- Berlin
- Rechtsextremismus
Festnahme nach Anschlagserie in Berlin
Nach drei queerfeindlichen und antisemitischen Brandanschlägen hat die Berliner Polizei einen Verdächtigen festgenommen
Nach drei rechtsextremen Anschlägen mit queerfeindlichem und antisemitischem Hintergrund hat die Polizei eine verdächtige Person festgenommen. Ob sie sich an allen drei aktuellen Fällen beteiligt hat, war zunächst unklar. Polizei und Staatsanwaltschaft nannten noch keine Details. Zuerst hatte der »Tagesspiegel« berichtet.
Die Festnahme erfolgt nach mehreren, womöglich zusammenhängenden Angriffen auf linke, antifaschistische und queere Orte. So erfolgten in der Nacht zu Samstag gleich zwei Brandanschläge auf unterschiedliche Denkmäler. Im Grunewald brannte die »Bücherboxx«, eine zum Bücherregal umfunktionierte Telefonzelle beim Holocaust-Mahnmal »Gleis 17«. Am Tatort fand sich ein antisemitisches Pamphlet, das von der Vernichtung der Jüd*innen in einem dritten Weltkrieg fantasiert.
In derselben Nacht warfen wohl Unbekannte einen brennenden Gegenstand auf das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen am Tiergarten. Zudem brachten sie zwei Zettel mit abgewandelten Bibelzitaten an, die gegen Homosexualität hetzen.
Ein dritter Brandanschlag galt in der Nacht zu Montag »RuT – Rad und Tat«, einem Verein lesbischer Frauen in Neukölln. Eine Schaufensterscheibe der Vereinsräume wurde dabei zerstört, innen lagen verkohlte Flugblätter. Am Montagmorgen tauchten zudem am nahe gelegenen linken Infoladen »Lunte« Schreiben mit Verschwörungserzählungen und Bibelzitaten auf, die sich unter anderem gegen Homosexuelle richten. »Wenn jemand beim Knaben schläft wie beim Weibe, die haben einen Greuel getan und sollen beide des Todes sterben«, wurde laut »Taz« aus dem 3. Buch Mose, Kapitel 20,13 zitiert.
Recherchen der »Taz« weisen auf eine seit Januar andauernde rechtsextreme Anschlagserie hin. So soll allein das Register Treptow-Köpenick, das rechte und rassistische Vorfälle im Bezirk dokumentiert, sechs Taten für die ersten zwei Januar-Wochen verzeichnen. Dabei handelte es sich vor allem um hetzerische Schmierereien, die mit dem Namen »Kassandros« und teilweise dem Zusatz »Berolinensis« unterschrieben waren. Auf dem Schild einer Kita, das sich gegen Rassismus positionierte, stand demnach »Alle Okkupanten vernichten« und darunter »Kassandros«.
Jeannine Löffler vom Register Treptow-Köpenick bestätigte »nd« gegenüber die Vorfälle. Sie erkennt einen eindeutigen Zusammenhang. So sei etwa im Januar bei einer Bushaltestelle in Johannisthal ein Plakatkasten zerstört worden, in dem Poster des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschland hingen. Daneben stand derselbe Bibelspruch, der am Montag in Neukölln aufgetaucht war. »Und als ich das Bekennerschreiben von der Bücherbox gesehen habe, war für mich klar, dass das derselbe Täter gewesen sein muss«, so Löffler.
Auch die Amadeu-Antonio-Stiftung schließt bei den aktuellen Schreiben auf dieselben Verfasser*innen. »Es handelt sich um ideologisch zusammenhängende, politisch-motivierte Straftaten. Das legt nicht nur der ›Unterzeichner‹ nahe, sondern auch die Auswahl der Ziele als auch die queerfeindlichen, antisemitischen und verschwörungsgläubigen Vernichtungsfantasien«, teilte der Pressesprecher der Stiftung Lorenz Blumenthaler mit. Mit dpa
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.