Kita-Betreuung: Am Geld fehlt es nicht

In drei Jahren soll ein Rechtsanspruch für die Ganztagsschule gelten, aber es hakt beim Ausbau der Plätze

Es hört sich wie eine Phantasiezahl an, die Markus Söder (CSU) Anfang Juli aus dem Hut gezaubert hat. Bayerns Ministerpräsident kündigte bei einem Treffen mit den Kommunalvertretern an, in den kommenden fünf Jahren 180 000 neue Betreuungsplätze für Kinder in Bayern zu schaffen. Davon sollen 130 000 Plätze auf die Nachmittagsbetreuung in den Grundschulen fallen und 50 000 Plätze auf die Kindergärten. Eine Milliarde Euro wolle er dafür in die Hand nehmen, versprach er auf dem Betreuungsgipfel in München. Den zusätzlichen Personalbedarf schätzt die Staatsregierung auf 60 000 Kräfte.

Die Reaktion von Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) fiel verhalten aus und spricht Bände: »Man muss sich einiges einfallen lassen.« Womöglich ist die vollmundige Ankündigung Söders auch der bevorstehenden Landtagswahl am 8. Oktober geschuldet. Denn ganz so unproblematisch wie Söder den Ausbau an Betreuungskapazitäten skizziert, wird sich das Vorhaben nicht umsetzen lassen.

Der Ausbau der Nachmittagsbetreuung in den Grundschulen ist ein Mammutprojekt. Ab August 2026 haben die Eltern darauf einen Rechtsanspruch. Zunächst gilt dieser bundesweit für die ersten Klassen. In den folgenden Jahren wird er jeweils um einen Jahrgang erweitert, sodass ab 2029 jedes Kind bis zur vierten Klasse ganztägig betreut werden kann, sofern die Eltern dies wünschen.

Am Geld wird der Ganztagsausbau wohl nicht scheitern. Der Bund und die Länder haben dafür einen Kompromiss gefunden. Das Deutsche Jugendinstitut schätzt die Investitionskosten auf rund 5,3 Milliarden Euro. Der Bund erklärte sich dazu bereit, 3,5 Milliarden Euro beizusteuern, der Rest muss von den Ländern kofinanziert werden. Auch bei den laufenden Betriebs- und Personalkosten gibt es eine gütliche Einigung, der Bund steuert dafür im Jahr 2029, wenn der Rechtsanspruch für die ersten vier Klassen gilt, 1,3 Milliarden Euro bei. Das sind 300 000 Euro mehr als ursprünglich angeboten.

Wie ambitioniert das Vorhaben aber ist, zeigt ein Blick auf die fehlenden Plätze. Schrittweise müssen bundesweit etwa 600 000 bis 800 000 Ganztagsplätze zusätzlich an den Grundschulen geschaffen werden, um den prognostizierten Betreuungsbedarf zu decken. Wobei sich die Ausgangslagen in den einzelnen Ländern laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung von 2022 erheblich unterscheiden. Im Osten nutzen bereits jetzt im Schnitt 83 Prozent der Grundschulkinder ein Ganztagsangebot. Hinzu kommen 3,5 Prozent, die ein Übermittagsangebot bis 14.30 Uhr besuchen. Im Westen sind es dagegen nur 47 Prozent der Schüler, die ganztags zur Schule gehen und 18 Prozent, die ein Übermittagsangebot wahrnehmen.

Vor allem im Westen wird die Umsetzung des Rechtsanspruchs eine Herausforderung, im Osten gilt es dagegen, die vergleichsweise schlechten Personalschlüssel zu verbessern. Insgesamt könnten Berechnungen zufolge Zehntausende Fachkräfte fehlen. »Bei der Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher müssten die Weichen in den Ländern eigentlich schon gestellt sein, um dem Rechtsanspruch ab 2026 gerecht zu werden«, sagte der Bildungsforscher Dirk Zorn dem »Deutschen Schulportal«. Offenbar lassen sich aber nicht genügend Menschen finden, die einen solchen Beruf ergreifen wollen.

Auch in Bayern nicht. Dort plant die Staatsregierung die Zahl der sogenannten Teamkräfte, die etwa für Verwaltung, Küche oder andere Aufgaben zuständig sind, von 6000 auf 12 000 zu verdoppeln. Das sind in der Regel Quereinsteiger, die keinen pädagogischen Beruf erlernt haben. »Wir brauchen sie als helfende Hände«, sagte Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU). »Wir müssen uns organisieren in engem Schulterschluss mit der Schule, weil wir so viel zusätzliches Personal mit Sicherheit nicht im Bereich der Sozialpädagogen gewinnen können, die im Kita-Bereich tätig sind.«

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