Bomber Harris ist wieder da

Matthias Monroy über Nazi-Vergleiche im Nahost-Konflikt

Schilder auf der Demonstration gegen das wochenlange Bombardement Israels im Gazastreifen am Samstag in Berlin.
Schilder auf der Demonstration gegen das wochenlange Bombardement Israels im Gazastreifen am Samstag in Berlin.

»Als Großbritannien im 2. Weltkrieg die Nazis bekämpfte, hat auch keiner gefragt, was in Dresden los ist«: So rechtfertigte der frühere israelische Premier Naftali Bennett im britischen Sender Sky News den Beginn des Flächenbombardements in Gaza. Er spielt auf den Februar 1945 in Dresden an, wo die Royal Air Force unter dem Oberbefehlshaber Arthur Harris (»Bomber-Harris«) einen Feuersturm auslöste, in dem bis zu 25 000 Menschen starben.

Auch die israelische Botschafterin in Großbritannien bemühte in einem Interview den Dresden-Vergleich, um das Vorgehen gegen die Hamas in Gaza zu begründen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vergangene Woche in Tel Aviv: »Die Hamas sind die neuen Nazis«.

Dass die Gleichsetzungen in Deutschland hingenommen werden, verwundert, denn sie verharmlosen den Zivilisationsbruch Holocaust. Die Angriffe der Hamas in den Kibbuzim richteten sich gegen Juden und waren ein Pogrom. Aber Ismail Haniyya, den Anführer der Hamas, als Hitler zu bezeichnen, ist Geschichtsklitterei. Die Hamas hat nicht der halben Welt den Krieg erklärt. Deshalb kann das Nazi-Dresden-Narrativ die tausenden zivilen Bomben-Opfer in Gaza nicht rechtfertigen.

Gar nicht hingenommen wird in Deutschland, wenn Israels Bombenteppich im Freiluftgefängnis Gaza als »Genozid« bezeichnet wird und sich Palästinenser beim Verbot von Demonstrationen an den Nationalsozialismus erinnert fühlen. Diese Vergleiche mögen schwer erträglich sein. Wer sie aber einseitig anprangert und dem Protest gegen Kriegsverbrechen pauschal den Stempel »Israel-Hasser« und »Verrückte« aufdrückt, hat den moralischen Kompass verloren.

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