Frontex: Europas Drohnenagentur

Frontex bahnt den Weg für Militärdrohnen im Innern

Eine Frontex-Drohne bei einem Test in Griechenland. Die nunmehr zwei »Heron 1« werden vom deutschen Rüstungskonzern Airbus geflogen.
Eine Frontex-Drohne bei einem Test in Griechenland. Die nunmehr zwei »Heron 1« werden vom deutschen Rüstungskonzern Airbus geflogen.

Die EU-Grenzagentur hat seit mehr als zwei Jahren eine israelische Langstreckendrohne namens »Heron 1« in Malta stationiert. Vor einem Jahr folgte eine weitere Drohne auf Kreta. Die Drohnen, die eine Spannweite von über 16 Metern haben, wurden vom israelischen Hersteller Israel Aerospace Industries (IAI) für das Militär entwickelt. Sie werden von der israelischen Luftwaffe für Aufklärungsmissionen eingesetzt, bewaffnet werden können sie nicht.

Die deutsche Luftwaffe hat seit 2010 ebenfalls einen Vertrag mit IAI für Einsätze in Afghanistan und später auch in Mali abgeschlossen. Der Hauptauftragnehmer war zunächst der Rüstungskonzern Rheinmetall, der das Geschäft dann an die Verteidigungssparte von Airbus weitergegeben hat. Die Bundeswehr hat kürzlich das Ende der Ära der »Heron 1« verkündet und plant, die kleine Flotte durch das bewaffnungsfähige Nachfolgemodell »Heron TP« zu ersetzen.

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Die »Heron 1« von IAI wird weltweit für militärische Zwecke vertrieben, jedoch sind die Verkäufe überschaubar. Die Verträge mit Frontex eröffnen dem israelischen Konzern einen neuen Absatzmarkt. Dadurch wird der Einsatz der »Heron 1« für grenzpolizeiliche und später auch polizeiliche Zwecke ermöglicht.

Das Mittelmeer dient den Frontex-Drohnen als Teststrecke, da es im Gegensatz zu Flügen über Land weniger Regularien für Drohnenflüge gibt. Die Drohnen müssen dort auch nicht in gesperrten Lufträumen fliegen, wie es in ganz Europa für das Militär üblich ist. Allerdings ändert sich dies langsam: Die von Airbus für Frontex betriebene »Heron 1« hat von der Luftfahrtbehörde eine Erlaubnis erhalten, in allgemeinen, von Fluglotsen kontrollierten Lufträumen zu fliegen.

Für IAI war dies ein Durchbruch, aber es folgte eine Ernüchterung: Ende August stürzte die Frontex-Drohne vor Kreta ins Meer. Der genaue Grund ist noch nicht bekannt, aber es wird vermutet, dass es eine Störung der satellitengesteuerten Kommunikation gab. Der Absturz hat wahrscheinlich auch Auswirkungen auf die griechische Luftwaffe, die mittlerweile selbst über »Heron 1«-Drohnen verfügt.

Die Frontex-Drohnen gehören zu einem Überwachungsflugdienst, den die Grenzagentur seit 2016 aufgebaut hat. Anfangs bestand der Dienst nur aus gecharterten Flugzeugen. Zur gleichen Zeit begann Frontex mit Tests zur Einführung von großen Drohnen. Es ist jedoch unklar, ob die Drohnenflüge nicht zu teuer sind. Der Rahmenvertrag mit Airbus für die »Heron 1« in Malta sieht 1200 Flugstunden vor, die mittlerweile um zusätzliche 1870 Flugstunden ergänzt wurden. Anfangs waren dafür 50 Millionen Euro veranschlagt.

Seit gut zehn Jahren erprobt Frontex auch kleine und mittelgroße Drohnen und lädt Hersteller sowie Grenzbehörden aus den Mitgliedstaaten zu »Industrietagen« ein. Diese Veranstaltungen sollen das Interesse der Polizei an Drohneneinsätzen wecken und entsprechende Verträge ermöglichen.

Im Jahr 2020 hat Frontex erstmals eine Ausschreibung zur Beschaffung von 20 senkrecht startenden Quadrokoptern veröffentlicht. Diese sollten eine Nutzlast von rund sieben Kilogramm haben und an den Land- und Seeaußengrenzen der Europäischen Union eingesetzt werden. Der Auftrag über zwei Millionen Euro wurde an zwei polnische Unternehmen vergeben, die Quadrokopter des chinesischen Herstellers DJI beschaffen sollten.

Um den Einsatz von kleineren und mittelgroßen Drohnen auch für Grenzbehörden an Land zu fördern, hat Frontex Anfang September erneut einen »Industrietag« zu Drohnen in Warschau veranstaltet. Mit dieser zweitägigen Veranstaltung wollte die Agentur ihr Personal für das aktuelle und sich entwickelnde Angebot auf dem Markt sensibilisieren. 16 Hersteller haben ihre Drohnen vorgestellt und ihren potenziellen Verwendungszweck für die Grenzüberwachung hervorgehoben. So steht es in Dokumenten, die Frontex auf ihrer Webseite veröffentlicht hat.

Einige der eingeladenen Firmen sind bereits Lieferanten der EU-Agentur für die maritime Sicherheit (EMSA), die bereits vor Frontex Drohnen zur Seeüberwachung eingeführt hat. Die Veranstaltung brachte jedoch eine Neuigkeit: Frontex hat auch Hersteller eingeladen, die »Drohnen in der Kiste« anbieten. Dabei handelt es sich um Systeme, die mit Fahrzeugen transportiert werden und bei Bedarf sofort von eigenständigen Start- und Landeeinheiten eingesetzt werden können. Diese Systeme sollen neben »modernsten Sensoren« auch »fortschrittliche künstlicher Intelligenz« nutzen.

Außerdem wurden taktische Drohnen vorgestellt, die ein Gebiet an Land über viele Stunden beobachten können. Diese Drohnen sind nicht nur für Grenzbehörden gedacht, sondern auch für polizeiliche Zwecke. Die mittelgroßen Drohnen böten »Strafverfolgungsbehörden ein Echtzeit-Situationsbewusstsein, das eine proaktive Reaktion auf potenzielle Bedrohungen ermöglicht«, schreibt Frontex. Einer der eingeladenen Hersteller war die deutsche Firma Quantum Systems, die bereits 400 ihrer Drohnen an das Militär in der Ukraine geliefert hat und diese auch in kleinerer Stückzahl an die Bundeswehr verkauft. Der Starrflügler bietet mit drei schwenkbaren Propellern die Möglichkeit, auch senkrecht zu starten und benötigt daher keine Start- und Landebahn. Für diese Fähigkeiten hat sich Frontex auf dem »Industrietag« besonders interessiert.

Schließlich hat Frontex in Warschau ein weiteres, völlig neues Kapitel aufgeschlagen. Zum ersten Mal sollten auch Hersteller von Seedrohnen zum »Industrietag« vor vier Wochen eingeladen werden. Dabei handelt es sich um unbemannte Überwasserschiffe (USV), die – besonders im Ukraine-Krieg – auch vermehrt beim Militär eingesetzt werden. Für Frontex könnten Seedrohnen verschiedene Aufgaben im Bereich der maritimen Grenzsicherung übernehmen, darunter »Patrouillen, Überwachung und Aufklärung«. Diese könnten »entlang der Wasserstraßen« in der Europäischen Union erfolgen, heißt es weiter. Damit bringt Frontex wieder eine Militarisierung der Grenzüberwachung voran, dieses Mal sogar in einer neuen Dimension.

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