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Kohutapu Lodge: Rettungsanker für eine indigene Gemeinde

Wie eine Māori-Familie ihrem Dorf auf die Beine half

  • Barbara Barkhausen
  • Lesedauer: 5 Min.
Traditionell kochten die Māori früher in Erdöfen, Hāngī genannt. In der Kohutapu Lodge können Besucher die Zubereitung kennen lernen.
Traditionell kochten die Māori früher in Erdöfen, Hāngī genannt. In der Kohutapu Lodge können Besucher die Zubereitung kennen lernen.

Wer eine Neuseelandreise plant, dem schweben wahrscheinlich zunächst die gigantischen Berg- und Küstenlandschaften, die spätestens seit der »Herr der Ringe«-Trilogie weltberühmt sind, vor. Der fotogene Roy’s Peak, die lauschige Bucht Cathedral Cove auf der Nordinsel und natürlich der Milford Sound, ein gigantischer Fjord auf der Südinsel.

Einige dieser Ziele wurden in den vergangenen Jahren von Touristen geradezu überrannt und Neuseeland hat nicht nur die positiven, sondern auch die negativen »Nebenwirkungen« des Tourismus erlebt. Doch der Tourismus ist eine der wichtigsten Einkommensquellen des Landes. Die geschlossenen Grenzen während der Pandemie waren für viele im Land deswegen ein harter Schlag.

Aber die Zäsur gab auch Anlass zum Nachdenken: Bereits Ende 2020 wurde auf einem Tourismusgipfel besprochen, dass das Land künftig mehr auf qualitativ hochwertige und damit teurere Angebote setzen solle. Einige Monate später kam das Konzept des »nachhaltigeren Tourismus« hinzu. Diese Ideen werden nun von einem dritten Bereich überholt – nämlich dem regenerativen Tourismus, der dem Land und den Menschen nicht nur keinen Schaden zufügt, sondern die Situation sogar verbessert.

Zurück in den Schoß der Familie

Ein solches Konzept verfolgt die Kohutapu Lodge in der Bay of Plenty auf der neuseeländischen Nordinsel, eine Autostunde südöstlich von Rotorua gelegen. Murupara war einst dank Holzwirtschaft ein wohlhabender Ort. Doch als die neuseeländische Regierung Mitte der 80er Jahre begann, die Wälder an Privatunternehmen zu verkaufen, und die Arbeit selbst immer mehr von Maschinen anstatt von Menschen erledigt wurde, begann der Ort dahinzusiechen. Die Arbeitslosenquote explodierte unter der überwiegend indigenen Bevölkerung und mit ihr die sozialen Probleme: Mehr Menschen endeten in Gangs, mehr gerieten in die Drogenabhängigkeit.

All dies war den Toe Toes nicht unbekannt, als sie vor zehn Jahren die Kohutapu Lodge aufbauten. »Mein Mann hatte jedoch ein starkes Verlangen, nach Hause in sein Stammesland zurückzukehren«, berichtete Nadine Toe Toe, die wie ihr Mann Māori ist. Der Stamm ihres Mannes – der Ngāti Manawa – ist seit fast tausend Jahren in der Region ansässig. »Jagen, sammeln und angeln, die Nähe zum Wald, zu Flüssen und Wasserwegen sind meinem Mann sehr wichtig«, berichtete die Neuseeländerin. Als die Entscheidung fiel, nach Murupara zurückzukehren, war Nadine Toe Toe selbst 20 Jahre in der Tourismusbranche tätig gewesen – allerdings im Bereich der traditionellen kulturellen Angebote, bei denen Urlaubern Shows und indigenes Essen präsentiert werden.

Tiefer Einblick in die indigene Kultur

Nadine Toe Toe und ihr Mann Karl beim Zerkleinern des Fleischs aus dem Erdofen
Nadine Toe Toe und ihr Mann Karl beim Zerkleinern des Fleischs aus dem Erdofen

In Murupara wollte sie mit ihrer Familie jedoch ein völlig neuartiges Konzept starten, bei dem nicht nur die Touristen, sondern auch die einheimischen Menschen profitieren sollten. »Wir wollten eine wahrhaft authentische Begegnung mit den Menschen«, erklärte Toe Toe. In der Kohutapu Lodge erhalten Urlauber Einblick in den Alltag und das Leben der indigenen Familie. Besucher können die Toe Toes für einen halben Tag oder auch für mehrere Tage besuchen und auch das Programm, das sie mit ihren indigenen Gastgebern absolvieren, ist recht individuell. Manche Gruppen gehen Aale fischen, andere helfen dabei, ein Hāngī zu kochen, bei dem eine Mahlzeit mit erhitzten Steinen in einer Grube gekocht wird, bevor sie die Reste (»Wir kochen immer zu viel«) an bedürftige Gemeindemitglieder verteilen. Wieder andere treffen die Dorfältesten, die Kaumātua, zum Tee. Wer über Nacht bleiben möchte, für den gibt es ein paar einfache Hütten oder auch Platz im Haupthaus.

Während ihres Programms sei es ihnen wichtig, »jede Menge Schichten von den Zwiebeln abzuziehen« und nicht nur über die Geschichte der Māori zu berichten, sondern den Menschen zu zeigen, »wer wir heute sind«, sagte Toe Toe. Dazu würden dann auch »einige der unangenehmen Dinge« gehören, die sie durchgemacht hätten. Am wichtigsten sei es ihr aber, »die Renaissance unserer Kultur und unserer Sprache« wie auch die Überlebensgeschichte ihres Volkes zu vermitteln.

Ins echte Māori-Leben eintauchen

Die Urlauber tauchen so in das »echte« Leben der neuseeländischen Ureinwohner ein. Es geht darum, ihnen Māori-Konzepte wie Manaakitanga – Großzügigkeit, Freundlichkeit und Respekt gegenüber anderen – sowie Kaitiakitanga, das Konzept, das Land für zukünftige Generationen zu bewahren, zu vermitteln. Regenerativer Tourismus bedeutet aber auch, die Menschen vor Ort davon profitieren zu lassen. »Wir wollen den Tourismus schamlos nutzen, um unserem Volk und insbesondere unseren jungen Menschen etwas zurückzugeben«, sagte Toe Toe. »Denn unsere Kinder sind unsere Zukunft.«

Learning by doing: Der Haka ist der ritueller Tanz der Māori
Learning by doing: Der Haka ist der ritueller Tanz der Māori

Als der Tourismus während der Pandemie brach lag, engagierte sich die Familie dann auch für indigene Kinder, die aus der Bahn geraten waren und Hilfe benötigten. Auch ansonsten fließt das Geld, das die Toe Toes mit den internationalen Touristen verdienen, weitestgehend wieder in die Gemeinschaft zurück. Neben den Mahlzeiten, die die Urlauber nach ihrem Hāngī abliefern, stellt die Familie auch Stipendien für bedürftige indigene Jugendliche zur Verfügung. Es werden internationale Austauschprogramme organisiert und auch bei der Berufsausbildung unterstützen die Toe Toes junge Menschen aus ihrer Gemeinde. »Unsere Vision ist viel größer als nur finanzieller Gewinn«, meinte Nadine Toe Toe. Vielmehr gehe es ihnen darum, der Jugend ein Erbe zu hinterlassen – nicht unbedingt ein finanzielles, sondern eher ein spirituelles und soziales und eines, das Familie und Umwelt berücksichtige.

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