Climatejusticecrew: Solidarisch campen in Berlin

Klimaaktivist*innen wollen autonome Orte in der Stadt erobern und haben ihre Zelte im Invalidenpark aufgeschlagen

  • Louisa Theresa Braun
  • Lesedauer: 3 Min.
Climatejusticecamp im Berliner Invalidenpark: Grün wäre die Wiese schöner, bei niedrigeren Temperaturen wäre der Aufenthalt angenehmer. Trotzdem versuchen die Aktivist*innen hier besser zusammenzuleben.
Climatejusticecamp im Berliner Invalidenpark: Grün wäre die Wiese schöner, bei niedrigeren Temperaturen wäre der Aufenthalt angenehmer. Trotzdem versuchen die Aktivist*innen hier besser zusammenzuleben.

Mitten im spärlich begrünten Invalidenpark in Berlin, zwischen den Bundesministerien für Verkehr sowie Wirtschaft und Umwelt, haben ein Dutzend Klimaaktivist*innen sich einen ganz eigenen Ort geschaffen. Unter einem Gerüst, das, mit Pullis, Tüchern und tibetischen Gebetsfahnen behängt, ein wenig Schatten spendet, sprechen fünf von ihnen über die Biodiversitätskrise.

»Es ist wie in einer Wohngemeinschaft, in der vier Personen immer einkaufen, kochen und putzen und eine Person nur den Kühlschrank leer isst und Dreck macht«, erklärt Biologiestudentin Mandy. Die WG steht für die Erde, der eine Nutznießer für den Menschen, der auf Kosten anderer Arten lebt, indem er zum Beispiel eine Straße baut, die Tieren und Pflanzen Lebensraum wegnimmt.

Eigentlich sei es nicht so schwer, etwas gegen die Biodiversitätskrise – umgangssprachlich auch Massenartensterben genannt – zu unternehmen. Jeder einzelne Garten, der gepflegt wird, trage dazu bei. »Es reicht schon, aufzuhören zu zerstören«, sagt Mandy mit Blick auf die asphaltierten Flächen.

Davon gibt es rund um den Invalidenpark genug. Aber auch gegenüber den Anzugträger*innen, die ständig zwischen ihren Zelten hindurchlaufen, fühlen sich Yuno und Mary nicht allzu wohl. Beide kommen eigentlich aus dem A20-Protestcamp bei Oldenburg, wo sie ein Moorgebiet gegen ein Küstenautobahnprojekt verteidigen. »Das wollten wir nach Berlin bringen«, sagt Yuno zu »nd«. So organisierte die autonome transnationale Gruppe Climatejusticecrew mit anderen Klimaaktivist*innen zusammen schon das zweite Jahr in Folge ein Camp genau zwischen den beiden zuständigen Ministerien.

Die ersten beiden Wochen drehten sich schwerpunktmäßig um die Verkehrswende; unter anderem sei die »Tour de Verkehrswende« im Camp angekommen. In dieser letzten Woche, die am Samstag endet, will man sich umfassender mit globaler Klimagerechtigkeit beschäftigen. So standen neben dem Thema Biodiversität Workshops über eine ostafrikanische Ölpipeline, Klima-Migration oder Rojava auf dem Programm.

Bildung und Vernetzung sind Anliegen des Camps; vor allem gehe es aber darum, ein solidarisches Zusammenleben zu erproben, gemeinschaftlich für Verpflegung, Sicherheit und Ordnung zu sorgen. »Wir adressieren nicht die Machthabenden, sondern wollen uns einen autonomen Raum in der Stadt erobern und Strukturen erproben, die resilienter sind als das System«, betont Yuno.

Mary sagt, sie glaube nicht, dass Natur und Klima wirklich zu retten seien. »Aber ich habe Hoffnung, noch zu erleben, dass sich gesellschaftlich was ändern wird.« Die Frage sei natürlich, was nach dem bestehenden System kommt, gibt Yuno zu bedenken. »Auf Faschismus habe ich keinen Bock.« Deshalb gelte es schon jetzt, in Strukturen wie Klimacamps solidarische Gemeinschaften zu erschaffen.

Schließlich, fügt Yuno noch hinzu, müsse man sich auch Hoffnungslosigkeit leisten können. »Wenn ich die Folgen der Klimakrise am eigenen Leib spüre, bleibt mir nichts anderes übrig als zu kämpfen.« Auch das will die Climatejusticecrew im Invalidenpark vermitteln.

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