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Fachkräftemangel in Berlin: Ausbildungsumlage für alle
Baubranche gegen gesetzliche Verordnung ihres Erfolgsmodells
In Berlin bilden nur gut 11 Prozent der Unternehmen aus. Das liegt deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 19,4 Prozent, doch es ist strittig, wer diese niedrige Quote zu verschulden hat. Laut Arbeitssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) haben vergangenes Jahr 3135 Berliner Jugendliche keinen Ausbildungsplatz gefunden. Doch auch die Unternehmen ärgern sich laut einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK), dass über 43 Prozent der angebotenen Ausbildungsplätze unbesetzt bleiben.
Auf dem Lehrbauhof in Marienfelde ist die Stimmung besser: Zwischen den Werkbänken läuft der Hund eines Mitarbeiters mit wedelndem Schwanz herum, angehende Zimmerer machen Späße beim Arbeiten. In der nächsten Halle unterrichtet eine Trockenbau-Meisterin. Über die Besetzung der Position mit einer Frau freue man sich besonders, sagt Gerrit Witschaß, Geschäftsführerin des Berufsförderungswerks der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg, bei einem Rundgang über das Gelände am Mittwoch. Nebenan wird in einem riesigen Indoor-Sandkasten Tiefbau gelernt, es gibt ein Zelt für Kanalbau und Werkstätten für Maurer und Stuckateure. Den Lehrbauhof besuchen Azubis im Baugewerbe für ihre überbetriebliche Ausbildung mehrere Monate im Laufe ihrer Lehre. Man ist stolz auf die hohe Lehrqualität, die hier angeboten wird.
Finanziert wird das alles über eine Umlage. In Berlin zahlen dabei alle Bauunternehmen 1,65 Prozent (im übrigen Bundesgebiet 2,4 Prozent) der gesamten Lohnkosten ihrer gewerblichen Mitarbeiter an die Sozialkasse der Bauwirtschaft (Soka-Bau). Diese erstattet den Betrieben einen Teil der Ausbildungsvergütung und die Lohnkosten für die Monate, in denen die Azubis auf dem Hof lernen und im Betrieb fehlen. Außerdem machen sich Nachwuchsreferenten über die Qualität der Lehre Gedanken und beraten Unternehmen bei der Azubi-Gewinnung. Durch Sprachlehrer, Sozialpädagogen und eine Fahrtkostenerstattung wird die Branche potenziellen Azubis attraktiver gemacht.
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Auf die in den 70er Jahren geschaffene Ausbildungsumlage einigten sich die Tarifpartner damals aufgrund mangelnden Interesses an Bauberufen und technologischer Rückständigkeit der Lehre in den Betrieben. Der Bau ist eines der wenigen Gewerbe mit einer solchen Umlage, deshalb fordert der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) zur Verbesserung der Situation am Arbeitsmarkt eine branchenübergreifende Umlage von 0,5 Prozent der Lohnkosten. Auch der Senat will 2000 zusätzliche Lehrverträge bis August 2025 unterschrieben sehen, sonst werde man eine Umlage per Gesetz durchsetzen.
Thomas Herschelmann, Pressesprecher der Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg, sieht dies als falschen Ansatz: »Die Ausbildungsentscheidung eines Unternehmens ist abhängig von der betriebswirtschaftlichen Situation«, eine Umlage würde keinen neuen Ausbildungsplatz schaffen. Beim Bau funktioniere das Modell gut, andere Branchen müssten aber eigene Lösungen finden, ohne gesetzliche Vorgaben.
Jim Frindert, Bezirksjugendsekretär der DGB Berlin-Brandenburg, sieht in einer Umlage hingegen eine Chance für Betriebe und Azubis – die Baubranche sei dabei Vorbild. Es gebe ein paar schwarze Schafe bei den Unternehmen, wo Azubis über wenig Lernerfahrung klagen. Außerbetriebliche Ausbildung könne dagegen die Qualität der Lehre sichern, Angebote wie Wohnraumbeschaffung für Azubis die Attraktivität steigern. Kapazitäten würden erhöht, wenn durch die Umlage zu gleichen Kosten mehr Menschen ausgebildet werden können: »Wir müssen die Last der Ausbildungskosten auf alle Schultern gleichermaßen verteilen.«
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