BKA gegen Rojava-Solidarität?

Britischer Journalist erhält Einreiseverbot in den Schengen-Raum

Der Brite Matt Broomfield in Rojava.
Der Brite Matt Broomfield in Rojava.

Am 24. August wurde der freiberufliche Journalist Matt Broomfield am Londoner Flughafen Luton von der Anti-Terror-Polizei festgehalten und verhört. Der britische Staatsbürger war mit seiner Freundin aus einem Flugzeug aus Belgrad gestiegen und von der Polizei abgefangen worden. Die Beamten beschlagnahmten sein Telefon und seinen Laptop.

Das Verhör dauerte fünf Stunden und erfolgte unter Berufung auf einen Paragrafen des Terrorismusgesetzes aus dem Jahr 2000, der es der Polizei erlaubt, Personen auf Flughäfen in Gewahrsam zu nehmen und bis zu sechs Stunden zu verhören. Broomfield wurde unter anderem gefragt, ob er seine Berichterstattung für objektiv halte. Der für verschiedene internationale Medien tätige Journalist hatte mehr als zwei Jahre in Rojava, dem kurdisch kontrollierten Nordosten Syriens, gelebt und war am Aufbau des Rojava Information Center beteiligt, das unter anderem Drohnenangriffe der türkischen Armee dokumentiert.

Der britische »Guardian« berichtete letzte Woche über die mehrstündige Festnahme Broomfields. In Großbritannien wurde die Maßnahme kritisiert, die Journalistengewerkschaft schrieb im Namen Broomfields an den Leiter der polizeilichen Terrorismusbekämpfung und forderte die sofortige Rückgabe seines Computers und Telefons.

Broomfield bestätigte gegenüber »nd«, dass sich die britischen Beamten im Verhör auf seine »kurdenfreundliche« Berichterstattung bezogen hätten. Unter anderem wurde er gefragt, wen er in Rojava getroffen und interviewt habe.

Nicht nur der Regierung in London ist Broomfields Engagement ein Dorn im Auge, auch in den Schengen-Raum darf der Journalist nicht mehr einreisen. Das erfuhr er 2021 nach Ankunft seiner Fähre nach Italien, wo er festgenommen, nach Griechenland zurückgeschoben und dort zwei Monate lang in Migrantengefängnissen festgehalten wurde. Die griechischen Behörden machten dafür das deutsche Bundeskriminalamt (BKA) verantwortlich, sagte Broomfield dem »nd«.

Einreiseverweigerungen in den Schengen-Raum werden im Schengener Informationssystem (SIS) gespeichert, der größten europäischen Polizeidatenbank. Die angeschlossenen Polizeibehörden können darüber auch Haftbefehle ausschreiben oder verdeckte Fahndungen durchführen. Das BKA ist in Deutschland für den Anschluss an das SIS zuständig.

Um die Gründe für seine Einreiseverweigerung in den Schengen-Raum zu erfahren, stellte Broomfield über seinen Anwalt ein Auskunftsersuchen an das BKA. Die Antwort vom Januar 2022 liegt dem »nd« vor. Darin steht, Griechenland habe die Maßnahme veranlasst. Eine Löschung der Ausschreibung könne daher nur von der dortigen Polizei vorgenommen werden.

Eine Anfrage Broomfields bei der griechischen Polizei ergab jedoch das Gegenteil: Demnach habe die zuständige Dienststelle in der Hafenstadt Patras festgestellt, dass die deutschen Behörden den Eintrag im Schengener Informationssystem vorgenommen hätten. Eine von Deutschland verhängte dreijährige Einreisesperre endet laut einem Schreiben an Broomfield erst am 26. März 2024.

Der Journalist plant nun eine Klage gegen das BKA auf Löschung seiner Ausschreibung im SIS. Die Hintergründe der Schikane bleiben wohl weiter im Dunkeln, da die Behörde dazu keine Auskunft geben muss. Broomfield vermutet, dass die Regierung in Ankara dahintersteckt. »Der übermäßige und ungerechtfertigte Einfluss der Türkei auf die europäische Sicherheitspolitik ist gut dokumentiert und sollte jeden beunruhigen, der an Meinungsfreiheit, journalistische Unabhängigkeit und das Grundrecht auf Selbstbestimmung glaubt«, sagt der Journalist zu »nd«.

Die Bundesregierung hat dies jedoch vor zwei Jahren bestritten. In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Linke-Abgeordneten Gökay Akbulut zur Festnahme Broomfields in Griechenland schrieb der zuständige Staatssekretär im Bundesinnenministerium Ende 2021, Erkenntnisse von türkischen Behörden über den Journalisten seien »im gegenständlichen Sachzusammenhang« nicht bekannt.

Dieses Dementi ist jedoch überspezifisch. Denn es schließt nicht aus, dass deutsche Behörden in anderen Zusammenhängen aus der Türkei mit Informationen über den Journalisten versorgt wurden oder dass diese Repressalien gefordert haben.

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