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Giorgia Meloni stoppt Bürgergeld per SMS
Italiens Rechtsregierung legt Axt an die Sozialleistungen
Fast 170 000 Familien erhielten dieser Tage von den Sozialbehörden eine SMS: »Mit dem 31. Juli endet Ihr Bezug des Reddito di Cittadinanza.« Das Bürgergeld war im März 2019 eingeführt worden. Singles erhielten monatlich 780 Euro, Familien bis zu 1280 Euro dieses bedingungslosen Grundeinkommens. Die Sozialmaßnahme kostet den italienischen Staat etwa 15 Milliarden Euro jährlich. Für die Chefin der postfaschistischen Fratelli d’Italia, Giorgia Meloni, war dies bereits zu Wahlkampfzeiten zu viel. Mit dem Argument, »wer Geld verdienen will, soll auch arbeiten gehen«, zog Meloni in den Wahlkampf 2022. Ein Motto, das die Anhänger der drei Rechtsparteien, die die aktuelle Koalition in Rom bilden, zu überzeugen schien. An der Macht setzt Meloni ihre Pläne nun auch um: Das Grundeinkommen wird 2023 teilweise, 2024 vollständig abgeschafft. Stattdessen soll es ein Überbrückungsgeld geben, bis deren Empfänger wieder einen Platz auf dem Arbeitsmarkt gefunden haben.
In der Realität ist dies eine Verhöhnung der Bevölkerung. Denn vor allem viele Langzeitarbeitslose haben nicht die geringste Chance auf einen Wiedereinstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Vor allem im italienischen Süden sind die Familien von den unsozialen Maßnahmen der Regierung betroffen. Behinderte, Minderjährige, Familien mit mehreren Kindern sowie Rentner sind ebenso betroffen wie arbeitsfähige Singles. Doch gerade die vulnerablen Gruppen sollten von den Kürzungen des Reddito di Cittadinanza eigentlich ausgespart bleiben. Im August werden weitere 80 000 Familien den Bescheid erhalten, dass sie kein Bürgergeld mehr erhalten.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Die Kürzung und vor allem die Art und Weise, wie sie nun durchgezogen wird, erbost die Betroffenen. In Neapel waren die Telefone der Sozialämter nicht mehr zu erreichen. Aufgebrachte Bürger stürmten die Büros, teilweise mussten Polizei und Carabinieri eingreifen, um die dort tätigen Beamten zu schützen. Allein in Neapel mit einer schon langjährig hohen Arbeitslosigkeit sind 21 507 Familien von den Kürzungen betroffen. Im besser gestellten Norden des Landes hingegen liegen die Zahlen deutlich niedriger: In Bozen etwa sind es nur 29 Familien, denen das Bürgergeld gekürzt wird, in der Metropole Mailand schon 3278. Eine Diskrepanz, die in Italien schon historisch ist und auf die auch die Regierung Meloni keine Antworten findet.
Wer im Alter zwischen 18 und 59 Jahren erwerbsfähig ist, soll sich um eine Arbeitsstelle bemühen und kann eine Unterstützung von monatlich 350 Euro beantragen. Diese wird jedoch nur maximal zwölf Monate lang gezahlt. Hinzu kommt der Zwang, jedwede Arbeit, die von den Arbeitsämtern angeboten wird, annehmen zu müssen. Aufgrund des bürokratischen Aufwandes ist zudem erst in einigen Monaten mit den ersten Auszahlungen der »Almosen« zu rechnen. Normalerweise geht Italien im August geschlossen in den Urlaub. Angesichts der sich jetzt aufheizenden sozialen Lage dürfte es jedoch schon in diesem Monat zu deutlichen Protestaktionen kommen.
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