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Fehlende Fußkultur
Zwischen Ferse und Zehen kann es viele Probleme geben: Schwielen, brüchige Nägel oder Hühneraugen
Graziles Füßchen oder Quadratlatsche? Die Vorstellungen davon, wie ein schöner Fuß auszusehen hat, sind zum Glück verschieden. Während in vielen Kulturen Frauen mit kleinen Füßen als attraktiv gelten, herrscht zumindest in Teilen Indonesiens ein erfrischend anderes Schönheitsideal vor. Wie der Anthropologe Geoff Kushnick vor ein paar Jahren herausfand, bevorzugen Reisbauern auf Sumatra Frauen mit großen, robusten Füßen – offenbar weil sie den Anschein erwecken, sie könnten gut Feldarbeit leisten.
Doch ganz unabhängig von Größe und Breite: Ungepflegte Füße dürften nirgendwo als besonders schön gelten, sind hierzulande aber dennoch recht verbreitet, wie Fußexperten berichten. »Die Füße werden gern versteckt und erst im Sommer ausgepackt. Was dann zum Vorschein kommt, sieht oft nicht schön aus«, sagt Martina Schmidt, Präsidentin des Deutschen Verbands für Podologie, und fügt hinzu: »Wir haben in Mitteleuropa keinerlei Fußkultur.« Ähnlich sieht das der Physiotherapeut Ulrich Betz, Leiter der Fußschule der Universitätsmedizin Mainz: »Füße sind weit weg vom Kopf. Dort können Dinge passieren, die wir uns an den Händen nie gefallen lassen würden.« Damit meint er Schwielen, brüchige Nägel, schuppige Haut, Hühneraugen und vieles mehr.
Aber das Problem besteht nicht nur darin, dass wir unsere nackten Füße selten zu Gesicht bekommen. Viele Menschen wissen gar nicht so genau, wie Fußpflege überhaupt funktioniert. Anders als beim Zähneputzen oder Händewaschen gibt es dafür keine Standardanleitungen. »Muss man cremen? Feilen? Hornhaut raspeln? Das wird einem nie beigebracht«, sagt Betz. Das unüberschaubare Angebot an Zangen, Scheren, Stäbchen, Hobeln oder Tinkturen in Drogeriemärkten vergrößert die Unsicherheit. Daher empfiehlt er vielen Menschen, die mit Fußproblemen zu ihm kommen, wenigstens einmal eine medizinische Fußpflege in Anspruch zu nehmen und sich dort Tipps für daheim geben zu lassen. »Der größte Fehler ist, keine Fußpflege zu betreiben.«
Der erste und wichtigste Rat, den Experten geben, lautet schlicht: täglich Füße waschen. Wer nicht ohnehin duscht, kann dazu für wenige Minuten ein Fußbad mit lauwarmem Wasser nehmen. »Danach ordentlich abtrocknen, vor allem in den Zehenzwischenräumen, und zum Abschluss die Füße mit einem Pflegeprodukt verwöhnen – das ist das Optimum!«, schwärmt die Podologin Schmidt. Wer zu trockener Haut neigt, sollte ein feuchtigkeitsspendendes Produkt verwenden. »Früher hat man Melkfett oder Vaseline empfohlen. Doch das gibt der Haut keine Luft zum Atmen.«
Je nach Nagelwuchs steht alle paar Wochen korrektes Nägelschneiden an – was gar nicht so einfach ist. Oft werden die Nägel nämlich zu kurz geschnitten, wie Maike Sörensen, Gründerin der Podologie-Akademie Hameln, berichtet: »Korrekt wäre, dass ein kleiner weißer Rand stehen bleibt.« Ansonsten ist es wichtig, die Nägel an den Rändern nur leicht rund zu schneiden, nicht aber die Ecken herauszuschneiden. Sonst drohen die Nägel einzuwachsen und sich zu entzünden, mit möglicherweise dramatischen Folgen zum Beispiel für Diabetiker.
Ein anderes leidiges Kapitel ist die Hornhaut-Entfernung. »Eine gewisse Hornhaut ist sogar nützlich als Schutz für den Fuß, also sollte man nie die gesamte Hornhaut entfernen«, rät Sörensen. Bildet sich aber zu viel von der festen Schicht, können schmerzhafte Druckstellen entstehen. Daher ist es wichtig, ein gesundes Augenmaß zu behalten und die Hornhaut, wenn nötig, sanft – etwa mit einem Bimsstein oder einer Feile – zu bearbeiten. Manche Menschen rücken verhornten Stellen aber so aggressiv zu Leibe, dass die Haut brennt und wund wird. Schmerzende Schrunden gehören ohnehin in die Hand eines Profis, betont Podologin Schmidt: »Das Problem bekommt man nicht selber in den Griff.« Auch nicht mit Hornhautsocken, wie sie in vielen Varianten auf dem Markt sind? Nein, von solchen Produkten rät sie ab. Manche davon enthalten Salicylsäure, die auch dort wirkt, wo gar keine Hornhaut ist. »Es kann zu Hautschäden kommen, vor denen sich insbesondere Diabetiker in Acht nehmen müssen«, sagt Schmidt.
