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Frau Lehrerin, sind Sie ein Nazi?
Grundschulreferendarin arbeitete beim rechtsextremen »Compact«-Magazin, erst jetzt wurde sie freigestellt
Das brandenburgische Bildungsministerium hat eine Grundschulreferendarin mit mutmaßlich engem Kontakt zu dem rechtsextremen Medium »Compact« vom Dienst freigestellt. Das erklärte ein Sprecher am Montag gegenüber dem »Tagesspiegel«. Unklar bleibt jedoch, wie lange das Bildungsministerium bereits im Vorhinein von der mutmaßlich rechtsextremen Gesinnung der angehenden Lehrerin wusste.
Deshalb diskutierte die Brandenburger Linke in ihrer Fraktionssitzung am Dienstag den Fall. Fraktionschef Sebastian Walter machte deutlich, dass er den Vorfall nicht auf sich beruhen lassen will. Auch wenn die Frau inzwischen freigestellt wurde, habe er Nachfragen, sagte Walter im Potsdamer Landtagsgebäude.
Die angehende Lehrerin hatte an einer Grundschule im Landkreis Märkisch-Oberland unterrichtet. Vergangene Woche hatte der »Tagesspiegel« eine Recherche veröffentlicht, derzufolge die Referendarin zuvor wohl für den rechtsextremen Nachrichtenkanal »Compact-TV« tätig gewesen war und sogar Sendungen moderiert hatte – mit Perücke. Bis Anfang 2023 soll die 29-Jährige demnach für die Sendung »Compact. Der Tag« vor der Kamera gestanden haben, bis in den Sommer hinein soll sie in Kontakt mit anderen Rechtsextremen gestanden und etwa die Filmpremiere eines Compact-Films zusammen mit bekannten Nazis, Vertretern der AfD und der Partei »Die Heimat« besucht haben.
Fraktionschef Walter betonte die eindeutig rechtsextreme Gesinnung von »Compact«: »Da existieren klare Beziehungen bis in die NPD hinein und auch in andere Kameradschaften«, sagte er. Tatsächlich bewertet auch der Verfassungsschutz »Compact« als gesichert rechtsextrem und beobachtet die Mitarbeiter*innen. Deshalb liegt für Walter inzwischen der Verdacht nahe, dass das Ministerium schon länger über diese Vergangenheit der Referendarin unterrichtet gewesen sei, aber untätig geblieben wäre.
Und nicht nur das. Walter glaubt Anzeichen zu erkennen, dass eine »Verschleierung« stattgefunden hat. Sollte sich das betätigen, werde er Anfragen an das Ministerium richten. Die Tatsache, dass die Referendarin seit einigen Tagen nicht mehr arbeiten darf, reicht ihm nicht aus. Mit Blick auf die Ereignisse an einer Schule in Burg vor einigen Monaten, fügte Walter hinzu, könne es nicht angehen, dass Lehrer*innen, die gegen rechtsextreme Umtriebe Stellung beziehen und sich selbst in Gefahr brachten, im Stich gelassen werden, »während hier Feinde der Demokratie in Schutz genommen« würden. In Burg im Spreewald (Spree-Neiße) hatten zwei Lehrkräfte auf rechtsextreme Vorfälle an ihrer Schule hingewiesen. Weil sie jedoch ausreichende Unterstützung durch das Ministerium vermissten und sogar anschließend von Anwohner*innen und Schüler*innen bedroht wurden, ließen sie sich schließlich versetzen.
SPD-Fraktionschef Daniel Keller wies diese Darstellung zurück. Der Linke-Politiker Walter möge zur Kenntnis nehmen, dass man solche Dinge nicht übers Knie brechen könne, sondern den vorgesehenen und vorgeschriebenen Weg einhalten müsse. Immerhin sei die Referendarin jetzt vom Dienst freigestellt worden. »Das zeigt, dass das Ministerium handelt und gewissenhaft reagiert.« Grünen-Fraktionschefin Petra Budke wies darauf hin, dass Referendare Lehrer*innen auf Probe seien und auch entlassen werden können, wenn sie den Ansprüchen nicht genügen. »Wir dulden keine Lehrer im Schuldienst, wenn sie rechtsextreme Positionen vertreten.«
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