- Berlin
- Luftfahrt
Eurowings verklagt Letzte Generation
Fluggesellschaft fordert nach Blockade am Airport BER 120 000 Euro Schadenersatz
»Die Zahlungsfrist ist verstrichen. Wir haben das Geld nicht erhalten«, sagt am Mittwoch Jens Bischof, Chef der Fluggesellschaft Eurowings. Sechs Klimaaktivisten der Letzten Generation – fünf Männer und eine Frau – hatten im November 2022 mit einer Blockade am Hauptstadtflughafen BER in Schönefeld dafür gesorgt, dass Flüge ausfallen mussten. Insgesamt 120 000 Euro Schadenersatz wollte Eurowings deswegen haben. Da die sechs Verursacher nicht freiwillig gezahlt haben, will die Tochterfirma der Lufthansa sie auf die genannte Summe verklagen. Das erklärt Bischof bei einem Termin hoch oben im siebenten Geschoss des Hauses der Luftfahrt an der Berliner Friedrichstraße.
Dort informiert er auch darüber, welche Anstrengungen Eurowings angesichts der Klimakrise unternehme. CO2-neutral elektrisch Fliegen, das werde auf absehbare Zeit nicht möglich sein, bedauert Bischof. An der Wasserstofftechnologie wird zwar bereits getüftelt. Die Ingenieure sind allerdings noch lange nicht so weit, Passagiermaschinen damit auszurüsten. Vorerst erneuerte Eurowings seine Flotte und bestellte 13 moderne Airbusse des Typs A320 neo. Die sogenannten Neos verbrauchen 20 Prozent weniger Kerosin. Damit spart die Fluggesellschaft auch Geld – und das in nennenswertem Maße. Denn Kerosin ist ebenso teurer geworden wie Benzin und Diesel. Bischof zeigt die Dimensionen auf: Vor der Corona-Pandemie habe sich die Kerosin-Rechnung für den Lufthansa-Konzern auf 4,5 Milliarden Euro im Jahr summiert. Jetzt seien es acht Milliarden Euro.
Von den 13 Neo-Flugzeugen seien neun bereits im Einsatz, die übrigen vier sollen noch Ende 2023 oder Anfang 2024 geliefert werden, erläutert der Eurowings-Chef. 1,5 Milliarden Euro kosten die 13 Maschinen zusammen. Eine ist schon am Hauptstadtflughafen BER stationiert. Sie übernimmt jetzt die neue Direktverbindung nach Dubai. Die Flüge ins Emirat ab Ende Oktober werden schon gebucht. Die alten A320 schaffen die große Entfernung nicht in einem Rutsch. Mit den Neos kann Eurowings seinen Aktionsradius bei den Direktverbindungen erweitern. Viermal pro Woche soll es mit dem Winterflugplan von Berlin nach Dubai gehen. Eine weitere Verbindung nach Dubai unterhält Eurowings schon von Stuttgart aus.
Übrigens sind die Neos nur halb so laut wie das Vorgängermodell – und zwar in der Kabine und draußen. Das macht die Flugreise also für die Passagiere angenehmer und schont zugleich die Anwohner des Airports BER, die unter Fluglärm leiden.
Reisende nach Dubai erhofft sich die Fluggesellschaft in der großen Mehrheit aus Berlin und Brandenburg. Aber auch in Dubai werde für die neue Verbindung Werbung gemacht und die Vertriebspartner dort seien ganz euphorisch, erzählt Bischof. Das Problem dabei: Die Einheimischen benötigen für die EU kein Einreisevisum, die in Dubai so zahlreich tätigen Gastarbeiter aus Indien und Pakistan allerdings schon. Und allein für die Terminvergabe zur Beantragung eines Einreisevisums betrage die Wartezeit im Moment drei Monate, sagt Bischof. Da kann er nur mit dem Kopf schütteln und auf Besserung hoffen. Denn für eine kurzentschlossene Reise taugen solche Verhältnisse nicht. Ab 179 Euro soll ein Ticket kosten.
In Abgrenzung zu den Billigfliegern nennt der Eurowings-Chef seine Fluggesellschaft »preiswert«. Es gibt einen Service, den die Billigkonkurrenz beispielsweise aus Irland nicht habe, etwa bei Umbuchungen, bei der Beinfreiheit, bei Vergünstigungen für Flugmeilen. Bischof versichert: »Wir können es deutlich besser als Ryanair, nicht billiger, aber besser!« Im Schnitt seien die Flugtickets jetzt 15 bis 25 Prozent teuer als vor der Coronakrise. Aber die Kosten der Airline seien viel erheblicher gestiegen. Die Flughäfen kassierten zwar nur 20 Prozent mehr Gebühr, der Staat verlange jedoch 80 Prozent mehr für seine Dienste rund um die Sicherheit. Wenn ein A320 abhebt, so habe Eurowings dafür früher 5000 Euro aufwenden müssen, jetzt seien es 7000 Euro.
Insgesamt hat Eurowings mittlerweile sechs Maschinen am BER stationiert, drei mehr als vor einem Jahr. Die Verdoppelung war angekündigt und hat geklappt. Eine weitere Aufstockung sei aktuell aber nicht geplant, sagt Bischof. Andererseits bemerkt er mit Blick auf die Zahl der Flüge: »Jetzt haben wir verdoppelt. Mit Sicherheit haben wir noch mehr Ambitionen in Berlin.«
Flughafenchefin Aletta von Massenbach schwärmt: »Wir freuen uns wahnsinnig. Wir freuen uns sehr.« Das Angebot von Eurowings schließe die eine oder andere Lücke, die es am BER noch gegeben habe. »Der Luftverkehr zieht an. Die Menschen wollen reisen. Aber es ist ein bisschen anders als früher«, sagt sie.
Inlandsflüge stehen in der Bundesrepublik anders als in anderen Staaten nicht mehr hoch im Kurs. Eurowings bedient gar keine Strecken mehr, die mit der Bahn in weniger als sechseinhalb Stunden zu schaffen sind. Aber zum Urlaub in den Süden fliegen nun wieder mehr Passagiere, nachdem die Zahlen mit der Corona-Pandemie eingebrochen sind. Hier besteht offensichtlich ein Nachholbedarf. Vor allem nach Spanien, Portugal, Italien und Griechenland befördert Eurowings Passagiere. Die Saison dafür hat sich verlängert. Griechenland wird auch noch im November angesteuert.
Mit Beginn der Herbstferien rechnet der BER mit einem Ansturm und erwartet am Freitag mit 90 000 Passagieren einen Tagesrekord, wie Flughafenchefin von Massenbach ankündigt. In Nordrhein-Westfalen sind die Herbstferien schon vorbei. Dort gab es einen vergleichbaren Andrang. Obwohl: »Die Preise sind sehr hoch«, sagt von Massenbach über die Flugtickets. Sie sieht trotz wieder zunehmenden Luftverkehrs ein verändertes Bewusstsein in ihrer Branche. »Wir sind uns der Verantwortung bewusst für die drei Prozent CO2-Emissionen durch den Luftverkehr global.« Man sage nicht, es sei unerheblich, weil der Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß so gering sei. Klimaneutrales Fliegen sei das Ziel.
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.