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Asian Games: Nordkorea kehrt zurück in den Weltsport
Nordkoreas Teilnahme an den Asian Games hat politische Gründe – und weckt in Südkorea leise Hoffnungen
In Südkorea interessiert man sich dieser Tage fast mehr für den Feind als für sich selbst: »Nordkorea hat begonnen, seine Athleten nach China zu schicken, damit sie an den Asian Games in Hangzhou teilnehmen«, berichtete der TV-Sender Arirang schon am Montag. Über den ungeliebten Nachbarn aus dem Norden wollte man seinem Publikum jedes verfügbare Detail bieten: »Quellen sagen, dass die Delegation die nordkoreanische Grenzstadt Sinuiju per Bus verließ und im chinesischen Dandong ankam. Von dort wurde höchstwahrscheinlich ein Flug nach Hangzhou genommen.«
Mit diesem Wochenende und bis zum 8. Oktober laufen in der chinesischen Metropole Hangzhou die Asian Games, eine Art Olympischer Spiele für Asien. Und im Vorfeld machten die größten Schlagzeilen nicht etwa die Gastgeber aus China oder die immer wieder starken Nationen Japan und Südkorea. Alle Augen sind diesmal auf die Delegation aus Nordkorea gerichtet: 191 Athletinnen und Athleten hat die abgeschottete Diktatur nach China geschickt. Seit Beginn der Pandemie ist es das erste Mal, dass Sportler aus Nordkorea an Wettkämpfen im Ausland teilnehmen.
- Dauer der Spiele: Am 23.9. wird im Hangzhou Olympic Center Stadium, auch bekannt als »Großer Lotus«, die Eröffnungs- und am 8.10. die Abschlusszeremonie abgehalten. Die Arena fasst 80 000 Besucher.
- Eröffnungsfeier: Der chinesische Präsident Xi Jinping wird teilnehmen, ebenso Syriens Machthaber Bashar al-Assad, Kambodschas König Norodom Sihamoni, der südkoreanische Premierminister Han Duck-soo und weitere Staatsoberhäupter.
- Teilnehmende Nationen: Erwartet werden Mannschaften von 45 Nationalen Olympischen Komitees, darunter neben Taiwan, das als Chinese Taipeh antritt, auch Nordkorea, Afghanistan und Jemen.
- Sportarten: In 40 Sportarten werden insgesamt 481 Goldmedaillen vergeben. Es gibt neben den traditionellen Olympischen Sportarten auch spezielle asiatische Sportarten wie Wushu, Ju-Jitsu oder Sepaktakraw zu sehen. Ergänzt wird das Programm um »jugendliche« Disziplinen wie Skateboarden oder E-Sport.
- Hangzhou: Die Stadt liegt in der Nähe des Pazifischen Ozeans im Osten Chinas und ist die Hauptstadt der Provinz Zhejiang. Es ist die viertgrößte Metropolregion des Landes und beherbergt mehr als 13 Millionen Menschen.
- Geschichte: Nach der Erstauflage 1951 in Indien sind es dieses Jahr bereits die 19. Asienspiele. Die Asian Games werden alle vier Jahre abgehalten, organisiert vom Olympic Council of Asia (Olympischer Rat Asiens). China ist nach Peking 1990 und Guangzhou 2010 zum dritten Mal Gastgeber. Die Hangzhou-Spiele sollten ursprünglich 2022 ausgetragen werden, wurden aber wegen der Corona-Pandemie verschoben. jig
Und die Rückkehr auf die Weltbühne des Sports könnte gleich mit einigen Medaillengewinnen garniert werden. »Nordkorea hat ein sehr gut entwickeltes System der Talentförderung. Im Verhältnis zu den begrenzten ökonomischen Mitteln im Land ist es sehr großzügig ausgestattet«, sagt Wladimir Tichonow, Professor für Koreanistik an der Universität Oslo. »Traditionell gehört Judo zu den stärksten Disziplinen, vor allem bei den Frauen. Auch die Volleyballmannschaften waren immer gut.« Allerdings hat das Land sportlich harte Jahre hinter sich. »Es ist wohl so, dass während der Pandemie viele Wettbewerbe nicht stattgefunden haben. Durch die Grenzschließungen zu Russland und China wurde außerdem der Handel angehalten, wodurch dann auch noch wichtige Ressourcen fehlten«, so Tichonow. Die Pandemie dürfte Nordkoreas Sport daher in eine tiefe Krise manövriert haben. Umso beachtlicher ist es, dass der ökonomisch geschwächte Ein-Parteien-Staat um Diktator Kim Jong-un nun dennoch seine Athleten in die internationalen Wettkämpfe schickt.
