Klima-Strategie wird nachgereicht

Der Bund will viel Klimaanpassung für wenig Geld, zudem stimmt bei dem neuen Gesetz der Zeitplan nicht

  • Jörg Staude
  • Lesedauer: 3 Min.

Mehr als 80 Seiten stark ist der Leitfaden zum Risikomanagement bei Starkregen, den das sachsen-anhaltinische Umweltministerium dieser Tage vorlegte. Wegen des Klimawandels häuften sich Extremwetterlagen, Kommunen müssten sich gegen Trockenperioden und Niedrigwasser genauso wappnen wie gegen Starkregen und Hochwasser, leitet Sachsen-Anhalts Umweltminister Armin Willingmann (SPD) den Leitfaden ein.

Ein Begriff fehlt im Leitfaden jedoch: Klimaanpassung. Aber Starkregen, Trockenheit und Überflutungen gehören zu den Wirkungen des Klimawandels, für die das neue Bundes-Klimaanpassungsgesetz extra ein Gebot einführt, das sogenannte Berücksichtigungsgebot.

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Das Gebot schreibt vor: Künftig haben Kommunen und Behörden bei allen ihren Entscheidungen den Aspekt der Klimaanpassung einzubeziehen – und, wenn nötig, entsprechend vorzusorgen. Werden also Straßen gebaut oder Plätze betoniert, muss eine Kommune nachweisen, dass sie Hitzewellen oder Starkregen dennoch im Griff hat, beispielsweise indem sie andernorts entsiegelt. Und wenn sich das Gebot nicht einhalten lässt, müsste die Versiegelung entfallen.

Das Berücksichtigungsgebot wurde schon vor Jahren in Nordrhein-Westfalen erfunden und dort im Landesanpassungsgesetz verankert. Es gilt seit Juli 2021. Mehr als zwei Jahre später stimmte der Bundestag an diesem Donnerstag über das erste Klimaanpassungsgesetz auf Bundesebene ab.

Das Grundanliegen des Gesetzes wird von Verbänden und Klimainitiativen begrüßt. Anpassung sei genauso wichtig wie Klimaschutz, erklärte Kay Ruge vom Deutschen Landkreistag letzte Woche bei einer Anhörung im Umweltausschuss des Bundestages. Ruge wies dabei – wie fast alle Sachverständigen – auf die ungelöste Finanzfrage hin.

Franziska Ortgies vom zivilgesellschaftlichen Bündnis Klima-Allianz warnte ihrerseits, die künftige Finanzierung der Anpassung dürfe auch nicht auf einem »Förderprogrammdschungel« aufbauen. Beim Klimaschutz gebe es schon jetzt zu viele Förderprogramme, die zu viele Leute in der Verwaltung beschäftigten. Man solle diesen Fehler bei der Klimaanpassung nicht wiederholen.

Das Bundesgesetz beziffere die Kosten zur Erfüllung des Berücksichtigungsgebots überhaupt nicht, kritisiert der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) in seiner Stellungnahme. Schon die Erstellung einer Klimarisikoanalyse könnten sich finanzschwache Kommunen kaum leisten, so der VKU weiter. Als eine Geldquelle hat der Landkreistag den Klima- und Transformationsfonds des Bundes im Blick. Der Fonds ist mit mehr als 211 Milliarden Euro für die Zeit bis 2027 gefüllt.

Genaue Summen, was Klimaanpassung die Kommunen kosten wird, sind nicht einmal näherungsweise bekannt. Allein die im Bundesgesetz jetzt vorgesehene Pflicht, Klimaanpassungskonzepte zu erarbeiten, soll den Kommunen ein bis zwei Milliarden Euro Zusatzkosten auferlegen. Die Umsetzung der Konzepte bedeutet dann weitere Milliardenaufwendungen.

Viel Anpassung zu verlangen, ohne viel Geld dafür zu geben, das scheint bisher das hauptsächliche Anpassungskonzept des Bundes zu sein. In der Anhörung blieb die Finanzierung der größte Streitpunkt. Fast alle Sachverständigen machten unmissverständlich klar, was der Gesetzgeber dagegen tun sollte: Klimaanpassung müsse im Grundgesetz als eine weitere Gemeinschaftsaufgabe von Bund, Ländern und Kommunen verankert werden. Dann könnten Bund und Länder den Kommunen eine auskömmliche Mischfinanzierung sichern.

Die Kritik der Sachverständigen am Anpassungsgesetz reicht jedoch übers Geld hinaus. So mache das Gesetz den Kommunen detaillierte Vorschriften, wie zum Beispiel Anpassungskonzepte auszusehen haben. Der Bund regiere damit de facto in die Kommunen hinein. Städte, Landkreise und Gemeinden sähen sich praktisch einer neuen Pflichtaufgabe gegenüber, ohne über die Mittel für diese Pflicht zu verfügen.

Ein dritter Kritikpunkt ist die späte Vorlage der Klimaanpassungs-Strategie des Bundes, die erst zum 30. September 2025 fällig ist. Während das Gesetz den rechtlichen Rahmen schafft, beschreibt die Strategie, wie die Anpassung vor sich gehen soll. Ohne die Strategie können Länder und Kommunen keine eigenen Konzepte schreiben. Das heißt vermutlich, dass Maßnahmen erst in der nächsten Legislatur folgen.

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