Alle für Inés: Kündigung Neuköllner Sozialarbeiterin vor Gericht

Illegaler Streikaufruf? Das Berliner Arbeitsgericht verhandelt die Kündigung der Neuköllner Schulsozialarbeiterin

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 3 Min.
Vor dem Berliner Arbeitsgericht drückten Aktivist*innen und Gewerkschafter*innen ihre Solidarität mit Inés Heider aus.
Vor dem Berliner Arbeitsgericht drückten Aktivist*innen und Gewerkschafter*innen ihre Solidarität mit Inés Heider aus.

Als Inés Heider aus dem Gebäude des Berliner Arbeitsgerichtes in Mitte auf die Straße heraustritt, wird sie mit Applaus begrüßt. »Wir sind Inés«, rufen ihr rund 50 Menschen entgegen. Sie unterstützen die Sozialarbeiterin im Kampf gegen ihre Kündigung. Denn die 28-Jährige verlor im Juni ihren Job an einer Neuköllner Schule wegen einer internen E-Mail. Ihre Arbeitgeberin, die Technische Jugendfreizeit- und Bildungsgesellschaft (TJFBG), erkannte darin einen Aufruf zum illegalen Streik und eine Gefährdung des Arbeitsverhältnisses mit dem Land Berlin.

Vor Gericht stellt der Anwalt des gemeinnützigen Unternehmens die Perspektive der Beklagten dar: So habe Heider am 28. Juni über ihren Dienstaccount eine E-Mail an den Mitarbeitenden-Verteiler geschickt, worin sie sich über die angekündigten bezirklichen Sparmaßnahmen in Neuköllns sozialem Sektor empörte. Mit der Bezeichnung als »menschenverachtend« habe Heider bereits gegen Dienstrecht verstoßen, weil derart politische Formulierungen die Zusammenarbeit mit dem Land Berlin gefährdeten.

Heider drückte in dem Schreiben außerdem ihre Unzufriedenheit mit der Gewerkschaft für Erziehung und Bildung (GEW) aus, die aktuell Sozialarbeiter*innen im Bildungsbereich nicht in das Streikgeschehen einbeziehe, und rief ihre Kolleg*innen in der E-Mail dazu auf, ihr 30-sekündige Videos zu schicken. »Das haben wir als Aufruf zum rechtswidrigen Arbeitskampf verstanden«, erklärt der Anwalt der Arbeitgeberin. Denn sie habe einen Streik ohne die GEW angestrebt. »In Anbetracht der kurzen Betriebszugehörigkeit« – Heider arbeitete seit März 2022 für den sozialen Träger – sei daraufhin die Kündigung erfolgt.

Der Anwalt Timo Winter hingegen kann keinen Aufruf zum Streik erkennen. Seine Mandantin habe lediglich Bezug auf einen bereits laufenden legalen Arbeitskampf der GEW genommen. Als Anlass habe ihr dabei die Kürzungsliste des Neuköllner SPD-Bürgermeisters Martin Hikel gedient: »Das beträfe die Schulen dort umso mehr, rund die Hälfte der Kinder im Bezirk ist armutsbedroht.«

Den zweiten Vorwurf, mit ihrer Wortwahl eine Loyalitätspflicht verletzt zu haben, weist Winter damit ebenfalls zurück: Heider habe »nicht irgendeine politische Meinung«, sondern einen Unmut ausgedrückt, der »im Betrieb eine sehr bedeutende Rolle spielt«. So sieht das auch Heider selbst: »Ich halte diesen Vorwurf für absurd, dass ich hier Geschäftsbeziehungen gefährde. Das war eine interne E-Mail und viele Beschäftigte teilen diese Haltung.«

Heider und ihre Unterstützer*innen sehen in der Kündigung deshalb einen Einschüchterungsversuch, um gewerkschaftliche Organisierung zu verhindern. »Es gab keine Abmahnung, kein Mitarbeiterinnengespräch. Die haben mit Kanonen auf Spatzen geschossen, das ist krasses Union Busting«, sagt Heider nach der Verhandlung zu »nd«.

Die GEW selbst stellt sich indes hinter Inés. Fabian Schmidt, Vertreter der GEW, sagt bei der Kundgebung vor dem Gericht, Meinungsverschiedenheiten gehörten zum gewerkschaftlichem Miteinander dazu. »Da wird versucht, einen Spalt zwischen die Beschäftigten und die GEW zu treiben.« Dabei habe Heider schlicht ein Problem benannt: Nämlich, dass Schulsozialarbeiter*innen bei den Streiks von Lehrkräften bisher nicht mitgedacht würden.

Heider geht es nicht um eine Entschädigung – sie will ihren Job zurück. »Die Schülerinnen sind mir ans Herz gewachsen.« Auch möchte sie zeigen, dass es sich zu kämpfen lohnt. »Mit der ganzen Solidarität bin ich da zuversichtlich.« Da keine gütliche Einigung stattfand, geht der Prozess am 31. Januar weiter.

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