Linke in Spanien solidarisch mit Palästina

Seit Wochen demonstrieren Zehntausende gegen den Krieg im Nahen Osten

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 4 Min.
Solidaritätsdemonstration für Palästina in San Sebastián am 21. Oktober 2023
Solidaritätsdemonstration für Palästina in San Sebastián am 21. Oktober 2023

Seit Wochen demonstrieren Zehntausende Menschen in Spanien gegen den Krieg Israels gegen Palästina. So auch am vergangenen Wochenende, als sich in der baskischen Metropole Bilbao und in der galicischen Hauptstadt Santiago de Compostela mehrere Tausend Menschen versammelten, um gegen »ethnische Säuberungen« und »Völkermord« zu demonstrieren. Auch Regen und Sturm hielten die Menschen in Santiago de Compostela nicht davon ab.

Die Chefin der linksnationalistischen BNG, zweitstärkste Kraft in Galicien, sprach von einem »dramatischen Moment«. Ana Pontón warf Israel »Kriegsverbrechen« vor. Es sei an der Zeit, dass die internationale Gemeinschaft ihre Komplizenschaft beendet». Der «terroristische Staat» dürfe nicht länger unterstützt werden. Mit Blick auf die spanische Regierung, die turnusgemäß die EU-Präsidentschaft innehat, kritisierte sie die «beschämende Rolle» europäischer Institutionen. Die würden nicht für das Ende der «Gräueltaten» eintreten, sondern seien «Komplizen des Völkermords».

Friedens- und Boykottforderungen

Ähnlich die Einschätzung in Bilbao, wo aber deutlich weniger Menschen demonstrierten, als eine Woche zuvor im viel kleineren Seebad Donostia-San Sebastián. Das hatte auch mit der Ausrichtung beider Proteste zu tun. Hatten in San Sebastian alle im Baskenland vertretenen Gewerkschaften und viele Parteien und Organisationen zum Protest aufgerufen, war der in Bilbao von der BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen), die sich gegen israelische Produkte aus dem besetzten Westjordanland und Unternehmen, die dort investieren, ausspricht, dominiert.

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Wurde von geschätzt 50 000 Menschen in San Sebastian als «einzige praktikable Lösung zur Erreichung von Frieden und Stabilität in der Region die Zweistaatenlösung» angestrebt, da «palästinensische und israelische Bürger das Recht haben, in Frieden zu leben», sah das in Bilbao anders aus. Die Plattform «Solidarität mit Palästina», die dort zur Demonstration aufgerufen hatte, setzt auf «die Auflösung des zionistischen Staates Israel» in einem «Prozess der Dekolonisierung».

Aufgebaut werden solle ein «freies Palästina vom Fluss (Jordan) bis zum Meer (Mittelmeer), womit das Existenzrecht Israels in Frage gestellt wird. Anders als in San Sebastian fehlte im Aufruf in Bilbao eine Distanzierung vom Terror der islamistischen Hamas. Betont wurde das »Widerstandsrecht Palästinas« in »all seinen Formen und Ausprägungen«. Dieser umstrittene Teil, mit dem sich auch das Massaker der Hamas vom 7. Oktober rechtfertigen lässt, fehlte im sonst fast identischen Kommuniqué, das auf der Abschlusskundgebung verlesen wurde.

Spanien stimmt für Waffenruhe

Das offizielle Spanien, auch wegen des starken Drucks aus der Bevölkerung, verhält sich anders als zum Beispiel Deutschland. Während Österreich in der Uno sogar gegen die Forderung einer humanitären Waffenruhe stimmte – Deutschland enthielt sich – stimmte Spanien dafür. Der Streit zwischen Spanien und seiner geschäftsführenden sozialdemokratischen Regierung und Israel wurde damit angeheizt. Kürzlich hatte die israelische Botschaft kritisiert, »Teile der Regierung« hätten sich mit »beschämenden Aussagen« auf die Seite des Hamas-Terrorismus gestellt.

Die hätten sich mit einem »Terrorismus« vom Stil des »Islamischen Staates verbündet«, hatte die israelische Botschaft erklärt. Zuvor hatte der geschäftsführende Minister für Verbraucherschutz, Alberto Garzón, getwittert: »Ein gewaltsamer und willkürlicher Angriff auf eine Zivilbevölkerung ist eine kollektive Bestrafung, die eindeutig gegen internationales Recht verstößt.« Ständig »Menschen zu bombardieren und ohne Wasser oder Strom zu lassen« bezeichnete der Chef der Vereinten Linken (IU) als »pure Barbarei«.

Podemos will Beziehungen abbrechen

Ebenfalls auf X (ehemals Twitter) bekräftigte die geschäftsführende Sozialministerin und Podemos-Chefin Ione Belarra ihre Forderung, den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vor den Internationalen Strafgerichtshof zu stellen. Sie habe nach höllischen Nächten in Gaza eine einfache Botschaft auch für ihren eigenen Regierungschef: »Machen Sie uns nicht zum Komplizen.« Untätigkeit verwandele die Spanier zu Komplizen eines »geplanten Völkermords«, so Belarra. Sie fordert, »diplomatische Beziehungen zu Israel abzubrechen« und dazu »exemplarische Sanktionen« gegen die Verantwortlichen, wie gegen den »Kriegsverbrecher Netanjahu«. Bellara forderte alle dazu auf, auf die Straße zu gehen, um zu zeigen, dass diese Verbrechen »nicht in unserem Namen« begangen werden.

Auch in der Sozialdemokratie gibt es kritische Stimmen. So hatte der Bürgermeister von Israels größter Stadt Tel Aviv, Ron Hudai, seinen Amtskollegen aus der katalanischen Hauptstadt, Jaume Collboni, angegriffen, da der die Reaktion Israels mit dem Hamas-Terror gleichgesetzt habe. Collboni hatte zuvor getwittert, dass Barcelona »mit der gleichen Klarheit und Entschiedenheit« auch die »unverhältnismäßige militärische Antwort« Israels auf die Hamas-Angriffe verurteilen müsse, die zu »massiver Zerstörung von Leben, Häusern und ziviler Infrastruktur der palästinensischen Bevölkerung in Gaza« führen.

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