Globaler Klimastreik: Fridays für soziale Gerechtigkeit

Fridays for Future und Paritätischer Gesamtverband schmieden ein neues Bündnis für Klimageld und sozial-ökologischen »Doppelwumms«

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 5 Min.
Eine Allianz fürs Klimageld (von links): Clara Duvigneau und Luisa Neubauer, Ulrich Schneider vom Paritätischen, Wirtschaftsforscher Marcel Fratzscher und Pit Terjung von Fridays for Future
Eine Allianz fürs Klimageld (von links): Clara Duvigneau und Luisa Neubauer, Ulrich Schneider vom Paritätischen, Wirtschaftsforscher Marcel Fratzscher und Pit Terjung von Fridays for Future

Fridays for Future setzt die Kooperation mit Organisationen aus dem sozialen Bereich fort. Zum Klimastreik im März verbündete sich die Gruppe mit Verdi; zum nun anstehenden globalen Streiktermin am 15. September hat sie mit dem Paritätischen Gesamtverband eine »Allianz fürs Klimageld geschmiedet«. So nennt es Fridays-for-Future-Aktivistin Clara Duvigneau zur Einleitung der Pressekonferenz am Dienstag, die bei hochsommerlichen Temperaturen vor dem Bundeskanzleramt in Berlin stattfindet.

»Dieser Sommer zeigt, in welcher Phase der Klimakatastrophe wir uns befinden«, sagt Luisa Neubauer, Sprecherin der Bewegung, und betont: »Stand heute ist kein Ort mehr sicher vor der Klimakrise.« Die Bundesregierung tue jedoch nicht genug dagegen, sondern spiele »auf Zeit, die man nicht hat«. Vor allem kritisiert Neubauer, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) so tue, als würde Klimaschutz soziale Konflikte verschärfen. »Er instrumentalisiert die Ärmsten, um seine Klimablockade zu rechtfertigen.«

Es ist der Standardvorwurf gegenüber der Klimabewegung: Sie versuche teure Klimaschutzmaßnahmen durchzudrücken, die die Ärmsten sich nicht leisten können. Zwar betonen Aktivist*innen schon seit Jahren, dass ökologische und soziale Gerechtigkeit nicht voneinander zu trennen sind. Doch angesichts der Tatsache, dass Fridays for Future es bislang kaum geschafft hat, diverser zu werden und weniger privilegierte Menschen aufzunehmen, scheint das oft wenig glaubhaft.

Nun versucht die Bewegung es über Bündnisse mit Organisationen, die eher den Zugang zu armutsbetroffenen Menschen haben. So hat es doch eine andere Wirkung, wenn Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Gesamtverbandes, sagt: »Die beste Rentenreform und die beste Kindergrundsicherung nutzen nichts, wenn wir die Lebensgrundlagen auf diesem Planeten verspielen« – als wenn Aktivist*innen sich damit wiederholt unbeliebt machen.

Klimaschutzmaßnahmen würden von der Bevölkerung nur dann nicht akzeptiert, wenn sie nicht mit Antworten darauf verknüpft würden, wie soziale Sicherheit hergestellt werden kann, erklärt Schneider. Das funktioniere aber nicht, »wenn Geld mit der Gießkanne ausgeschüttet wird und diejenigen, die es dringend brauchen, mit Kleinstbeträgen abgespeist werden.« Dann würden Menschen »sich für blöd verkauft« fühlen, so Schneider.

Die Lösung, die Fridays for Future und der Paritätische Gesamtverband fordern: ein Klimageld. Genau genommen hatte die Ampel-Regierung selbst ein solches Klimageld in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen. Gedacht ist es als Entlastung angesichts des steigenden CO2-Preises. Im kommenden Jahr soll dieser auf 40 Euro pro Tonne steigen. Dafür sollten alle Bürger*innen monatlich einen einheitlichen Betrag zurücküberwiesen bekommen.

Da Reiche statistisch mehr CO2 ausstoßen als ärmere Menschen, würde dies automatisch eine Umverteilung »von oben nach unten« bedeuten. Dass die Bundesregierung die Einführung eines Klimageldes nun auf unbestimmte Zeit verschieben will, hält Neubauer für »eine Blockade des sozialen Ausgleichs«.

Eine andere Frage, mit der Fridays for Future sich seit Anbeginn – und auch bei dieser Pressekonferenz – auseinandersetzen muss, lautet: Wer soll das bezahlen? Für die Antwort darauf hat sich das Bündnis nun ebenfalls Unterstützung geholt: von Marcel Fratzscher, Ökonom und Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. »Schulden sind nicht per se gut oder schlecht, sondern die Frage ist, was der Staat damit macht«, sagt Fratzscher.

Keinen Klimaschutz könne sich Deutschland definitiv nicht leisten. Konkret schlägt er zur Finanzierung den Abbau fossiler Investitionen vor – dann stünden schon mal 60 Milliarden Euro im Jahr zur Verfügung. Das Klimageld befürworte Fratzscher auch deshalb, weil Studien deutlich zeigen würden, dass der CO2-Preis Menschen mit geringem Einkommen stark belastet.

Das Fazit von Pit Terjung, ebenfalls Sprecher von Fridays for Future: Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit seien zwei Seiten einer Medaille, entsprechend fordere man von der Bundesregierung einen »Doppelwumms« mit zwei Kernelementen: ein verschärftes Klimaschutzgesetz und die unverzügliche Einführung des Klimageldes. Dafür müsse Kanzler Scholz im Zweifel seine Richtlinienkompetenz nutzen. Bislang fehle der Regierung eine gemeinsame Strategie. »Wir wissen es besser und wir können das laut sagen«, erklärt Terjung selbstbewusst.

Dafür gehe die Bewegung am 15. September wieder in ganz Deutschland zum globalen Klimastreik auf die Straße.

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