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Historischer Sieg für Brasiliens Indigene
Oberster Gerichtshof erklärt Landgesetz zu ihren Ungunsten für verfassungswidrig
Die Reaktionen auf das Urteil des Obersten Gerichtshofes in Brasilien sprechen Bände: »Sieg! Die indigenen Völker haben den Stichtag-Trick besiegt! Wir bleiben standhaft! Rechte lassen sich nicht wegverhandeln«, verkündete APIB, der Dachverband der indigenen Völker Brasiliens. APIB wurde bis vor einigen Monaten von Sônia Guajajara geleitet, die inzwischen als Ministerin für indigene Völker Teil der linken Regierung von Luiz Inácio »Lula« da Silva ist.
Der sogenannte Stichtag-Trick besagt, dass die indigenen Völker Brasiliens, die nicht nachweisen können, dass sie am 5. Oktober 1988 (dem Datum des Inkrafttretens der aktuellen Verfassung) auf ihrem Land gelebt haben, kein Recht auf die Demarkierung (offizielle Ausweisung und Schutz) dieses Landes haben.
Teller und Rand ist der nd.Podcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Dieses gegen die Interessen indigener Gemeinschaften gerichtete Landgesetz hat der Oberste Gerichtshof Brasiliens am Donnerstag kassiert. Er erklärte die Regelung, die das Ausweisen von Schutzgebieten für Indigene begrenzen sollte, für verfassungswidrig.
Die Agrarindustrie scheiterte damit in einem jahrelangen Rechtsstreit, das in der Verfassung verbürgte Recht der indigenen Völker auf Landzuteilungen einzuschränken. Lediglich die zwei von dem früheren rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro ernannten Richter stimmten dafür, neun dagegen.
Die Verfassung garantiere den indigenen Völkern die Beibehaltung ihrer sozialen Organisation, ihrer Sitten und Gebräuche, ihrer Sprachen, ihres Glaubens und ihrer Traditionen sowie das Recht auf das Land, das sie traditionell bewohnen, argumentierte Richterin Cármen Lúcia vor ihrer Stimmabgabe. Das Landeigentum könne nicht von den anderen garantierten Grundrechten getrennt werden. Lucia verwies auf die »unbezahlbare Schuld« der brasilianischen Gesellschaft gegenüber den indigenen Völkern und stellte fest, dass »es keinen Rückschritt bei den anerkannten Rechten geben darf«.
Auch die Guaraní-Organisation Aty Guasu reagierte erfreut auf das Urteil: »Für uns ist es ein wichtiger Moment des Kampfes und des Feierns. Wir sind hier und weinen vor Freude. Heute werden wir das Lied des Lebens singen und den Tanz der Freude tanzen. Der Oberste Gerichtshof hat gezeigt, dass ihm unser Leben am Herzen liegt und dass er gegen Völkermord eintritt. Er hat auf den Schrei der indigenen Völker Brasiliens gehört. Jetzt setzen wir unseren Kampf für die Demarkierung unseres Landes fort, fest und stark wie eh und je.«
In der Verfassung von 1988 wird den Indigenen ihr traditionelles Land zugesprochen. Dies hätte eigentlich bis 1993 geschehen sollen. Doch immer wieder verzögerten Klagen von illegal auf den Gebieten aktiven Farmern die Landvergabe. Der von 2019 bis 2022 amtierende Bolsonaro hatte die Anerkennung der Indigenenrechte stets bekämpft. Auf Satellitenbildern des Amazonas oder anderer Ökosysteme sind indigene Gebiete leicht zu erkennen, da sie oft grüne Inseln sind, in denen die Natur am besten erhalten wird.
Durch die Stichtagsregelung hätten die Indigenen sämtliche Rechte auf Gebiete verloren, die ihnen vor 1988 geraubt wurden. So waren während der Diktatur (1964-85) Zehntausende von Indigenen zwangsumgesiedelt und ihr Land von Farmern besetzt worden.
Brasiliens Indigene erheben Anspruch auf rund 1400 Gebiete. In über 60 Prozent der Fälle ist der juristische Prozess immer noch nicht abgeschlossen. In Brasilien leben laut dem Zensus von 2022 rund 1,7 Millionen Indigene, etwa 0,8 Prozent der Bevölkerung. Rund die Hälfte davon lebt in der Amazonasregion. Nachdem unter dem Rechtsaußen Bolsonaro keine Indigenengebiete zugeteilt wurden, hat der seit Januar regierende Lula bereits acht neue Indigenengebiete anerkannt.
In der kommenden Woche wollen die Richter darüber verhandeln, was das für die mindestens 226 Fälle bedeutet, in denen Privatpersonen oder Unternehmen indigenes Land nach nun geltendem Recht illegal erworben haben. Trotz der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zugunsten indigener Landrechte könnte den Landbesitzern eine Entschädigung zustehen, sollten sie ihr Eigentum zurückgeben müssen. Mit Agenturen
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