An den Streiks in kalifornischen Hotels beteiligen sich Tausende

An den Streiks in kalifornischen Hotels beteiligen sich Tausende Beschäftigte

  • Anjana Shrivastava
  • Lesedauer: 4 Min.

Kalifornien befindet sich in diesem Sommer in einer Streikwelle. Hollywood-Autoren und Schauspieler, Werft- und Schularbeiter streiken; seit dem 2. Juli nun auch 15 000 Hotelarbeiter in 60 Hotels in und um Los Angeles. Die Gewerkschaftsmitglieder entschieden sich für den Streik, als ihre alten Verträge im Juni ausliefen. Ihre Entscheidung war strategisch: Letztes Jahr gab es Rekordgewinne, als die Tourismusindustrie Kaliforniens nach der Pandemie boomte. Die 46 Millionen Besucher brachten dem Bundesstaat im Jahr 2022 34,5 Milliarden Dollar ein. Weitere touristische Höhepunkte werden mit dem World Cup im Jahr 2026 und mit der Olympiade 2028 erwartet. Auch deshalb will die Gewerkschaft schon jetzt eine neue Lohnsituation schaffen. Der aktuelle Stundenlohn von 20 bis 25 Dollar soll um fünf Dollar erhöht werden und dann in jedem folgenden Jahr um drei Dollar.

Jetzt gab es in diesem Konflikt die ersten Berichte über Gewalt gegen streikende Beschäftigte. Das Sicherheitspersonal von Hotels, unter anderem in Santa Monica und Long Beach, wurde von der Gewerkschaft Unite Here Local 11 bezichtigt, Streikende zum Boden geworfen zu haben. Laut der »Los Angeles Times« weigern sich die Hotels, dies zu kommentieren.

Letzte Woche versammelten sich Hunderte Hotelarbeiter in Downtown Los Angeles. Dort berichtete German Martinez in spanischer Sprache der »Los Angeles Times«, dass Sicherheitspersonal des Fairmont Miramar Hotels ihn zu Boden geworfen habe und festhielt, nachdem er durch eine geöffnete Barrikade hindurchgelaufen war: »Die Sicherheits-Angestellten verfolgten uns, obwohl wir friedlich aufgetreten sind. Nachdem ich zu Boden geworfen worden war, konnte ich nicht aufstehen, weil ich an den Knöcheln und Ellbogen verletzt war. Auch drei Tage später hatte ich Schmerzen am ganzen Körper.« Im Hotel Maya in Long Beach versuchten Sicherheitsleute, die Streikenden mit einem Metallzaun auszusperren. Dabei versetzte ein Gast einem Hotelbeschäftigten im Ausstand einen Fausthieb gegen den Kopf.

Trotz der feindseligen Reaktionen auf den Streik ist Kalifornien ein guter Ort, um Gewerkschaftsmitglied zu sein. In dem US-Bundesstaat sind 16,1 Prozent der Arbeiter in einer Gewerkschaft, Tendenz steigend. Dagegen fiel der Prozentsatz an organisierten Arbeitern in den USA 2023 insgesamt mit 10,1 Prozent auf einen historischen Tiefpunkt. Zweifelsohne begünstigt das linksliberale politische Umfeld des Bundesstaates die starke Präsenz der Gewerkschaften. Die Zahl demokratischer Wähler ist doppelt so groß wie die der Republikaner. Im kalifornischen Parlament besitzen die Demokraten eine sogenannte Supermehrheit: Sie müssen auf Republikaner kaum eingehen. Die Gewerkschaften tragen zu der Dominanz der Demokraten mit erheblichem Wahlkampf-Engagement bei.

Doch diese Zustände tragen nicht dazu bei, dass das Leben für kalifornische Arbeiter wirklich leichter wäre. Wie in anderen Demokraten-Hochburgen, etwa im Bundesstaat New York, sind die Lebenskosten enorm hoch, besonders in den Innenstädten, wo Hotelpersonal arbeitet und auch leben will.

Diana Rios-Sanchez ist die Supervisorin der Hotelzimmer-Reinigung im Interconti-Hotel in Los Angeles. Sie wohnt mit ihren drei Kindern in einer Wohnung mit nur einem Schlafzimmer in El Sereno im Osten der Stadt. Sie weiß nicht, wie lange sie dort die Miete noch zahlen kann. »Alles was wir im Hotelgeschäft machen, ist arbeiten und noch mehr arbeiten. Wir kommen mit sehr wenig aus«, sagte Rios-Sanchez der »New York Times«. »Wir kümmern uns um die Touristen, aber niemand kümmert sich um uns.«

Die Hotelindustrie sträubt sich dagegen, für die hohen Lebenskosten in Kalifornien aufzukommen. Nancy Hoffmann Vanyek von der Handelskammer des San Fernando Valley behauptet, dass die Kammermitglieder nicht für das kostspielige Leben in Kalifornien verantwortlich seien.

Doch gibt es für die Gewerkschaften in diesem Jahr zusätzlichen Auftrieb, nämlich die Angst der Facharbeiter in Hollywood vor neuen Technologien, darunter die Künstliche Intelligenz. Die Entwicklung sorgt für eine pro-gewerkschaftliche und auch Pro-Streik-Stimmung. So kam es in der diesjährigen Streikwelle in Kalifornien zu ungewöhnlichen Ereignissen. Anfang dieses Monats schrieb die Gewerkschaft Unite Here Local 11 einen offenen Brief an Megastar Taylor Swift. Darin wurde die Sängerin aufgefordert, ihre sechs Shows in Los Angeles in Solidarität mit den streikenden Hotelarbeitern zu stornieren. Auch 50 kalifornische Staatsdiener unterschrieben den Brief, darunter Vizegouverneurin Eleni Kounalakis. Letztere wies darauf hin, dass die Hotels in Los Angeles wegen der Swift-Tour ihre Preise verdoppelten und verdreifachten, sich mit den eigenen Mitarbeitern aber nicht einigen wollten. Taylor Swift sagte ihre Konzerte in Los Angeles nicht ab. Aber die Streikenden in Kalifornien geben nicht auf.

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