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Luxemburg-Konferenz will Europa radikal neu denken
Die Konferenz »Europa den Räten« der Rosa-Luxemburg-Stiftung will Europa radikal neu denken – ohne Jeremy Corbyn
Wer brennt eigentlich so wirklich für EU-Politik? Schenkt man der Comedyserie »Parlament« Glauben, entfacht das europäische Projekt selbst bei EU-Abgeordneten nur wenig Leidenschaft. Mal abgesehen von wirklichen Europa-Nerds – ja, die gibt es – scheint auch kaum jemand so wirklich den Überblick zu haben über das, was eigentlich in Brüssel und Straßburg passiert.
Die dreitägige Konferenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) »Europa den Räten« will sich neben den ganz akuten Europa-Themen unserer Zeit auch einer fast utopisch-anmaßenden Frage widmen: Wie könnte eine EU aussehen, die nicht von Bürokraten und unnahbaren Delegierten, sondern von den Bürgern aktiv mitbestimmt wird? »Die Idee der Räte als eine viel demokratischere Form der politischen Partizipation wieder in die Debatte zu bringen, das ist der Hintergedanke der Konferenz«, erläutert Krunoslav Stojaković vom Europareferat der RLS dem »nd«.
Dabei soll der urlinke Ansatz der Räte-Demokratie aber nicht nur in der Theorie im üblichen Panel-Format besprochen, sondern gleich durch ein Rollenspiel in die Praxis umgesetzt werden. »Der Donnerstagabend wird der Mittelpunkt sein«, so Stojaković. »Dafür haben wir mit dem Theaterregisseur Alexander Karschnia zusammengearbeitet, der den Abend unter dem Schlagwort ›Keine Macht für niemanden oder alle Macht den Räten?‹ kuratiert.«
Ein Podcast, der dich anlässlich der Europawahl 2024 ins »Herz« der EU mitnimmt. Begleite uns nach Brüssel und erfahre mehr über Institutionen wie das Europäische Parlament, was dort entschieden wird und warum dich das etwas angeht. Der Podcast ist eine Kooperation von »nd«, Europa.Blog und die-zukunft.eu. Alle Folgen auf dasnd.de/europa
Zahlreiche prominente Vertreter aus Politik, Gewerkschaften, Wissenschaft – darunter Gesine Schwan, Carola Rackete, Hans-Jürgen Urban und Klaus Dörre – sollen zusammen mit Teilnehmern aus dem Publikum drei Gesellschaftsräte bilden, die jeweils ein eigenes Thema beraten. »Natürlich wird niemand zur Partizipation gezwungen werden«, betonen die Organisator*innen der Veranstaltung, »doch nach Möglichkeiten soll das Publikum aktiv in die Diskussion mit eingebunden werden.« Wie genau das passieren soll, wird vom Kurator noch nicht verraten.
Auch die Inhalte werden von Karschnia bestimmt werden. »Grundsätzlich soll es aber um die Idee des Gesellschaftsrates gehen, also wie kann so ein Rat wirklich umgesetzt werden und wie weit kann man da gehen?«, erzählt Stojaković. Die viereinhalbstündige Veranstaltung soll um 18 Uhr auf der Großen Bühne beginnen.
Interessierten wird ans Herz gelegt, auch die zahlreichen Veranstaltungen am Mittwoch und Freitag mitzunehmen. »Der Mittwoch steht unter dem Motto des Antifaschismus, weil wir sehen, dass die Rechte innerhalb der EU immer stärker wird.« Ab 18 Uhr sprechen die linke Bundestagsabgeordnete Martina Renner, der Journalist Sebastian Friedrich und Daphne Weber, linke EU-Kandidatin, über rechte Netzwerke und antifaschistischen Widerstand in Europa. Direkt danach, ab 20 Uhr, diskutieren Gregor Gysi und Sabine Zielke von der Volksbühne, was es in der heutigen Zeit bedeutet, Sozialist oder Sozialistin zu sein.
Aus dem prall gefüllten Programm für den Freitag sticht ebenfalls die Veranstaltung »Europa von unten – trans-nationale Vernetzung und Widerstand bei Amazon« mit dem US-Journalisten Garfield Hylton und dem schottischen Gewerkschaftler Tom Rigby hervor, die für 14 Uhr geplant ist.
Wegen des geschichtsträchtigen Datums am Donnerstag, dem 9. November, wurde der Freitag um einen Sonderprogrammpunkt ergänzt. Die Historiker Christian Dietrich und Markus Nesselrodt werden sich wissenschaftlich mit dem 9. November in den Jahren 1918, 1923 und 1938 auseinandersetzen. Moderiert wird diese Veranstaltung durch Johanna Bussemer, Referatsleiterin Europa in der RLS.
Dies ist allerdings nicht die einzige kurzfristige Änderung des Programms. Ursprünglich war der ehemalige Labor-Chef Jeremy Corbyn zur Konferenz eingeladen. Er wird »aufgrund der aktuellen Ereignisse im Nahen Osten leider nicht teilnehmen«, erklärte Krunoslav Stojaković. Die propalästinensischen Positionen seien angesichts des aktuellen Krieges zwischen Israel und Gaza zu einem Problem geworden, wie Stojaković weiter erläuterte.
Das sei nicht auf Initiative der Rosa-Luxemburg-Stiftung, sondern der gastgebenden Volksbühne passiert. Lena Fuchs, Pressesprecherin der Volksbühne, bestätigte dies: »Aufgrund der Haltung, die Jeremy Corbyn aktuell zum Nahost-Konflikt vertritt, haben wir entschieden, ihm keine Öffentlichkeit in der Volksbühne zu bieten.«
»Europa den Räten« findet vom 8. bis 10. November an der Volksbühne in Berlin-Mitte statt. Der Eintritt ist frei.
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