Landtagswahl in Bayern 2023: Windrad, Polizei und Kirchenglocken

Der bayrische Landtagswahlkampf wird von konservativen Parteien und Forderungen dominiert

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 4 Min.
Auch wenn die CSU weit entfernt ist von früheren Prozentzahlen, dürfte Markus Söder erneut Ministerpräsident werden.
Auch wenn die CSU weit entfernt ist von früheren Prozentzahlen, dürfte Markus Söder erneut Ministerpräsident werden.

Am 8. Oktober ist wieder Wahlzeit in Bayern. Nahezu zehn Millionen Bürger sind aufgerufen, einen neuen Landtag zu wählen. Noch ist Ferienzeit und der Wahlkampf dümpelt eher vor sich hin. Die bayerische SPD versucht schon mal einen Auftakt (siehe unten). Die großen, landesweiten Themen fehlen und die Stimmung im Land weist laut den Umfragen darauf hin, dass es wahrscheinlich bei der jetzigen Regierungskoalition bleibt. Ministerpräsident Markus Söder und seine CSU stehen in den Umfragen bei knapp unter 40 Prozent, Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger und die Freien Wähler bei 12 Prozent. Das würde für eine erneute Koalition der beiden Parteien reichen. Die AfD liegt zwischen 12 und 14 Prozent.

Die CSU setzt in Zeiten von Krieg und Wirtschaftskrieg auf Kontinuität und Sicherheit, »In Bayern lebt es sich einfach besser«, lautet der Titel ihres Wahlprogramms. Darin steht nicht wirklich Neues, man wiederholt das Mantra der erfolgreichen Partei: »Wir haben die niedrigste Arbeitslosenquote in Deutschland, die geringste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Europa und die meisten Industriearbeitsplätze.« Das Programm listet die üblichen bürgerlichen Themen auf: Mittelstand und Handwerk stärken, Leistung muss sich lohnen, Erbschaftssteuer senken, Bürokratie abbauen. Nicht nur bei letzterem könnte man fragen, warum das die CSU nicht schon in den vergangenen gefühlten 100 Jahren ihrer Regierungsmacht in Bayern getan hat.

Im Programm hat sie auch ein bisschen Öko (»1000 neue Windräder in Bayern errichten«), Sicherheit (»Rückendeckung für unsere Polizei«) oder Migration (»Rückführung beschleunigen«). Große Versprechungen gibt es für Probleme, die den Leuten wirklich auf den Nägeln brennen, Pflege und bezahlbare Wohnungen zum Beispiel. Doch wer soll einer Partei trauen, die verspricht: »Bezahlbarer Wohnraum in Eigentum und Miete ist ein Grundversprechen der Sozialen Marktwirtschaft. Wir wollen dieses Grundversprechen erneuern und Eigentum schützen«, aber ein paar Jahre zuvor Zehntausende staatlicher Wohnungen privatisiert hat?

Das Problem für Söder und seine CSU bei diesem Wahlkampf ist, dass inzwischen mehrere Parteien in den angestammten Revieren wildern. Seit die CSU von den 60-Prozent-Mehrheiten wie unter Franz Josef Strauß nur mehr träumen kann, ist sie auf Koalitionspartner angewiesen. Und Söders Stellvertreter, Hubert Aiwanger ist mittlerweile auf den Geschmack gekommen, in Bierzeltmanier schimpft er gegen »Gender-Wahnsinn« und simuliert eine leicht radikalere CSU für den ländlichen Raum. »Weil Bayern lebenswert ist und lebenswert bleiben muss!«, steht dem Wahlprogramm voran, was einen an »50 shades of CSU« denken lässt.

»Kommunen dürfen nicht überlastet werden, Asylverfahren müssen schneller ablaufen«, steht im Wahlprogramm, ebenso wie »Angriffe aufs Eigentum weisen wir zurück, Ungerechtigkeiten wie die eigentumsfeindliche Erbschaftssteuer wollen wir abschaffen«. Und man will das »gewachsene Sinneserbe unserer Heimat schützen«. Dazu gehören »landesübliche Geräusche wie Kirchturmläuten, Kuhglocken oder ortsbekannte Gerüche wie den Brotduft einer Bäckerei.« Von der Entstehungsgeschichte her sind die Freien Wähler Fleisch vom Fleische der CSU, nur etwas rustikaler.

Dagegen tritt die neue Partei der Arbeiterklasse, die AfD, eher hardcore-mäßig auf. Sie weist am meisten Zustimmung unter Arbeitern und Arbeitslosen auf, wohl deshalb, weil diese nie in das Wahlprogramm geguckt haben. Auch in Bayern trägt die AfD die Monstranz der Ausländerfeindlichkeit vor sich her, kommt aber nicht zuletzt wegen der Existenz der Freien Wähler nicht auf die bundesweiten 20 Prozent an Zustimmung. Und jetzt das Schmankerl für die Arbeitnehmer aus dem Wahlprogramm: »CSU, Freie Wähler, FPD, SPD und Grüne bilden auch in Bayern ein politisches Machtkartell mit dem Ziel, eine ökosozialistische Planwirtschaft zu errichten.«

Die AfD sei die einzige Partei, die – nein, nicht die Interessen der Arbeitnehmer – sondern »ernsthaft die Interessen des bayerischen Mittelstands und der heimischen Industrie« vertritt. Klar, dass die Erbschaftssteuer weg muss. Als Alleinstellungsmerkmal weist die AfD noch die Kritik an den Corona-Maßnahmen und das Befürworten von Friedensverhandlungen in der Ukraine auf.

Die Grünen liegen zwischen 14 und 16 Prozent bei der Wählergunst, glaubt man den Umfragen. »Wir geben den Menschen in Bayern endlich die Sicherheit, dass sie jetzt und im Morgen gut leben können«, heißt es im Wahlprogramm. In einer »klimaneutralen und sozialen Zukunft« werde manches anders und vieles besser sein: saubere Luft und saubere Energie, gute Angebote an Kinderbetreuung und Pflege, eine menschenwürdige Unterstützung von Menschen mit geringem Einkommen, faire Arbeit in einer stabilen Wirtschaft. Die Grünen wären schon bereit, mit der CSU die Regierungsbank zu teilen, aber Söder ist wohl noch nicht soweit.

Für die Linkspartei in Bayern sagen die Umfragen zwischen zwei und drei Prozent der Stimmen voraus, was ebenso wie bei der FDP oder ÖDP nicht für einen Einzug in das Maximilianeum reichen wird.

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