Berlin: Partyblitzer in Friedrichshain-Kreuzberg aufgestellt

Bezirk will, dass die Nachtruhe eingehalten wird

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 3 Min.
Psssst! Nur in Zimmerlautstärke unterhalten, sonst gibt es einen traurigen Smiley.
Psssst! Nur in Zimmerlautstärke unterhalten, sonst gibt es einen traurigen Smiley.

Ruhe jetzt! Ab 22 Uhr soll die Nachtruhe an der Admiralbrücke in Kreuzberg durchgesetzt werden. Wer mehr Spaß hat, als im Rahmen der Zimmerlautstärke erlaubt ist, wird vom »Citytree« (Stadtbaum) mit einer Anzeigetafel ermahnt, leiser zu machen. Wenn das nicht hilft, sprechen bald die »Nachtlichter« genannten Mitarbeiter des Bezirks Feierwütige an.

Friedrichhain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) hat am Freitagmorgen einen 10 000 Euro teuren mit Holz verkleideten »Lärmomat« vorgestellt. »Wir wollen, dass man sich im öffentlichen Raum aufhalten kann, aber eben rücksichtsvoll«, sagt sie.

Der Lärmblitzer steht am Zugang des Graefekiezes zur Admiralsbrücke. Hier sammeln sich in den Abendstunden viele Berliner und Touristen, Amateurmusiker beschallen die umliegenden Wohnhäuser. »Gerade von hier kommen viele Beschwerden von Anwohnern«, sagt Herrmann.

Die Admiralbrücke hat mittlerweile einen so schlechten Ruf, dass in einer ähnlich gut besuchten Gegend von Prenzlauer Berg Anwohner argwöhnisch auf den geplanten Neubau einer Fußgängerbrücke blicken, weil sie Kreuzberger Verhältnisse befürchten.

Der Lärmblitzer ist ein Wunderbaum. Zwischen 22 Uhr und 4 Uhr misst er die Lautstärke. Wenn diese länger als zehn Minuten über 55 Dezibel Zimmerlautstärke liegt, ermahnt ein Smiley auf einem Display dazu, leiser zu sein. Gleichzeitig dient der Lärmblitzer aber auch als Sitzgelegenheit. Ein Überschreiten der Lärmgrenze ist damit eigentlich schon garantiert.

Der »Citytree« kann aber noch mehr: Er kühlt auch die Umgebungsluft mittels eingebauter Moose. »Er hat eine Kühlleistung von 65 neu gepflanzten Straßenbäumen«, erklärt Peter Sänger von Green City Solutions, die den Wunderbaum gebaut haben.

Bis Oktober läuft das Experiment. Dann wird ausgewertet, was der »Citytree« am Landwehrkanal gebracht hat. Vorausgesetzt, er bleibt so lange intakt. Erinnert sei an das letzte Experiment von Grünen-Politikerin Herrmann: Eine Ökotoilette am nahen Kottbusser Tor war eine Woche, nachdem sie aufgestellt wurde, bereits das erste Mal nicht mehr vollständig einsatzbereit.

Dem »Citytree« könnte ähnliches drohen, wenn er mit der nur 15 Meter entfernten »City-Toilette« verwechselt wird. Besonders brisant: Unter der Sitzfläche befindet sich der Wasserspeicher für das verbaute Moos – nicht dass der noch zum Tank für die Hinterlassenschaften der Nachtschwärmer wird. Eine Mitarbeiterin des Bezirksamts beruhigt: Man habe beim benachbarten Spätkauf bereits Flyer ausgelegt.

Der Partyblitzer ist letztlich nicht die einzige Maßnahme eines Modellprojekts zum stadtverträglichen Tourismus. Bis Ende des Jahres sind Freitag- und Samstagabend auch die »Nachtlichter« des Bezirksamts von der Admiralbrücke über das Kottbusser Tor bis zum RAW Gelände in Friedrichshain unterwegs. Sie sollen das allgegenwärtige Partyvolk auf das Schlafbedürfnis der Anwohner aufmerksam machen.

An der Admiralbrücke werden sie sich sicherlich auch darum kümmern müssen, dass die Feierwütigen sich für ihr Toilettenbedürfnis einen anderen Baum als den »Citytree« suchen.

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