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Durchschnittlicher Eigenanteil für Pflegekosten bei 2548 Euro
Fragen & Antworten zu den Pflegekosten
Wie viel Geld wird für die Pflege benötigt?
Plötzlich pflegebedürftig zu sein, ist oft auch eine finanzielle Herausforderung. Häufig übernehmen Angehörige die Pflege – unterstützt vom ambulanten Pflegedienst. Welche Kosten hier auf Pflegebedürftige zukommen, ist von vielen Faktoren abhängig: vom Bundesland, von den Vergütungssätzen, die die Pflegekasse für Leistungspakete wie »Grundpflege« bestimmt sowie vom Anbieter, der Häufigkeit, den Leistungen und dem Pflegegrad.
Im Durchschnitt fallen zwischen 500 und bis zu 2500 Euro pro Monat für einen ambulanten Pflegedienst an. So kostet beispielsweise eine große Grundpflege zweimal und eine kleine dreimal wöchentlich etwa 820 Euro. Bei einem anerkannten Pflegegrad übernimmt die Pflegekasse einen Teil davon. Bei einer Pflege daheim kommen unter Umständen noch Kosten für Umbaumaßnahmen hinzu.
Wie viel ein Platz im Pflegeheim kostet, kommt ebenfalls auf das Bundesland und die Einrichtung an. In der Stadt ist die Unterbringung meist teurer als auf dem Land und ein Zweibettzimmer günstiger als ein Einzelzimmer. Demzufolge ist auch der Eigenanteil von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In Sachsen-Anhalt beispielsweise liegt er nach aktuellen Angaben durchschnittlich bei 2047 Euro. Im Bundesdurchschnitt müssen Pflegebedürftige laut Verband der Ersatzkassen im ersten Jahr mit etwa 2548 Euro monatlich rechnen. Die finanzielle Lücke beim Pflegebedürftigen muss zunächst aus dem eigenen Vermögen oder von seinem Partner gedeckt werden, bis es auf 5000 Euro (beziehungsweise 10 000 Euro bei Ehepartnern) sozusagen abgeschmolzen ist. Erst dann muss »Hilfe zur Pflege«, also Sozialhilfe, beantragt werden.
Voraussetzung für »Hilfe zur Pflege« ist allerdings, dass der Pflegebedürftige mindestens einen anerkannten Pflegegrad 2 nachweisen kann. Ohne diese Anerkennung dieses Pflegegrades sind die Kosten noch deutlich höher, da es keine Zuzahlung von der Pflegekasse gibt. Auch eine 24-Stunden-Pflege ist denkbar. Die möglichen Leistungen reichen hier von medizinischer Behandlung über Körperpflege bis hin zur Unterstützung im Haushalt. Betroffene müssen hierfür je nach Pflegegrad und Leistungen mit einem Eigenanteil bis zu 3000 Euro pro Monat rechnen.
Pflegebedürftige ab dem Pflegegrad 2, die zuhause gepflegt werden und ausschließlich Pflegegeld beziehen, müssen in regelmäßigen Abständen Beratungsbesuche im eigenen häuslichen Umfeld in Anspruch nehmen und dies gegenüber der Pflegeversicherung nachweisen. Wer dieser Pflicht gemäß § 37 Abs. 3 Sozialgesetzbuch (SGB) XI nicht nachkommt, muss mit Kürzungen bis hin zur Streichung des Pflegegeldes rechnen.
Bei den Beratungsbesuchen stellen Pflegefachkräfte oder Pflegeberater fest, ob die Pflege und Betreuung durch die jeweiligen Angehörigen (Eheleute, Partner, sonstige Angehörigen) tatsächlich sichergestellt ist oder ob weitere Unterstützung sinnvoll ist. Im Pflegegrad 2 und 3 gilt eine halbjährliche Verpflichtung. In den Pflegegraden 4 und 5 wird der Nachweis innerhalb jeden Quartals verlangt. Neu ist: Vom 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2024 kann auf Wunsch der pflegebedürftigen Person jede zweite Beratung auch per Videogespräch erfolgen. Die Beratungen müssen gegenüber der Pflegeversicherung, die auch die Kosten übernimmt, nachgewiesen werden. Privatversicherte Pflegebedürftige oder deren pflegende Angehörige müssen finanziell in Vorleistung treten. Bei gesetzlich Versicherten werden die Kosten über den Dienstleister oder Leistungserbringer abgerechnet.
Auch die Pflegeberater in der gesetzlichen wie privaten Pflegeversicherung sind zu Beratungsbesuchen berechtigt. Sie können sowohl eine zusätzliche Inanspruchnahme eines Pflegedienstes vorschlagen, aber auch Entlastungsangebote nennen, auf Schulungsangebote für die Pflegenden hinweisen oder zu erforderlichen Schritten zur Anpassung des Wohnumfeldes beraten. Es kann auch ein veränderter Pflegebedarf oder eine neuerliche Begutachtung angeregt werden. Die Ergebnisse der Beratungen werden schriftlich festgehalten und an die zuständige Pflegekasse oder Pflegeversicherung übermittelt.
