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Die Klimabewegung muss sterben
Wenn Klimaaktivisten ihren Kampf nicht mit sozialen Fragen verbinden, erzielen sie keine Wirkung und können es auch lassen
Man könnte meinen, die Demonstration von Fridays for Future 2019 mit 1,4 Millionen Menschen war die letzte große Massenmobilisierung für »das Klima«. Denn seien wir ehrlich: Die meisten von uns links-grün Versifften kriegen bei dem Satz »Das ist aber nicht gut fürs Klima« nur noch ein müdes Augenrollen hin.
Laut dem Deutschland-Trend vom April 2023 ist der Klimawandel das größte Problem, das die Menschen beschäftigt. Trotzdem schafft es »die Klimabewegung« nicht, dieses Potenzial zu nutzen. Klimaschutz wird in den meisten Köpfen immer noch in eine Verbotsgesellschaft übersetzt. Die Bewegung hat es bisher nicht geschafft, dem inneren Carbon-Footprint-Calculator, den der weltgrößte Ölkonzern British Petroleum populär gemacht hat und der den Klimaschutz auf persönlichen Verzicht reduziert, eine andere Erzählung entgegenzusetzen. Eine Erzählung, in der normale Menschen nicht Angst davor haben, dass ihnen etwas weggenommen wird. In einer Zeit, da viele Menschen sich grundlegende Fragen stellen, wie sie sich z.B. die steigenden Mieten zahlen können, ob sie sich bald keinen Urlaub mehr leisten können und wie sie die Pflege ihrer Eltern finanzieren sollen – egal ob sie in Deutschland oder woanders auf der Welt leben.
Wir Menschen sind evolutionär darauf ausgelegt, uns eher um den Löwen zu kümmern, der uns fressen will, oder heute um das Konto, das am Dispo kratzt, als um das Überleben der Zivilisation. Währenddessen erzählt die Klimabewegung immer wieder davon, wie wenig Zeit wir haben, dass das Haus brennt. Ja, wir sind mitten in der Klimakatastrophe. Die »Titanic« sinkt, aber wir sitzen global gesehen in der Luxussuite und glauben, dass die Regierung uns schon ein Rettungsboot bereitstellen wird. 1,5 Grad Erderhitzung werden aber dieses Jahr in einigen Teilen der Welt wochenlang überschritten. Diese Grenze werden wir nicht mehr einhalten.
Lakshmi Thevasagayam ist Ärztin, Klima- und Gesundheitsaktivistin und engagiert sich in der Antikohlebewegung.
Wir haben als Klimabewegung gelernt, das Problem bis ins letzte Detail zu analysieren. Wir reden über CO2-Emissionen, Tipping Points, grünen, grauen und blauen Wasserstoff. Aber es bringt uns nichts, wenn wir unsere Kämpfe nicht mit den Kämpfen für soziale Gerechtigkeit verbinden und mehr werden. Wenn wir nicht unser Wissen, dass Hitzewellen und Fluten wie im Ahrtal vor allem Ältere, Wohnungslose und Menschen mit Behinderungen treffen, mit den Kämpfen für gerechte Mieten und Sicherheitskonzepte für diese Menschen zusammenführen und sie dazu sprechen lassen. Als historisch viertgrößter CO2-Emittent müssen wir unsere Verantwortung erst nehmen und auch mit der Flüchtlingsbewegung zusammen kämpfen; nicht zuletzt, um genug Pflege-, Erziehungs- und Bahnpersonal für die Zukunft zu haben.
Die immer stärker werdende Gesundheitsbewegung und ihre Arbeiter*innen können aus eigenem Erleben viel besser erklären, was für Auswirkungen der Klimawandel auf das Leben hat, als selbsternannte Klimaaktivist*innen. Dass sie viel eher das Geld brauchen als subventionierte fossile Konzerne, die endlich gerecht besteuert und letztlich abgeschafft werden müssen.
Gute Klimapolitik lässt sich nicht unter der Ampel-Regierung machen, von Repression gegen Aktivist*innen ganz zu schweigen. Was politisch bei 20 Prozent Faschismus im Bundestag passieren würde, lässt sich erahnen. Die Klimabewegung in Deutschland hat zu viel Platz eingenommen, ohne breite Hoffnung auf eine klimagerechte Welt zu schaffen, in der viele ihren Platz finden. Wenn deine Klimagruppe mit ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten keine andere Bevölkerungsgruppe bei ihrem Kampf für Gerechtigkeit unterstützt, hat sie keinen Wert mehr. Sich nur Klimagerechtigkeitsgruppe zu nennen, ohne sich wirklich darum zu kümmern, macht es nicht besser. Lebt es vor oder macht Platz! Fridays for Future Bremen, die sich wegen solcher Defizite auflösten, haben es vorgemacht.
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