Die Quitte: Filzige Schale, feiner Geschmack

Rohe Quitten sind extrem hart, aber die Mühe der Verarbeitung lohnt sich

  • Anke Nussbücker
  • Lesedauer: 5 Min.
Wenn Quitten ein solches Gelb zeigen, können sie geerntet werden.
Wenn Quitten ein solches Gelb zeigen, können sie geerntet werden.

Die Quitte ist die gelbe Frucht eines kleineren Baums oder Strauchs und hat ihre ursprüngliche Heimat in Kleinasien. Ihr Saft und das aus ihr hergestellte Kompott oder Gelee zeichnen sich durch einen besonders aromatischen, lieblichen Geschmack aus. Obwohl ihre Schale filzig und das Fruchtfleisch sehr hart ist, lohnt es sich dennoch, die Quitte zu verarbeiten.

Das besondere Aroma der Quitte verdeutlicht, dass wir sie ihrem Geschmack zuliebe verzehren und nicht nur, weil sie zur als gesund gepriesenen Lebensmittelgruppe Obst gehört. Zudem wartet sie mit gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffen auf.

Quittenbäume (botanisch: Cydonia oblonga) gehören zur Familie der Rosengewächse. Sie treiben ab Mai einzeln stehende rötlich-weiße Blüten, die sich nach der Bestäubung mittels Bienen, die erst ab Lufttemperaturen von 20 Grad Celsius fliegen können, zu meist birnenförmigen, pelzigen Früchten entwickeln. Es gibt auch Sorten mit apfelähnlichen Früchten, die einen noch intensiveren Duft verströmen, den man sich bereits mit einer Frucht ins Zimmer holen kann. Nur wenige Sorten können mit Genuss roh gegessen werden, zum Beispiel die Shirin-Quitte, die in der Türkei gedeiht.

Wer einmal versucht hat, die schönen, leuchtend gelben, aromatisch duftenden Früchte aufzuschneiden, versteht, dass sie im Rohzustand für das menschliche Gebiss ungeeignet sind. Nicht umsonst verlangen viele Mostereien einen Euro Preisaufschlag pro drei Liter reinen Quittensaft. Eine gute Möglichkeit ist es hier, die Quitten zusammen mit Äpfeln oder Birnen zu einem wohlschmeckenden Mehrfruchtsaft zu pressen.

Üblicherweise werden in Mostereien die kalt gepressten Säfte kurz auf circa 80 Grad erhitzt, also pasteurisiert, bevor sie in Flaschen oder Pappkartons mit Zapfhahn abgefüllt werden, um sie für mehrere Monate haltbar zu machen. Bei dieser kurzzeitigen Erhitzung geht etwa die Hälfte der enthaltenen Vitamine verloren. Aber circa 50 Prozent bleiben eben erhalten. Die Quitte liefert dann rund sieben Milligramm Vitamin C pro 100 Milliliter Saft. Der Tagesbedarf für Vitamin C beträgt 70 bis 100 Milligramm.

Im Rahmen einer abwechslungsreichen Mischkost mit Kartoffeln, Sauerkraut, gefrorenen Kräutern und länger lagerfähigen Äpfeln kann Quittensaft im Herbst und Winter immerhin zehn bis 20 Prozent der lebensnotwendigen Menge an Vitamin C beisteuern. Aber wir verzehren die Quitte ja nicht (nur) wegen ihrer Vitamine. Eine Quittensaftschorle kann mit ihrem feinen Geschmack auch ältere Menschen mit nachlassendem Durstgefühl dazu animieren, genug zu trinken.

Bei der Herstellung von Kompott oder Mus müssen die entstielten und entkernten Quitten bis zu 45 Minuten weichgekocht werden. Auch bei solchen Garzeiten bleiben wichtige Inhaltsstoffe wie Kalium, verschiedene Fruchtsäuren, Pektine sowie Tannine erhalten.

Die angenehmen Fruchtsäuren und die für den Duft verantwortlichen Ester regen Appetit und körpereigene Ausschüttung von Verdauungsenzymen an. Darüber hinaus hinterlässt ein Glas Quittensaft das Gefühl, gerade dem Gaumen etwas Gutes getan zu haben. Der Appetit auf eine bestimmte Geschmacksrichtung, im Österreichischen kurz als »Gusto« bezeichnet, wird vollständig befriedigt. So trägt ein Nachtisch mit Quitte zum freudig-lustvollen Abschluss der Mahlzeit bei.

