Berliner Antisemitismus-Initiativen antworten auf Kritik aus CDU

CDU-Politiker fordert von Bildungsprogrammen härteres Vorgehen gegen Antisemitismus

  • Nora Noll
  • Lesedauer: 3 Min.

Nachdem der Berliner CDU-Politiker Burkard Dregger am Sonntag Antisemitismus-Präventionsprogramme kritisiert hat, reagieren Mitarbeitende der angesprochenen Bildungsinitiativen vor allem mit einem: Empörung. Statt ihre Arbeit schlechtzumachen, sollte die CDU lieber die Finanzierung dauerhaft sichern.

Dregger hatte gegenüber dem »Tagesspiegel« eine neue Strategie im Kampf gegen Antisemitismus für Berlin gefordert: »Die durchaus teuer finanzierten Antisemitismus-Präventionsprogramme haben keinen Erfolg gehabt. Wir müssen das von Grund auf neu aufstellen.« Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus forderte etwa Sanktionen insbesondere gegen migrantische Schüler*innen, die sich antisemitisch äußerten. Bisher werde damit in seinen Augen zu lasch umgegangen: »Dieses Appeasement ist nicht mehr geboten.«

Derviş Hızarcı ist Vorsitzender der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus – eines von insgesamt 19 Projekten, deren Bildungsarbeit gegen Antisemitismus unter anderem vom Senat finanziert wird. Dreggers Aussagen bezeichnet Hızarcı als »Schlag ins Gesicht.« Seit dem 7. Oktober arbeite die Initiative am Limit: »Wir haben über 300 Lehrkräfte erreicht und waren an unzähligen Schulen.« Einige Kolleg*innen im Team seien auch jüdisch oder israelisch und deshalb unmittelbar von dem Nahost-Konflikt betroffen. »Aber keiner fragt: Wie geht’s euch? Geschweige denn: Wie können wir euch unterstützen?«

Vicky Lessing vom Verein Bildungsbausteine hält Dreggers Aussage schlicht für falsch. »Es gab nie ein Appeasement. Dregger zeigt mit diesem Statement, dass er von der Realität in deutschen Bildungseinrichtungen leider keine Ahnung hat«, teilt sie »nd« mit. Im Gegenteil: Lehrkräfte würden Schüler*innen mit arabischem oder muslimischem Background häufig ohne Grundlage Antisemitismus unterstellen. Wenn es tatsächlich zu antisemitischen Vorfällen an Schulen kommt, wüsste Lessing nicht, welche Konsequenzen Dregger konkret vor Augen hat. »Das sind alles Drohgebärden einer rechtsgerichteten CDU, die mit Polizeigewalt, Demoverboten und Abschiebungen reagieren will.«

Für einen sinnvollen pädagogischen Umgang müssten die Fachkräfte zuerst verinnerlichen, dass Menschen unabhängig von Herkunft und sozialer Zugehörigkeit an Verschwörungsmythen glauben. »Das haben wir nicht zuletzt in der Pandemie gesehen.« Dann sei es wichtig und dringend notwendig, bei Hetze gegen Jüd*innen »pädagogisch konstruktiv zu intervenieren«. Doch sie betont, dass sich dieser Auftrag nicht spezifisch an migrantische Jugendliche richten dürfe: »Antisemitismus darf und kann nicht mit Rassismus bekämpft werden.«

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Lorenz Blumenthaler, Pressesprecher der Antonio-Amadeu-Stiftung, sieht das ähnlich: »Ich wüsste nicht, was die Alternative sein soll, wenn nicht Bildungsarbeit. Mit Repression allein wird man nichts ändern.« Er erkennt in Dreggers Worten einen rassistisch aufgeladenen Law-and-Order-Diskurs. »Das bewirkt genau das Gegenteil: Nämlich das Abwenden von der Gesellschaft und den Verlust von Vertrauen.«

Um diese pädagogische Arbeit leisten zu können, braucht es eine ausreichende Finanzierung. Das betonen Lessing und Hızarcı. Noch vor einem Monat standen im Bereich der Demokratieförderung Kürzungen im Raum, die auch die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus getroffen hätten. Sie wurden nun zurückgezogen, doch: »Wir stehen Jahr für Jahr auf wackligen Füßen«, so Hızarcı.

Die antidiskriminierungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Elif Eralp, unterstützt die kritisierten Programme. »Sie dürfen weder gekürzt noch durch neue Vorgaben gegängelt werden. Sie brauchen mehr Unterstützung und keine Belehrungen durch die CDU«, sagt Eralp zu »nd«. Auch die SPD-Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe, in deren Verwaltung die Antidiskriminierungsprojekte verankert sind, wies Dreggers Kritik zurück. »Wir brauchen jetzt ein besonnenes Handeln aller politischen Akteurinnen und Akteure auf Grundlage von Fakten und gemeinsamen Austauschs.«

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