Arbeitsverweigerung dieses Grades würde in jedem anderen Job ein Kündigungsgrund sein«, kritisierte der Aktivist.

Nun hat Fridays for Future selbst einen umfangreichen Vorschlag gemacht. Darin enthalten: ein Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen, ein sofortiger Neu- und Ausbaustopp für Autobahnen und Bundesstraßen, autofreie Innenstädte – und langfristig die Abschaffung des motorisierten Individualverkehrs. All dies mache einen massiven Ausbau des Schienen- und Fahrradverkehrs nötig, so Fridays for Future weiter. Der öffentliche Verkehr soll nach Ansicht der Aktivist*innen zudem auf lange Sicht kostenfrei werden. Das Sofortprogramm von Fridays for Future verlangt auch, fossile Subventionen im Verkehr abzuschaffen und stattdessen in die Mobilitätswende zu investieren. Ab 2025 sollen keine Verbrennungsmotoren mehr in Autos eingebaut werden.

Unterstützt wird Fridays for Future von Umweltverbänden wie dem BUND. »Was Fridays for Future mit seinem Sofortprogramm vorgelegt hat, ist Common Sense«, betonte Arne Fellermann vom BUND am Montag. »Das sind Maßnahmen, die auch von verschiedenen anderen Institutionen zum großen Teil vorgeschlagen wurden. Dahinter stecken Modellierungen und Berechnungen zu CO₂-Einsparungen.« Auch die immense Lücke im Gebäudesektor dürfe nicht vergessen werden, so Fellermann. Das Gebäudeenergiegesetz reiche nicht aus, um diese Lücke zu schließen. Der BUND-Experte fordert neben Maßnahmen für neue Heizungen vor allem eine Sanierungsoffensive für bestehende Gebäude. »Wir sehen, dass in der Ampel-Regierung nicht der Wille für ausreichenden Klimaschutz vorhanden ist. Wir brauchen eine Politik, die langfristig gestalten will«, stellt Fellermann klar.

Der BUND und die Deutsche Umwelthilfe haben nun Klagen gegen die Bundesregierung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht, sowohl wegen der Novelle des Klimagesetzes als auch wegen des unzureichenden Klimasofortprogramms. Darüber soll im November verhandelt werden. Dann wird voraussichtlich das Gericht darüber entscheiden, ob Wissing und Geywitz tatsächlich einen Rechtsbruch begangen haben.

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