Ähnlich kritisch sieht sie Hühneraugen-Pflaster, die verrutschen und die gesunde Haut reizen können. Podologen schneiden die lästigen Verhornungen, die wie ein Sporn tief in die Haut hineinstechen, meist mit dem Skalpell heraus – normalerweise geht das schnell und schmerzlos. Es spricht aber nichts gegen eine vorsichtige Selbstbehandlung, etwa mit Fußbädern und Bimssteinen. Das Wichtigste ist allerdings, die Ursache zu finden: Hühneraugen entstehen als Reaktion auf Druck – oft sind also bestimmte Schuhe schuld, die man häufig trägt.
Bei Fußpflege geht es nicht nur um Kosmetik. Vernachlässigt man sie, entwickeln sich aus Wehwehchen auch größere Probleme. Eingewachsene Nägel, wunde Haut oder Schrunden können arge Schmerzen bereiten und insbesondere bei Diabetes und Nervenschädigungen (Neuropathien) zu gefährlichen Komplikationen führen. Selbst bei unscheinbaren Wunden besteht bei diesen Krankheiten die Gefahr, dass Erreger einwandern und Infektionen auslösen. Daher kann in solchen Fällen eine podologische Behandlung vom Arzt verschrieben und von den Krankenkassen erstattet werden. Solche medizinischen Leistungen dürfen tatsächlich nur Podologinnen und Podologen erbringen: Sie haben eine zweijährige Ausbildung und sind staatlich geprüft. Ein kosmetischer Fußpfleger dagegen verschönert gesunde Füße, schneidet und lackiert zum Beispiel die Nägel, darf aber keine kranken Füße behandeln.
An der Anatomie des Fußes kann aber noch so fleißiges Feilen, Cremen und Schnippeln nichts ändern. Lange Zehen oder Muskelverdickungen bleiben – da hilft im Exremfall nur ein chirurgischer Eingriff. Seit ein paar Jahren sind in den USA angeblich »Cinderella-Operationen« en vogue, bei denen der Fuß so verschmälert wird, dass Pumps und ähnliches Schuhwerk wieder passen.
Was auf den ersten Blick absurd klingt, kann aber medizinisch sinnvoll sein. »Oft liegt ein Spreizfuß vor, bei dem es zu einer Verbreiterung des Vorfußes kommt«, sagt der Fußchirurg Adrian K. Wiethoff aus Düsseldorf. Insofern lässt sich durch den Eingriff einem stark ausgeprägten Hallux valgus (Ballenzeh) vorbeugen. »Ästhetische und medizinische Gesichtspunkte lassen sich oft nicht klar voneinander trennen«, betont der Arzt. Auch Zehenverkürzungen, die ebenfalls oft nachgefragt werden, dienen nicht bloß der Schönheit, sondern verhindern das Entstehen von Hammerzehen, wie Wiethoff erklärt. Er räumt aber ein: Probleme wie diese ließen sich durch geeignete Schuhe ausgleichen. Also rein in die Gesundheitslatschen!
- Kontrolle: Es sollte zur Gewohnheit werden, die Füße regelmäßig zu inspizieren. Gibt es Schwielen oder Verletzungen? Wie sehen die Nägel aus? Wer wenig beweglich ist, kann einen Handspiegel zu Hilfe nehmen, um die Sohlen besser zu sehen.
- Sauberkeit: Es sollte zur täglichen Routine gehören, die Füße zu waschen. Danach ist es wichtig, die Füße sorgfältig abzutrocknen und einzucremen.
- Entspannung: Wer von der Arbeit nach Hause kommt, tut gut daran, gleich die Schuhe auszuziehen und die Füße eine Weile hochzulegen.
- Fußmassage: Die Füße mit etwas Körperpflege- oder Olivenöl durchzukneten, fördert die Durchblutung und löst Verspannungen. Auch Igelbälle und Faszienrollen eignen sich gut für kleine Massagen.
- Bewegung: Wer ab und zu ein paar kleine Übungen macht, nimmt seine Füße besser wahr. Dazu gehören folgende Klassiker: Füße kreisen lassen, Zehen krallen, mit den Zehen Zeitungspapier zerpflücken oder einen Stift aufheben. ast
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