- Politik
- Gaza-Solidarisierung
Greta Thunberg wird aus Israels Schulbüchern gestrichen
Mit einem Solidaritätsaufruf hat die Klimaaktivistin für Empörung gesorgt
»Heute streiken wir aus Solidarität mit Palästina und Gaza. Die Welt muss ihre Stimme erheben und einen sofortigen Waffenstillstand, Gerechtigkeit und Freiheit für die Palästinenser und alle betroffenen Zivilisten fordern.« Das schrieb die schwedische Umweltaktivistin Greta Thunberg bereits am vergangenen Freitag auf X (einst Twitter) und Instagram: Damit hat sie nach Meinung zahlreicher Gegner aber auch nach Ansicht vieler Mitstreiter eine Grenze überschritten. Die junge Frau, die sich in London wohl bald in einer anderen Sache wegen Störung der öffentlichen Ordnung vor Gericht verantworten muss, hatte den Post mit einem Foto veröffentlicht. Zu sehen war sie zusammen mit drei Freunden. Alle hielten Schilder in der Hand. »Stand with Gaza« war etwa Thunbergs Botschaft. Auf einem anderen Schild stand: »This Jew stands with Palestine.« Zu allem Überfluss entdeckten Kritiker auf einem Foto einen blauen Kraken. Das Plüschtier, so mutmaßten sie, solle an das von Antisemiten verwandte Verschwörungssymbol erinnern, wonach »die Juden« die Macht über die Welt übernehmen wollten. Darauf angesprochen schrieb Thunberg: »Wir sind natürlich gegen jede Art von Diskriminierung und verurteilen Antisemitismus in jeglicher Form.«
Die inzwischen 20-jährige schwedische Umweltaktivistin wurde 2018 bekannt, als sie Schulstreiks organisierte, mit denen sie auf den dringenden Handlungsbedarf gegen den Klimawandel aufmerksam machte. Sie erlangte Anerkennung für ihr couragiertes Auftreten und wurde dank medialer Aufmerksamkeit zu einer Art Ikone der globalen Umweltbewegung.
Nun erreichte sie die harte Kritik israelischer Umweltschützer. In einem offenen Brief, den Rony Bruell, Gründerin des israelischen Forums für Frauen in der Umwelt, postete, heißt es, man sei »zutiefst verletzt, schockiert und enttäuscht« über Thunbergs Tweets und Posts in Bezug auf Gaza. Die seien »erschreckend einseitig, schlecht informiert und oberflächlich« und stünden »in völligem Widerspruch zu ihrer Fähigkeit …, tief in eine Materie einzutauchen«. Mehr noch: Thunberg wird beschuldigt, »sich auf die Seite von Terroristen zu stellen, auf die Seite der schlimmsten und dunkelsten Vertreter der Menschheit und ganz klar auf die falsche Seite der Geschichte.« Der Protest, so erklärte Bruell, sei von mehr als 200 israelischen Umweltaktivisten unterschrieben worden. Die Absender fordern Thunberg auf, »sich noch einmal mit den Gräueltaten der Hamas zu befassen, die Geschichten derer zu lesen, die nicht mehr unter uns sind, sich die Bilder der Gefangenen anzusehen und mehr über die Konflikte in unserer Region zu erfahren«.
Thunbergs Stellungnahme zum Krieg, den die Hamas gegen Israel mit bislang ungeahnter Brutalität am 7. Oktober lostrat, hat auch staatliche Weiterungen. Wie die »Jerusalem Post« berichtet, kündigte das israelische Bildungsministerium an, jegliche Bezugnahme auf die Klimaaktivistin aus den Lehrplänen und Lehrbüchern zu entfernen. Durch die gezeigte Haltung könne Thunberg kein »pädagogisches und moralisches Vorbild« sein, auch als »Inspiration und Erzieher für israelische Studenten« sei sie nicht tragbar.
Soziale Medien bieten allerlei Raum zur Wortmeldung pro und gegen Thunberg. Das Grünen-Urgestein Volker Beck nennt Thunbergs Haltung »völlig inakzeptabel«. Die Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger (Grüne) schrieb: »Ich hoffe, dass sich FridayForFuture Deutschland weiterhin in aller Klarheit davon distanziert, wie man es in der Vergangenheit getan hat.« Andere Twitter-Aktivisten zitieren Thunbergs Worte vor der Uno und fragen ihrerseits: Wie können sie es wagen, über einen Konflikt zu urteilen, den sie ganz offenkundig nicht verstehen?! Man wirft der Schwedin vor, »komplett den moralischen Kompass verloren« und sich zur »nützlichen Idiotin für antisemitische Muslime« gemacht zu haben: »Sie wollen Gutes und helfen dem Bösen.«
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.