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GDL: Weichen für Streiks gestellt
Die Gewerkschaft GDL bereitet sich auf harte Tarifverhandlungen mit der Bahn vor
Mit breiter Brust geht die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) in die Tarifverhandlungen mit der Deutschen Bahn AG, die am heutigen Donnerstag beginnen. Ihre Forderungen für die aktuelle Tarifrunde hatte die GDL bereits im Juni beschlossen und veröffentlicht. Im Mittelpunkt stehen eine Entgelterhöhung von 555 Euro, die Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich, die Einführung einer Fünf-Schichten-Woche und eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro. Die Forderungen beziehen sich nicht nur auf Lokführer, sondern auch auf das weitere Zugpersonal (Zugbegleiter, Bordgastronomen) sowie die Mitarbeiter in den Bereichen Netzbetrieb, Netzinstandhaltung und Fahrzeuginstandhaltung. Die Laufzeit des Tarifvertrages soll zwölf Monate betragen.
Die Tarifrunde könnte selbst für GDL-Verhältnisse außerordentlich heftig verlaufen. Denn Bahn-Vorstand und Verhandlungsführer Martin Seiler hat die Forderungen der Gewerkschaft pauschal als unbezahlbar zurückgewiesen und vor allem Verhandlungen über die Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter kategorisch ausgeschlossen. Außerdem forderte er die GDL auf, bereits ab der ersten Verhandlungsrunde einen neutralen Schlichter hinzuzuziehen und eine Vereinbarung über einen sogenannten Weihnachtsfrieden zu unterschreiben.
Beides wies der GDL-Vorsitzende Claus Weselsky, der dieses Amt im kommenden Jahr nach 16 Jahren abgeben wird, postwendend als Provokation zurück. Seiler verweigere die Arbeit, statt »seine Pflichten zu erledigen und zu verhandeln«, sagte er in einem Interview mit der »Berliner Morgenpost«. Ab wann, wie oft und in welchem Zeitraum gestreikt wird, hänge davon ab, ob die Bahn am 9. November ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegt, das auch die Absenkung der Arbeitszeit für Schichtarbeiter beinhaltet. Da der alte Tarifvertrag bereits Ende Oktober ausgelaufen ist, gibt es für die Gewerkschaft keine Friedenspflicht mehr. Die GDL könnte also jederzeit mit Warnstreiks beginnen.
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Die Gewerkschaft bereitet sich schon jetzt auf Arbeitsniederlegungen vor. Der »Augsburger Allgemeinen« sagte GDL-Chef Weselsky: »Ich glaube nicht, dass diese Tarifrunde ohne Streik auskommt«. Dabei machte er deutlich, dass die Gewerkschaft kein Interesse an einer monatelangen Hängepartie habe, wie sie bei den Verhandlungen zwischen der Bahn und der konkurrierenden Bahngewerkschaft EVG zu beobachten gewesen sei. Vielmehr prüfe man alle Möglichkeiten, zügig eine Urabstimmung über unbefristete Streiks einzuleiten, falls der Konzern bei seiner Blockadehaltung bleibe. Dann werde es mit großer Wahrscheinlichkeit auch zu Streiks in der Weihnachtszeit kommen, wobei man die eigentlichen Feiertage ausnehmen könne. Denn »man sagt zwar, dass ich beinhart bin, aber nie, dass ich bescheuert bin«, sagte Weselsky im Interview mit der »Augsburger Allgemeinen«.
Mehrfach hat Weselsky betont, wie wichtig ihm die Forderung nach einer Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter ist. Seit Jahren beschwere sich das Management darüber, dass es nicht genug Nachwuchskräfte für diese Berufe gebe. Aber eine »zündende Idee, wie man dem abhelfen kann« habe er von dieser Seite in all den Jahren nicht vernommen, kritisiert er. Man habe als Gewerkschaft verstanden, dass die »Work-Life-Balance« gerade für jüngere Menschen bei der Berufswahl einen viel höheren Stellenwert habe als früher. Und daher seien neben guter Bezahlung attraktive Arbeitszeitmodelle die einzige Chance, wieder ausreichend Nachwuchskräfte für Tätigkeiten im Schichtdienst zu gewinnen.
Zwar spricht einiges dafür, dass die GDL ihre Forderungen in der laufenden Tarifrunde teilweise durchsetzen kann, das bedeutet aber nicht, dass alle ihre Mitglieder davon profitieren. Denn die Bahn wendet das Tarifeinheitsgesetz an, wonach in Betrieben mit konkurrierenden Tarifverträgen derjenige mit der jeweiligen Mehrheitsgewerkschaft gilt. Das betrifft beim Bahn-Konzern 71 von insgesamt rund 300 Betrieben. Zwar sind die juristischen Auseinandersetzungen um die Mehrheitsfeststellung noch lange nicht abgeschlossen, aber derzeit geht die Bahn davon aus, dass GDL-Tarifverträge nur in 18 Betrieben angewendet werden müssen. Bislang hatte die Bahn nach guten GDL-Tarifabschlüssen allerdings der EVG angeboten, diese Ergebnisse zu übernehmen, um unterschiedliche Arbeitszeitregelungen und Entlohnungen innerhalb des Konzerns zu vermeiden.
Doch für den Fall, dass die Bahn darauf beharren sollte, dass GDL-Mitglieder in EVG-Mehrheitsbetrieben nicht vom Abschluss ihrer Gewerkschaft profitieren können, hat die GDL einen Plan B in der Tasche, wie sie sagt. Im Juni hat sie die Genossenschaft »FairTrain« gegründet, die Lokführer der Bahn AG zu GDL-Tarifbedingungen fest einstellen will – um sie dann als Leiharbeiter an die Bahn AG oder andere Unternehmen zu vermitteln. Ein Szenario, das beim DB-Management angesichts des dramatischen Fachkräftemangels für erhebliches Kopfzerbrechen sorgen würde.
Doch so weit ist es noch nicht. Nach der ersten Verhandlungsrunde am heutigen Donnerstag wird man wissen, ob es zeitnah zu Arbeitsniederlegungen kommt oder zunächst weiter verhandelt wird. Um die Kampfbereitschaft der Mitglieder macht sich Weselsky jedenfalls keine Sorgen. Am Montag sagte er dem »Tagesspiegel«, dass in vielen Betrieben des DB-Konzerns bereits »die Messer gewetzt« würden.
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