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Die Linke hat einen Plan für gute Arbeit
Im Bundestag will die Noch-Fraktion die Anhebung des Mindestlohns auf 14 Euro fordern
Auch ein Statement: Der Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales hat dem Plenum bereits die Ablehnung zweier Anträge der Linksfraktion zwecks Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns und zur Förderung der eigenständigen Existenzsicherung von Frauen empfohlen. Über beide soll am Donnerstag in einer 70-minütigen Debatte beraten werden. Allerdings liefern zumindest SPD und Grüne im entsprechenden Ausschussprotokoll faktisch das Gegenteil einer Begründung dafür, dass den Ansinnen der Linken nicht zuzustimmen sei.
Ausführlich wird in den Stellungnahmen beider Fraktionen beklagt, dass in der Mindestlohnkommission im Juni die Gewerkschaften überstimmt worden seien und dass die beschlossene Anhebung der Entgeltuntergrenze um lediglich je 41 Cent Anfang 2024 und 2025 nicht ansatzweise die drastische Teuerung ausgleiche. Die Grünen finden die von der Linken geforderte Ausrichtung der Höhe der Entgeltuntergrenze an der EU-Mindestlohnrichtlinie zumindest nachvollziehbar. Laut Richtlinie soll das gesetzliche Mindestentgelt 60 Prozent des Bruttomedianlohns nicht unterschreiten.
Der Linke-Antrag für eine entsprechende Änderung des Mindestlohngesetzes liegt bereits seit Juni vor. Legt man den EU-Referenzwert zugrunde, müsste der deutsche Mindestlohn nach Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung (WSI) schon jetzt bei 13,53 Euro liegen.
Die Linke-Ko-Vorsitzende Janine Wissler und die Vizechefin der Linksfraktion, Susanne Ferschl, teilten derweil am Montag in Berlin mit, man werde am Donnerstag zusätzlich die sofortige Anhebung des Mindestlohns auf 14 Euro pro Stunde beantragen. Diese Forderung ist zentraler Bestandteil eines »Drei-Punkte-Plans« mit »Leitplanken für faire Arbeit« des Linke-Vorstands, den die beiden Politikerinnen ebenfalls vorstellten.
Punkt zwei soll ein »Aktionsplan für Tarifbindung« sein, denn, so Wissler: »Der Mindestlohn ist immer nur die zweitbeste Lösung.« Die Linke wolle der Tarifflucht, zu der die Gewerkschaften am Montag aktuelle Daten präsentiert hatten, unter anderem durch mehr Allgemeinverbindlichkeitserklärungen für Branchentarifverträge entgegenwirken. Zudem trete man für »Nachbindung und Nachwirkung von Tarifverträgen« ein. Damit könne man verhindern, dass sich Firmen durch Wechsel der Gesellschaftsform aus bestehenden Vereinbarungen schlichen.
Außerdem will Die Linke, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge an die Zahlung der »ortsüblich maßgeblichen Tariflöhne« durch Auftragnehmer und deren Subunternehmer gekoppelt wird. Zudem müsse die Wirtschaftsförderung des Bundes an die Zahlung von Tariflöhnen durch die geförderten Unternehmen gebunden werden.
Punkt drei der Linke-Vorschläge: die Streichung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverträgen aus dem Arbeitsrecht. Denn diese, so Wissler, sei eine »Entrechtung« der mehr als drei Millionen Menschen, die ohne Begründung nur befristete Stellen hätten. Sie lebten prekär und müssten mehr Angst vor dem Rauswurf als unbefristet Beschäftigte haben, wenn sie sich an Arbeitskämpfen beteiligten. Derzeit erfolgten mehr als zwei Drittel der befristeten Neueinstellungen ohne Angabe von Gründen.
14 Euro Mindestlohn seien letztlich »die einzig vernünftige Antwort auf das sogenannte Abstandsgebot zwischen Löhnen und Sozialleistungen«, betonte Ferschl. Insbesondere Politiker von CDU und FDP beklagen immer wieder, das angeblich zu hohe Bürgergeld mache Arbeit unattraktiv, da das damit erzielte Einkommen kaum unter dem von Menschen im Niedriglohnsektor liege.
Dass es den Mindestlohn in der Bundesrepublik überhaupt gebe, sei vor allem eine »Erfolgsgeschichte der Gewerkschaften und der Partei Die Linke«, so Ferschl. Letztere sei lange die einzige Kraft im Bundestag gewesen, die ihn gefordert und bereits 2017 seine Anhebung auf zwölf Euro verlangt habe. Letztere hat die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr beschlossen.
Dass sämtliche Vorschläge der Linken wohl zu den Akten gelegt werden, ist für sie nicht neu. Seit langem werden sie aber zumindest teilweise von SPD und Grünen später als eigene Initiativen verkauft. In wenigen Wochen werden die parlamentarischen Möglichkeiten der Linken im Bundestag weiter eingeschränkt sein. Der Parteiaustritt von Sahra Wagenknecht und neun weiteren Bundestagsabgeordneten bedeutet, dass sie ihren Fraktionsstatus verliert. Denn die Abtrünnigen werden ihre Mandate behalten. Wissler und Ferschl bekräftigten am Montag, dem Antrag von Wagenknecht und Unterstützern auf Verbleib in der Linksfraktion bis zum Jahresende nicht zustimmen zu wollen. Dem Vernehmen nach wird die Fraktion über diese Anträge am 14. November abstimmen.
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