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Mehr Selbstbestimmung, weniger Schikane
Das 40 Jahre alte »Transsexuellengesetz« soll abgelöst werden
Für viele trans, inter und nicht binäre Personen ein historischer Tag: Die Bundesregierung hat am Mittwochmittag endlich das Selbstbestimmungsgesetz auf den Weg gebracht, das das seit 1981 geltende und teilweise verfassungswidrige »Transsexuellengesetz« ablösen soll.
Bisher ist es für trans, inter und nicht binäre Personen enorm aufwendig, ihren Geschlechtseintrag oder ihren Vornamen zu ändern: In einem langwierigen Verfahren müssen sie sich zwei psychiatrischen Gutachten unterziehen, dann erst entscheidet ein Gericht. Die Kosten liegen im Schnitt bei 1900 Euro. Viele Betroffene bewerten den Prozess als Schikane mit hohen finanziellen wie sozialen Hürden. Das soll sich bald ändern.
Der neue Gesetzesentwurf ermöglicht Volljährigen eine Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen ohne ein Gutachten beim Standesamt. Minderjährige ab 14 können eine Änderungserklärung abgeben, die allerdings nur dann wirksam wird, wenn die Sorgeberechtigten zugestimmt haben. Ist das nicht der Fall, kann ein Familiengericht die Zustimmung ersetzen. Das Kindeswohl soll dabei die Entscheidung leiten. Für Minderjährige bis 14 Jahre sollen die Sorgeberechtigten eine Änderung vornehmen lassen können.
Außerdem sieht das Gesetz eine Interimslösung für Eltern vor, die ihren eigenen Geschlechtseintrag haben ändern lassen. In der Geburtsurkunde ihrer Kinder können sie demnach als »Elternteil« eingetragen werden. Das ist deshalb nur eine Interimslösung, weil das Abstammungsrecht bisher nur »Mutter« und »Vater« vorsieht – anders als alle heute möglichen Angaben beim Geschlecht im Personenstandsregister, nämlich »männlich«, »weiblich«, »divers« und »keine Angabe«. Darüber hinaus soll ein sogenanntes Offenbahrungsverbot vor einem Zwangsouting schützen, indem frühere Geschlechtseinträge einer Person nicht ohne ihre Zustimmung offen gelegt werden können. Bei einem Verstoß droht ein Bußgeld.
Allerdings gibt es auch bestimmte Sonderfälle, in denen die Geschlechtsänderung rechtlich nicht greifen soll: Bei Quotenregelungen etwa soll eine Eintragsänderung keine rechtlichen Folgen haben. Auch im Kriegsfall soll eine Zuordnung zum männlichen Geschlecht rechtlich bestehen bleiben, falls der Änderungsantrag unmittelbar vor oder während eines Verteidigungsfalles gestellt wurde. So soll sichergestellt sein, dass sich Personen mit ursprünglich männlichem Geschlechtseintrag nicht einer militärischen Zwangsrekrutierung entziehen könnten.
Nach dem Beschluss im Kabinett wird der Entwurf zunächst zur Stellungnahme an den Bundesrat weitergeleitet. Danach kommt er in den Bundestag, wo über das Gesetz erst öffentlich diskutiert und dann abgestimmt wird. Laut Sven Lehmann, Queer-Beauftragter der Bundesregierung, könnte das noch dieses Jahr geschehen. Nach Angaben des Bundesinnenministeriums soll es jedoch erst am 1. November 2024 in Kraft treten.
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