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IWF-Prognose: Stockende Weltwirtschaft
Der Internationale Währungsfonds prognostiziert sinkende Wachstumsraten
Das Betongerippe von Zhengzhou kann als Menetekel für die Weltwirtschaft angesehen werden. Die unfertige Ruine des Hochhauses in Zentralchina wird nicht mehr weitergebaut, weil der Bauherr vor der Pleite steht. Vor allem jenseits der bekannten Metropolen schlägt die Immobilienkrise in China durch. Da der größere Teil der Ersparnisse der Chinesen in Eigentumswohnungen angelegt ist, belastet die geplatzte Immobilienblase die gesamte Volkswirtschaft: Wachstumsziele der Regierung werden verfehlt, Exporte schwächeln und Arbeitslosigkeit grassiert unter jungen Menschen. China fällt daher als Wachstumsmotor der Weltwirtschaft aus. Zu dieser Einschätzung gelangt der Internationale Währungsfonds (IWF) in seinem »World Economic Outlook«. Die Veröffentlichung des Weltwirtschaftsberichts ist der Aufschlag zur diesjährigen Herbsttagung von IWF und Weltbank, die aktuell in Marrakesch stattfindet.
Auch insgesamt erholt sich die Weltwirtschaft langsamer als erwartet von Corona-Pandemie und dem Schock des Ukraine-Krieges, sagte IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas am Dienstag während einer Online-Pressekonferenz. »Die Weltwirtschaft humpelt vor sich hin, sie sprintet nicht.« Das Wachstum ist historisch schwach.
Gleiches gilt für den zweiten Motor der Weltwirtschaft, die Vereinigten Staaten. In diesem Jahr wird die US-Wirtschaft wie im Vorjahr um 2,1 Prozent zulegen, für 2024 erwartet der IWF ein noch geringeres Wachstum von 1,5 Prozent. Präsident Joe Biden hat zwar mit dem Inflation Reduction Act (IRA) und dem Chips-Act milliardenschwere Förderprogramme für die nordamerikanische Industrie aufgelegt. Aber auch die USA ächzen unter Inflation und hohen Zinsen. Belastend ist zudem der Zollkonflikt mit China.
Noch schlechter ist es um die Eurozone bestellt – für Deutschlands Industrie weit wichtiger als China oder die USA. Sie wird in diesem Jahr nur um 0,7 Prozent zulegen (2024: 1,2 Prozent). Ein Grund sind schwächelnde Exporte, weil die nachholende Modernisierung in den Schwellen- und Entwicklungsländern Asiens ins Stocken gerät. Der IWF prognostiziert diesen für 2023 zwar ein Wachstum des realen Bruttoinlandsproduktes von 5,2 Prozent. Für 2024 und 2025 sieht IWF-Chefvolkswirt Gourinchas aber nur noch 4,8 und 4,5 Prozent voraus. Die Zahlen liegen weit unter dem Durchschnitt der letzten beiden Dekaden. Gerade bevölkerungsstarke Staaten – außer Indien – tun sich schwer, hinreichendes Wachstum zu erzeugen, um Arbeitsplätze für nachwachsende Generationen zu schaffen.
Dagegen bremst der Fachkräftemangel die deutsche Wirtschaft. Sie wird in diesem Jahr um 0,5 Prozent schrumpfen. Damit hat der IWF seine Prognose erneut nach unten korrigiert. Noch im kommenden Jahr dürfte Deutschland zu den Verlierern zählen (2024: 0,9 Prozent). Die führenden Wirtschaftsinstitute hierzulande hatten schon im September ihre Konjunkturprognose nach unten korrigiert. Als Gründe werden die Schwäche zinsempfindlicher Sektoren genannt, geringere Nachfrage durch Handelspartner und die Kosten der Energiewende. Hinzu kommen der Konflikt mit Russland und hausgemachte Probleme wie eine überbordende Bürokratie, die teilweise marode Infrastruktur und mittelmäßige Digitalisierung.
Die Folgen des Krieges in Israel konnte der IWF bisher nicht berücksichtigen. Es sei zu früh für eine Einschätzung, sagte der Franzose Gourinchas auf Nachfrage. Für die ökonomischen Auswirkungen ist der Ölpreis zentral. »Solange die großen Ölproduzenten in der Region nicht reagieren oder von dem Konflikt betroffen sind, werden die unmittelbaren konjunkturellen Auswirkungen gering sein«, gibt sich Moritz Schularick, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel, verhalten optimistisch. Zu unbedeutend sei die Region für die Weltwirtschaft. Die Beziehungen Israels zu den Ölstaaten Saudi-Arabien und Vereinigte Arabische Emirate hatten sich zuletzt sogar verbessert. Ein Risiko sei aber, dass sich der Konflikt ausbreitet.
Zu den Brandherden zählt ebenfalls der kalte Wirtschaftskrieg zwischen dem Westen und China. Dessen Immobilienkrise und die Folgen des langen Corona-Lockdowns drücken das Wachstum der weltweit größten Volkswirtschaft ohnehin auf historisch niedrige 5,0 Prozent. In den Folgejahren könnte es mit 3,4 Prozent noch dürftiger ausfallen. Die Folgen des stotternden China-Motors wird die Welt zu spüren bekommen.
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