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DFB-Frauen fordern nach 4:0-Sieg Klarheit in der Trainerfrage
Den deutschen Fußballerinnen gelingt gegen Island die Rückkehr zu alter Stärke. Auf ihre Trainerin wollen sie nicht mehr allzu lange warten
Die Ansprache von Britta Carlson in der fast schon altertümlichen Kabine des Ruhrstadions hat ein bisschen länger gedauert. Die Vertreterin der erkrankten Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg wollte die deutschen Fußballerinnen nach ihrem Befreiungsschlag gegen Island (4:0) nicht ohne Danksagung auf die Heimreise entlassen. »Dass alle mit einem Lächeln nach Hause gehen«, war auch der 45-Jährigen außerordentlich wichtig, hatte doch der bei der Weltmeisterschaft in Australien angesammelte Ballast beim nun zu Ende gegangenen »nicht einfachen Lehrgang« (Carlson) lange mitgespielt. Nun aber lieferte Bochum mit der Ehrenrunde vor 15 000 verzückten Fans das Kontrastprogramm zum Trauermarsch nach dem WM-Aus in Brisbane.
Der beschwingte Vortrag kam vier Tage nach dem ernüchternden Auftakt in der Nations League in Dänemark (0:2) schon etwas unverhofft. Die Erkenntnis: Niemand hat also ganz das Fußball-Einmaleins verlernt. Und nebenbei lebt die Hoffnung auf die Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen 2024 weiter. Gleichwohl benötigt es nach dem besten Länderspiel des Jahres 2023 nun beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) endlich Entscheidungen.
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Die Spielerinnen selbst wünschen sich unmissverständlich, dass die Verbandsspitze bis zu den nächsten Nations-League-Begegnungen gegen Wales (27. Oktober) und auf Island (31. Oktober) den Schwebezustand in der Trainerfrage auflöst. »Es ist jetzt an der Zeit, dass eine Entscheidung getroffen wird«, forderte Mittelfeldspielerin Lena Lattwein, die zum Thema Voss-Tecklenburg sagte: »Es ist für uns alle keine schöne Situation, dass man keine Gewissheit hat. Wir haben die Info, es geht ihr nicht gut. Es kann auch noch etwas dauern, bis sie zurückkommt – wenn sie zurückkommt.«
Torhüterin Merle Frohms fände eine Anhörung der Bundestrainerin zur WM-Aufarbeitung nur fair, aber eine Fürsprecherin der vertraglich bis 2025 gebundenen Voss-Tecklenburg ist auch sie längst nicht mehr. Kapitänin Alexandra Popp eiert zwar rum, was ihre Karriere im Nationaltrikot angeht, wünscht sich aber bei der Trainerin »Klarheit, wie es ganz genau weitergeht«. Der Verband hingegen wartet jetzt bei der sensiblen Personalie, die schon aus arbeitsrechtlichen Gründen viel Fingerspitzengefühl erfordert, auf Signale der 55-Jährigen. Intern soll ihr wohl eine andere Aufgabe angeboten werden.
Carlson verriet, dass sie ihre Chefin mit Textnachrichten über die wichtigsten Neuigkeiten versorge. Telefoniert habe sie mit ihrer langjährigen Vertrauten indes nicht mehr. Für den Trainerposten, den Carlson nicht dauerhaft in Anspruch nehmen will, kommt laut »Bild« nun Stefan Kuntz als Kandidat ins Spiel, der verbandsintern hoch im Kurs steht und nach seiner Entlassung in der Türkei sofort verfügbar wäre. Nebenbei hätte der DFB einen Fußballlehrer unter Vertrag, der womöglich auch für die Männer noch mal interessant sein könnte. Es heißt, dass sich viele Spielerinnen mit einem Menschenfänger wie einst Horst Hrubesch anfreunden könnten. Kuntz erfüllt dieses Profil.
Auch wenn der 60-Jährige noch nie Frauen trainiert hat: Andries Jonker als Coach des WM-Viertelfinalisten Niederlande ist das beste Beispiel, dass Quereinsteiger einiges bewirken können, wenn sie fachkundige Unterstützung bekommen. Deswegen würde Ralf Kellermann als neuer Direktor für die Frauensparte im DFB viel Sinn ergeben. Dann müsste der langjährige Trainer und Manager aber beim VfL Wolfsburg aufhören, wo der 55-Jährige die erfolgreichste Frauenfußball-Marke des letzten Jahrzehnts aufgebaut hat. Ein Gespann mit Kuntz und Kellermann hätte – neben viel Fachkenntnis – Charakter, Charme und Charisma, sollte sich der neue DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig dazu durchringen.
Fakt ist, dass die DFB-Frauen auch schnell wieder als Sympathieträger taugen. Die wohlwollende Unterstützung tief im Westen trug ein Gutteil dazu bei, die Blockaden im Team zu lösen. Die Zuschauer, erzählte die überglückliche Rückkehrerin Giulia Gwinn, hätten immens geholfen: »Man hat wieder Leben in der Mannschaft gefühlt.« Die Verteidigerin vom FC Bayern, bei der WM so schmerzlich vermisst, verwandelte einen Elfmeter so entschlossen wie ihre Vereinskollegin Klara Bühl gleich zweimal aus der Distanz schoss und traf. Lea Schüller rundete die Münchner Machtdemonstration als dritte Torschützin ab, obwohl wieder sieben Wolfsburgerinnen in der Startelf standen.
Diesmal jedoch hatte Interimstrainerin Carlson mit Taktik und Personal richtig gelegen. Die Ausschläge bei ihrem Intermezzo erinnerten an die Diskrepanzen, die sich zuletzt auch bei den Männern offenbarten. Zwischen deren Pleite gegen Japan (1:4) und dem Prestigeerfolg gegen Frankreich (2:1) lag der Rauswurf von Bundestrainer Hansi Flick. Bei den Frauen könnte eine Neubesetzung schwieriger werden. Carlson würde bloß aushelfen, weil es vertragliche Verpflichtung wäre, aber eigentlich war ihre letzte Ansage in der Kabine auch eine Art Abschiedsrede.
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