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  • Sportswashing im Handball

Klub-WM der Handballer im saudischen Klammergriff

Auch im Handball sucht das Königreich nach Macht und Ablenkung von Menschenrechtsverletzungen

  • Erik Eggers
  • Lesedauer: 5 Min.

Das übliche Wehklagen ist nicht zu vernehmen. Dabei ließe sich über die Terminierung des IHF Super Globe, der aktuell den Klubweltmeister ausspielt, im pickepackevollen Kalender des professionellen Handballs trefflich diskutieren. Zumal die Anreise nach Dammam, Saudi-Arabien, nicht unkompliziert ist. Nach dem Abschluss der Länderspielwoche am Sonntag flogen Spieler aus allen Himmelsrichtungen zumeist via Katar in die saudische Wüste. Insbesondere für den Bundesliga-Tabellenführer Füchse Berlin, der neben Titelverteidiger SC Magdeburg die deutschen Farben in Dammam vertritt, kommt das Turnier zur Unzeit. Das Team leidet unter einer Verletzungsserie, weshalb das harte Programm von vier Partien innerhalb von sechs Tagen höchst kontraproduktiv ist. Dennoch betonte der Berliner Geschäftsführer Bob Hanning im RBB den finanziellen Wert der Teilnahme als »eine willkommene Einnahmequelle«.

In der Tat lohnt der Trip an den Persischen Golf. Der Sieger kassiert 400 000 US-Dollar, der Finalist immerhin noch eine Viertelmillion. Und weil neben den beiden deutschen Klubs nur zwei weitere europäische Spitzenklubs antreten (der FC Barcelona und KS Kielce), sind die Chancen auf den Jackpot recht groß. Doch auch sportlich hat das Turnier vor allem aus Sicht des SCM einen großen Stellenwert. Der sensationelle Finalsieg 2021 gegen den FC Barcelona war nicht weniger als eine Initialzündung für das Team von Trainer Bennet Wiegert auf dem Weg zur Deutschen Meisterschaft (2022) und zum Triumph in der Champions League (2023).

Politische Kritik ist aus den Reihen des Handballs ebenfalls nicht zu hören. Dabei ist das Championat, das seit 2019 in Saudi-Arabien ausgetragen wird, ganz offensichtlich Bestandteil der sportpolitischen Offensive des Landes, das mit abenteuerlichen Summen versucht, auf der Basis von großen Sportevents und Spielertransfers sein wegen Menschenrechtsverletzungen lädiertes Image aufzupolieren – der Vorwurf lautet »Sportswashing«. Fußballstar Christiano Ronaldo soll bei Al-Nassr 200 Millionen Euro jährlich kassieren. Die Investitionen der saudisch finanzierten LIV-Tour im Golf gehen in die Milliarden, die Unterschrift des US-Golfers Phil Mickelson soll allein 200 Millionen Euro wert gewesen sein.

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Derartig hohe Summen fließen im Handball noch lange nicht. Doch die Szene horchte im Sommer auf, als der portugiesische Rückraumspieler André Gomes von der MT Melsungen nach Dammam wechselte und dort nun angeblich 600 000 Euro jährlich verdienen soll. Kurz darauf kolportierte die »Bild« gar eine Vier-Millionen-Offerte an Mikkel Hansen, der prägenden Figur des dreifachen dänischen Weltmeisters.

Wie viel an der Geschichte dran war, ist völlig unklar. Tatsächlich aber hat das Interesse der saudischen Prinzen für den Handball schon eine längere Tradition. So verpflichtete ein Klub aus Jeddah bereits 1979 für drei Jahre einen deutschen Weltmeister von 1978, den Kreisläufer Richard Boczkowski. »Es war wie ein Traum«, erzählte er dem Magazin »Handball inside«. »Ich hatte ein Haus am Strand. Jeden Morgen bin ich ins Rote Meer zum Baden und manchmal zum Tauchen.«

Boczkowski freundete sich seinerzeit mit Fußballtrainer Dettmar Cramer und dem Spieler Erich Beer an, die am Ende ihrer Karrieren dort ebenfalls gutes Geld verdienten. Der Handballer setzte sogar durch, dass seine Frau Zutritt zu seinen Ligaspielen erhielt, was den einheimischen Frauen damals verwehrt worden war: »Ich glaube, sie war die erste Frau in einer saudi-arabischen Sporthalle.« Auch reisten große Vereine wie der VfL Gummersbach bereits 1984 in die Wüste und besserten damit ihre Etats auf. Andere Golfstaaten, etwa Bahrain und Katar, verpflichteten schon in den 1970er Jahren Trainer aus Deutschland für ihren Nachwuchs.

Der aktuelle Angriff der saudischen Regierung im Weltsport hat freilich eine völlig neue Dimension erreicht. Dazu gehört nicht nur die aller Voraussicht nach erfolgreiche Bewerbung um die Fußball-WM im Jahr 2034, sondern auch, dass sich der saudische Nationalverband erstmals um eine Männer-Weltmeisterschaft der Handballer beworben hat. Das Land zeige starkes Interesse für die WM 2029 und 2031, bestätigte der Präsident der Internationalen Handball Föderation (IHF), Hassan Moustafa, kürzlich auf Anfrage. Hier konkurrieren die Saudis nun also mit dem Deutschen Handballbund, der gemeinsam mit anderen Ländern ebenfalls diese Turniere austragen will.

Europas Spitzenfunktionäre gehen davon aus, dass die saudische Kandidatur nur den Beginn eines größeren Plans darstellt. Demnach wolle der saudische Handballpräsident Fadel Ali Al-Nemer 2025 die Nachfolge des IHF-Präsidenten Moustafa antreten. Die mitgliederstarken Kontinentalverbände aus Afrika und Asien hätten bereits eine Koalition geschmiedet. Führende europäische Verbände, heißt es, arbeiteten bereits an einer Gegenkandidatur. Die allerdings dürfte kaum Chancen haben, sofern die saudische Lobby tatsächlich in diese Sache einsteigt.

Es droht also eine Übernahme des Welthandballs durch Saudi-Arabien, mit unabsehbaren Folgen für die Sportart. Der Ägypter Moustafa, der den Weltverband bereits seit Dezember 2000 anführt, hat allerdings auf Anfrage eine erneute eigene Kandidatur nicht ausgeschlossen.

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