- Politik
- Haushalt
Kein Geld fürs Klima: Das 60-Milliarden-Euro-Loch
Bundesverfassungsgericht schiebt Umwidmung von Corona-Krediten einen Riegel vor
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verwendung von Corona-Krediten für Klimaprojekte als verfassungswidrig bewertet und die Ampel-Koalition so gezwungen, geplante Vorhaben vorübergehend auf Eis zu legen. Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte am Mittwoch, ausgenommen seien jene zur Förderung der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien im Gebäudebereich. Fördermittel für den Heizungstausch sollen kommendes Jahr also fließen.
Wegen der Notfallsituation während der Corona-Pandemie hatte der Bund den Etat 2021 per Kreditermächtigung um 60 Milliarden Euro aufgestockt. In solch außergewöhnlichen Situationen ist es wie bei Naturkatastrophen trotz Schuldenbremse möglich, Kredite aufzunehmen. Am Ende wurde das Geld aber nicht für die Bewältigung der Pandemie und ihrer Folgen gebraucht. Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP wollte die 60 Milliarden daher für den sogenannten Klima- und Transformationsfonds (KTF) nutzen und schichtete das Geld mit Zustimmung des Bundestags rückwirkend um – jedoch erst im Jahr 2022.
Das Gericht stellte nun unter anderem klar, dass es einen Zusammenhang zwischen der außergewöhnlichen Notsituation und den finanzierten Maßnahmen geben müsse. Der Gesetzgeber habe prinzipiell Spielraum dabei. Je länger die Krise andauere, desto größer würden aber die Anforderungen an die Begründung, warum bestimmte Maßnahmen zur Lösung dienen sollten, heißt es in dem 64 Seiten langen Urteil. Der Gesetzgeber habe das in diesem Fall jedoch nicht ausreichend deutlich gemacht, sagte die Vorsitzende Richterin des Zweiten Senats, Doris König. Außerdem dürften Mittel, die infolge von Notsituationen einem Sondervermögen zugeführt wurden, nur in jenem Haushaltsjahr eingesetzt werden, für das sie bereitgestellt wurden.
Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.
CSU-Chef Markus Söder sprach in München von einem schlimmen Tag für die Regierungsfähigkeit in Deutschland und einem Desaster für die Koalition von SPD, Grünen und FDP. »Und eigentlich ist damit jede Legitimation vorbei, weiter regieren zu können. Im Grunde genommen kann eine Regierung so nicht weitermachen.« CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wertete das Urteil als »eine Klatsche mit Wumms für den Bundeskanzler und die Ampel-Koalition«. Im Ergebnis klaffe nun ein gigantisches 60-Milliarden-Loch im Bundeshaushalt. Man könne jetzt nicht den Bundeshaushalt 2024 so aufstellen, als hätte es dieses Urteil nicht gegeben.
Kanzler Scholz will dennoch am Zeitplan für den Bundeshaushalt 2024 festhalten. Die für diesen Donnerstag geplante Sitzung des Haushaltsausschusses bleibe terminiert, der Haushalt werde planungsgemäß zur Abstimmung gestellt. In dieser Sitzung nimmt der Ausschuss letzte Änderungen am Etat vor. Am Donnerstagnachmittag wird es auf Antrag der CDU/CSU-Fraktion eine Aktuelle Stunde im Bundestag zu dem Urteil geben. dpa/nd
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.