Präsidentschaftswahl: Argentinien wählt das Risiko

Martin Ling über den Sieg des Anarcho-Kapitalisten Javier Milei

Argentiniens neuer Präsident Javier Milet jubelt seinen Anhängern auf der rechten Seite zu.
Argentiniens neuer Präsident Javier Milet jubelt seinen Anhängern auf der rechten Seite zu.

Argentinien hatte die Wahl zwischen Mitte-rechts und ultrarechts. Über 14,5 Millionen Argentinier*innen haben sich für ultrarechts entschieden und damit Javier Milei einen klaren Sieg über den Kandidaten der peronistischen Regierungspartei Sergio Massa verschafft. Der Verdruss über die peronistischen Regierungen seit 2003 unter Federführung des Ehepaars Néstor und Cristina Kirchner mit Ausnahme der vier Jahre unter dem neoliberalen Mauricio Macri (2015-2019) siegte über die Angst vor dem unberechenbaren Milei, der nach der ersten Runde Kreide gefressen hatte und von seinen radikalen Plänen wie der totalen Privatisierung von Bildung und Gesundheit verbal Abstand nahm.

Argentinien steht ein Experiment mit großen Risiken für den Zusammenhalt der Gesellschaft bevor. Milei, der sich selbst in seiner Siegesrede als liberal-libertär bezeichnete, wird die Kettensäge am Staatshaushalt und an einigen Ministerien ansetzen. Wie radikal ist die Frage, denn im Parlament ist er selbst mit seinem Bündnispartner, der Macri-Partei PRO, weit von einer absoluten Mehrheit entfernt.

Argentinien kommt um eine neue Strukturanpassung nicht herum. Mit Milei wird sie mit größeren sozialen Härten einhergehen als es bei Massa der Fall gewesen wäre. Argentiniens Arme – 40 Prozent der Bevölkerung – und große Teile der Mittelschicht sehen bereits krisengeplagt noch schwereren Zeiten entgegen. Wenn Milei seine Vorschläge der sozialen Kürzungen umsetzt, sind eskalierende Armut und soziale Proteste gleichermaßen sicher. Und die Beispiele Bolsonaro in Brasilien und Trump in den USA zeigen: Selbst als die Präsidenten wieder weg waren, blieben Bolsonarismus und Trumpismus bestehen. Auch der ultrarechte Milei wird die Grundfesten der argentinischen Demokratie schleifen. Das verheißt nichts Gutes.  

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.