Der Zeitpunkt für den Nachweis über den Beratungseinsatz orientiert sich am Kalenderhalb- oder Kalendervierteljahr oder am Zeitpunkt des Leistungsbeginns. Über die genauen Erfordernisse und Modalitäten sollten sich Betroffene beim jeweiligen Kostenträger (Pflegekasse oder Pflegeversicherung) rechtzeitig informieren. Denn nicht (zeitgerecht) erbrachte Nachweise können zur Kürzung oder Streichung des Pflegegeldes führen. Mitunter gewährt der Kostenträger eine zeitliche Kulanz, worauf sich Leistungsempfänger aber nicht berufen können.
Häusliche Beratungsbesuche übernehmen bundesweit auch die compass-Pflegeberater. Über die Internetseite www.compass-pflegeberatung.de gibt es alle Informationen zu Beratungen und Kontaktzeiten. Alle Versicherten können kostenfrei die telefonische compass-Pflegeberatung unter 0800 101 88 00 in Anspruch nehmen. Auch das Pflege Service Portal www.pflegeberatung.de informiert über Betreuungsangebote und Pflegediensteinrichtungen. compass/nd
Welche finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten gibt es?
Wer seine Angehörigen selbst pflegt, kann in der Steuererklärung den Pflegepauschbetrag geltend machen, der unabhängig von den tatsächlichen Ausgaben ist. Dieser beträgt 600 Euro für Pflegegrad 2 und 1800 Euro ab Pflegegrad 4. Auch höhere Pflegeausgaben lassen sich mit dem entsprechenden Nachweis als »außergewöhnliche Belastung« steuerlich geltend machen.
Wer einen Pflegegrad hat und zu Hause von Angehörigen oder ehrenamtlichen Helfern gepflegt wird, erhält zudem einen Zuschuss von der Pflegekasse. Die Höhe ist vom jeweiligen Pflegegrad abhängig. Übernimmt ein ambulanter Pflegedienst die häusliche Pflege, gibt es Pflegesachleistungen. Pflegegeld und Pflegesachleistungen können auch kombiniert werden. Weitere 40 Euro pro Monat erhalten Pflegebedürftige von der Pflegekasse für Hilfsmittel wie Bettschutzeinlagen oder Einmalhandschuhe. Den pflegegerechten Umbau von Wohnung oder Haus bezuschusst die Pflegekasse mit einmalig 4000 Euro. Einen Überblick über finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten bietet die Website des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Weitere Informationen sind in der Broschüre »Pflegeleistungen zum Nachschlagen« des Bundesministeriums für Gesundheit nachzulesen.
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Wann beteiligt sich das Sozialamt an den Pflegekosten?
Pflegebedürftige haben einen sogenannten Vermögensfreibetrag in Höhe von 10 000 Euro, den sie nicht für die Finanzierung der Pflege aufwenden müssen. Für Ehepartner kommen weitere 10 000 Euro hinzu. Reicht das restliche Geld nicht aus, um die Pflegekosten zu decken, sollten sich Betroffene rechtzeitig an das Sozialamt wenden. Es beteiligt sich in bestimmten Fällen an den Pflegekosten. Die sogenannte »Hilfe zur Pflege«, die in § 63 Sozialgesetzbuch (SGB) XII geregelt ist, erhalten auch Personen, die keinen Anspruch auf Leistungen der Pflegeversicherung haben, weil sie nicht versichert sind oder die Pflegebedürftigkeit voraussichtlich weniger als sechs Monate anhält.
Auch bei einer sehr kostenintensiven Schwerstpflege oder wenn Pflegebedürftige und deren Ehepartner ein zu geringes Einkommen oder Vermögen besitzen, um die Kosten selbst zu tragen, übernimmt das Sozialamt die Pflegekosten. Kommen Pflegebedürftige über ein gewisses Einkommen oder Vermögen, zahlt das Sozialamt (meist anteilig) die Kosten. Wichtig ist: Kinder von Pflegebedürftigen, deren Jahresbruttoeinkommen über 100 000 Euro liegt, sind verpflichtet, für die Pflegekosten ihrer Eltern aufzukommen.
Wie funktioniert die Antragsstellung für »Hilfe zur Pflege«?
Um schnellstens finanzielle Unterstützung zu erhalten, sollten Pflegebedürftige die »Hilfe zur Pflege« beim Sozialamt so früh wie möglich beantragen. Denn das Amt zahlt erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung. Das Formular erhalten Pflegebedürftige bei den Sozialämtern oder auf deren Websites zum Download. Der Antrag muss schriftlich eingereicht werden. Dafür werden meist auch noch zusätzliche Dokumente wie Belege über Einkommen, Rente und Vermögen sowie über den Pflegegrad benötigt. Betroffene sollten sich daher vorab informieren, welche Dokumente nötig sind. Bewilligt das Sozialamt den Antrag, müssen Pflegebedürftige einen sogenannten Leistungsantrag etwa auf ambulante oder stationäre Pflege stellen, der ebenfalls vom Sozialamt genehmigt werden muss. Erst dann können die Leistungen in Anspruch genommen werden. Ändert sich die finanzielle Situation, so sind Pflegebedürftige verpflichtet, dies umgehend dem Sozialamt zu melden. (mit nd)
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