Bündnis von Wagenknecht: Staubsauger für Unzufriedene

Hüseyin Aydin und Bernhard über das neue Bündnis von Sahra Wagenknecht

  • Hüseyin Aydin und Bernhard Sander
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Das Gründungsdokument des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) hat eine eingeengte Sichtweise auf die Produktionsverhältnisse: Auf der einen Seite werden »die großen Konzerne« in unterschiedlicher Wortwahl für alles Mögliche verantwortlich gemacht, auf der anderen Seite stehen die Menschen und die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Die Inflation sei zum beachtlichen Teil »auch Ergebnis eines durch zu große wirtschaftliche Macht verursachten Marktversagens«, heißt es.

Diese Verkürzung komplexer Zusammenhänge auf die simple »Macht« entspricht der politischen Vorstellungswelt eines Großteils des Freundeskreises Wagenknecht, die schon im vergangenen Jahrhundert mit ihrer Konzeption »antimonopolistischer Bündnisse« gescheitert sind und jetzt eine Strategie »mehr Desselben« fahren. Doch die Lage ist weitaus komplexer: Neue Akteure sind auf den Weltmärkten aktiv. Die Pandemie zeigte die Abhängigkeit von Lieferanten. Die Weitergabe der steigenden Preise für Vorprodukte und Energie verteuerten die Produkte.

Das BSW behauptet: »Seit durch die Russland-Sanktionen und vermeintliche Klimapolitik auch noch Energie schlagartig teurer wurde, droht unserem Land der Verlust wichtiger Industrien und Hunderttausender gutbezahlter Arbeitsplätze.« Tatsache ist, dass die Einfuhrpreise für Gas sich seit der Corona-Pandemie und schon vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine verdreifacht hatten. Es ist keineswegs realistisch, dass Russland seine herausgehobene Stellung als Gaslieferant nicht für weitere Preissteigerungen nutzen würde, zumal neue Lieferverpflichtungen gegenüber Indien usw. hinzugekommen sind. An der Differenzierung in der Beschaffung ausreichender und bezahlbarer Energie geht kein Weg vorbei, bis die Umstellung der Produktion auf erneuerbare Energiequellen abgeschlossen ist. Zu den aktuell brisanten Fragen zum Beispiel eines zeitlich begrenzten Industriestrompreises und sozialer Ausgleichszahlungen äußert sich das Wagenknecht-Bündnis vorsichtshalber nicht.

Hüseyin Aydin und Bernhard Sander

Hüseyin Aydin und Bernhard Sander sind Gründungsmitglieder der WASG, die 2007 mit der PDS zur Linkspartei fusionierte. Aydin arbeitet für die IG Metall und ist Branchenbeauftragter für die Schmiedeindustrie. Von 2005 bis 2009 war er Bundestagsabgeordneter der Linken.

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Ideologisch gefestigt wird behauptet, Deutschlands Energieversorgung lasse sich im Rahmen heutiger Technologien »nicht allein durch erneuerbare Energien sichern.« Diese Aussage ist fachlich falsch, wie mittlerweile mehrfach erwidert worden ist. Die von Wagenknecht umworbenen Bündnispartner der KMU unterscheiden sich nicht sehr von den großen, wenn es um die Machtmittel Union-Busting, Tarifflucht, fehlende Mitbestimmung geht – zumal in Ostdeutschland. Nur starke Belegschaften und Gewerkschaften haben dagegen eine Chance.

Das Wagenknecht-Bündnis operiert mit vereinfachenden bis falschen Entgegensetzungen: »Wir brauchen Zukunftsfonds zur Förderung innovativer heimischer Unternehmen und Start-ups und nicht Milliardensubventionen für Konzerne aus Übersee.« Die mit öffentlichem Geld geförderte Ansiedlung ausländischer Unternehmen beispielsweise für Batterie- oder Chipproduktion sichert Arbeitsplätze in der Region und bei Zulieferern – gerade im Osten Deutschlands. Nationale Autarkie voranzutreiben, wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Zur Frage von zeitweiligen Importabgaben, bis im Einzelfall konkurrenzfähige Produkte aus inländischer Produktion zur Verfügung stehen, die man für strategisch unverzichtbar hält, schweigt das Bündnis.

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Zur Finanzierung der sozialpolitischen Forderungen (Umverteilung von oben nach unten durch Abgaben und Steuern), die zweifellos auch die KMU belasten würden, schweigt das Bündnis. Es erweist sich so als Themenstaubsauger für Unzufriedene, aber es bietet keine belastbare Partnerschaft für Beschäftigte und ihre Gewerkschaften. Allein mit Schlagworten wird man in der laufenden Transformation der gesellschaftlichen Betriebsweise scheitern.

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