Der lebenswichtige Mineralstoff Kalium als Gegenspieler zu Natrium ist mit 200 Milligramm pro 100 Gramm Frucht vertreten. Weiterhin enthalten Quitten den natürlichen Gelierstoff Pektin, der die Darmgesundheit fördert.

Pektin kann außerdem als löslicher Ballaststoff dabei helfen, den Cholesterinspiegel normal zu halten. Einige Menschen mit erblicher Veranlagung zu Fettstoffwechselstörungen werden auf medikamentöse Cholesterinsenker nicht verzichten können, um einer Herz-Kreislauf-Erkrankung entgegenzuwirken. Aber für eine Mehrzahl gesunder Erwachsener reichen natürliche Inhaltsstoffe wie Pektin aus Obst zur Prävention aus. Dabei wirkt sich Pektin aus Obst oder Gemüse viermal so stark auf den Cholesterinspiegel aus wie im Vergleich Zellulose in Weizenkleie. Das wurde in zahlreichen Studien ermittelt. Insgesamt trägt eine abwechslungsreiche Kombination verschiedener Ballaststoffe zur Gesundheit der Blutgefäße bei.

Die in der Quitte vorkommenden Pflanzenschleime sowie Gerbstoffe können außerdem wässrigen Durchfall hemmen, der mit einer Magen-Darm-Grippe einhergeht. Der in den Früchten enthaltene Zucker verbessert die Resorption des Mineralstoffs Kalium, der bei Durchfällen verloren geht. Insgesamt kann ein Quittenkompott zu Regeneration und Kostaufbau nach Infektionen beitragen.

Darüber hinaus enthalten Quitten wertvolle Tannine, die sonst eher aus herb schmeckendem Rotwein oder schwarzem Tee bekannt sind. Tannine sind sogenannte Gerbstoffe und gehören zur Stoffgruppe der Polyphenole. Pflanzen bilden diese Stoffe in ihrem Sekundärstoffwechsel, um sich gegen mikrobielle Krankheitserreger oder bestimmte Schädlinge zu wehren. Für die menschliche Ernährung wurden Tannine (besonders aus schwarzem Tee) eher negativ bewertet, weil sie die Eisenresorption verringern. Lange Zeit galten sie daher sogar als antinutritive Substanzen. Das bedeutet allgemein, wie hier im Fall von Eisen, dass sie die Verwertung mit der Nahrung aufgenommener Nährstoffe einschränken. Antinutritive Inhaltstoffe können für Menschen schwach bis stark giftig sein. Die Einordnung änderte sich für die Tannine, als man ihre krebshemmenden Wirkungen erkannte. Letztlich entscheidet aber die Dosis darüber, ob die Gerbstoffe eher schaden oder die Gesundheit fördern.

Die Erntezeit der Quitte fällt auf den Herbstbeginn, sobald die grüne Farbe vollständig in Gelb umgeschlagen ist und sich der filzige Überzug etwas zurückbildet. Die Reste dieser Hülle werden vor der weiteren Verarbeitung mit einem Tuch abgerieben.

In den vergangenen Jahren haben sich viele Menschen wieder auf die heimische, aromatische Frucht besonnen, nachdem Fallobst von Äpfeln, Birnen oder Quitten einige Jahrzehnte lang wenig Wertschätzung erfuhr und alte Streuobstwiesen sich selbst überlassen wurden. Eine fatale Entwicklung, weil es billiger war, Saft im Discounter zu kaufen, als das aufgesammelte Obst in eine Mosterei zu bringen und dort für circa vier bis sechs Euro pro drei Liter Saft pressen zu lassen. Aber vielleicht auch ein Anzeichen der Armut in den ländlichen Regionen Ostdeutschlands, wo kein Geld für Transport und Saftpressen vorhanden war.

Die Firma »Ostmost« mit Sitz in Berlin versucht, alte Streuobstwiesen in Brandenburg und mittlerweile auch in Nordhessen und weiteren Regionen Deutschlands zu erhalten, und produziert Direktsäfte aus Äpfeln, Quitten, Birnen, Holunder, Mirabellen und Pflaumen, die unter anderem in Bioläden zu stolzen Preisen verkauft werden.

Nachtisch mit Quitte

Einen frisch geriebenen Apfel mit 100 Gramm Quitten­mus verrühren, auf drei Kompottschälchen verteilen. 150 Gramm Quark und 150 Gramm Joghurt mit einem Päckchen Vanillezucker und einem Esslöffel Leinöl cremig rühren und über das Apfel-Quitten-Mus schichten, mit 30 Gramm geraspelter Bitterschokolade bestreuen. anu

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