So könnte Nordkoreas Teilnahme darauf hindeuten, dass die Sportlerinnen und Sportler doch eine solide Vorbereitung hinter sich haben. Denn ein schlechtes Abschneiden der Athleten wäre blamabel: »In Nordkorea werden sie wie Helfer des ›Großen Führers‹, also Kim Jong-un, präsentiert«, berichtet Tichonow. »Auch deswegen ist Basketball heutzutage wichtig, obwohl Fußball unter den Menschen beliebter ist. Der ›Große Führer‹ mag eben Basketball. Deswegen wird es gefördert.«
Bei den zwei letzten Olympischen Spielen – Tokio im Sommer 2021 und Peking im Winter 2022 – blieb Nordkorea den Wettkämpfen noch fern. So wie auch Kim Jong-un sein Land, das von UN-Sanktionen und der Pandemie hart getroffen wurde, nicht verließ. Aber das ist jetzt anders. Vergangene Woche reiste Kim nach Russland, um mit dem dortigen Präsidenten Wladimir Putin wohl einen Waffendeal auszuhandeln. Dem medial inszenierten Treffen sollen nun die Athleten bei den Asian Games folgen. Die Botschaft: Nordkorea ist zurück.
So sorgt die Teilnahme Nordkoreas auch südlich der innerkoreanischen Grenze für Aufregung. Die zwei verfeindeten Staaten, die seit Beginn des dreijährigen Koreakriegs ab 1950 im Kriegszustand verharren, haben keinerlei direkten Austausch. Und die Bedingungen für eine neuerliche Kontaktaufnahme sind derzeit schlecht wie lange nicht: Während der Norden immerzu Raketentests macht, unternimmt der Süden Militärmanöver mit den USA und Japan. Im Ukraine-Krieg unterstützt der Norden Russland, der Süden hält zur Ukraine. Dabei diente über die Jahrzehnte immer wieder der Sport als Kommunikationsvehikel. So hofft die liberale Parlamentsabgeordnete Yoon Mee-hyang aus Südkorea, dass es auch diesmal am Rande der Wettkämpfe zu Gesprächen kommt: »Ich wünschte, es könnte 2023 ein geeintes Team geben. Oder gemeinsame Fans. Für so etwas müssten aber beide Regierungen aufeinander zugehen.« Bei den Olympischen Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang gelang dies tatsächlich. Zur Eröffnungsfeier marschierten die Delegationen aus Nord und Süd gemeinsam.
Es folgte eine intensive, aber im Nachhinein kurze Phase der Annäherung auch auf diplomatischer Ebene. Aber Differenzen über das Atomwaffenprogramm des Nordens und die Stationierung von US-Militärbasen im Süden ließen die Beziehungen wieder erkalten. Wobei Yoon Mee-hyang glaubt, dass man auch jetzt Versuche zum Austausch unternehmen solle: »Gerade, weil die Spiele in China stattfinden, habe ich Hoffnung. Nord und Süd haben jeweils intensiven Kontakt mit China. Über China könnten wir daher einen erneuten Austausch herstellen.«
Allerdings haben Südkoreas Ministerium für Wiedervereinigung sowie Nordkoreas Außenministerium bereits jeweils erklärt, dass es in China keinen Austausch geben solle. Aber die Erfahrung innerkoreanischer Beziehungen zeigt: Wenn Menschen aus Nord und Süd irgendwo auf der Welt zusammentreffen, verstehen sie sich oft ziemlich gut. »Ich habe in meinem Leben einige Male die Möglichkeit gehabt, mich mit Vertretern Nordkoreas auszutauschen«, berichtet auch Yoon Mee-hyang aus Erfahrung. Wir hatten tolle Gespräche und waren uns schnell vertraut.»
Aber ohne persönliche Treffen sei eine Annäherung unmöglich. «Durch die lange politische Teilung sind wir uns so fremd!» Nicht auszuschließen ist, dass es hinter den Kulissen doch zu Begegnungen zwischen Personen aus Nord und Süd kommt. Und auch wenn daraus keine Gespräche auf Regierungsebene resultieren: Angesichts der zuletzt düsteren Beziehungen zwischen Nord- und Südkorea wäre ja schon ein gegenseitiges Zulächeln im Athletendorf etwas Besonderes – was dann auch daheim Eindruck machen könnte.
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