Auch Bartsch verlässt Fraktionsspitze

Langjähriger Kovorsitzender der Linken im Bundestag tritt »in die zweite Reihe« zurück

Nicht für alle in der Partei Die Linke dürfte die Mitteilung von Dietmar Bartsch überraschend gekommen sein. Am Mittwoch gab er bekannt, er werde nach acht Jahren im Amt nicht mehr als Kovorsitzender der Linksfraktion im Bundestag zur Verfügung stehen. Zuletzt hatte am 6. August Kofraktionschefin Amira Mohamed Ali angekündigt, sie werde bei der Neuwahl des Vorstands am 4. September nicht mehr für das Amt zur Verfügung stehen, und dies mit einer Abrechnung mit der Politik des Bundesvorstands verbunden, dem sie vorwirft, nur noch Interesse an enttäuschten Grünen-Wählern zu haben.

Bartsch schreibt in einem Brief an die Fraktion, der »nd« vorliegt, er habe seinen Entschluss zum Rückzug bereits »lange vor der letzten Bundestagswahl« gefasst. Seine Familie und »engste politische Freunde" hätten davon gewusst. Viele hätten ihn »in den vergangenen Tagen und Wochen heftig gedrängt, in dieser für die Partei nicht leichten Situation noch einmal zu kandidieren«, er sei aber bei seiner Entscheidung geblieben, so der 65-Jährige, der seit 2015 Ko-Fraktionschef ist. Bis 2019 hatte er die Fraktion zusammen mit Sahra Wagenknecht geführt. Nach deren Rückzug war Mohamed Ali zu ihrer Nachfolgerin bestimmt worden.

Bartsch ist seit Jahrzehnten eine wichtige Figur in der Linkspartei und ihrer Vorgängerorganisation PDS, unter anderem war er lange Bundesgeschäftsführer beider Parteien. 2009 war er Wahlkampfleiter, 2017 neben Wagenknecht Spitzenkandidat zur Bundestagswahl. In seinem Schreiben spricht er den Genoss*innen Mut zu: »Viele schwadronieren aktuell wieder über das Ende der Linken. Sie werden sich ein weiteres Mal irren, wenn die Werte, um die wir in der Gesellschaft kämpfen, wie Menschlichkeit, Solidarität, Herzlichkeit und viel Lächeln wieder unser Handeln bestimmen und wir zugleich aus der Geschichte linker Parteien die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen.«

Seit dem vergangenen Jahr hatte Bartsch immer wieder vor einer Spaltung der Linken gewarnt und Wagenknechts Liebäugeln mit einer Parteigründung deutlich kritisiert. Zahlreiche Linke-Politiker*innen bedauerten Bartschs Entscheidung, so auch die Vorsitzenden Janine Wissler und Martin Schirdewan, die ihm »für seinen unermüdlichen Einsatz für unsere Partei« dankten.

Die Bundestagsabgeordnete Kathrin Vogler äußerte sich gegenüber »nd« optimistisch, dass eine kompetente neue Fraktionsspitze gefunden wird. Die Fraktion sei »in wesentlichen Teilen sehr stabil«, so Vogler. Die neuen Vorsitzenden hätten indes keinen Einfluss darauf, ob Abgeordnete die Fraktion verlassen. »Die Entscheidung wird nicht in Berlin, sondern in einem Dorf im Saarland getroffen«, so Vogler in Anspielung auf den Wohnort Wagenknechts. »Auch deswegen ist es sinnlos, seine ganze Energie darauf zu richten, diese Entscheidung zu beeinflussen.«

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