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Politisch motivierte Islamkonferenz
Viele Appelle gegen Antisemitismus, einige gegen Muslimfeindlichkeit
In Berlin ist am Mittwoch die zweitägige »Deutsche Islamkonferenz« zu Ende gegangen. Im Vordergrund standen der Antisemitismus und Bedrohungen gegenüber Juden in Deutschland. Diesem müssten sich »alle entgegenstellen, deren Stimmen wichtig sind«, sagte die Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) als Gastgeberin der Veranstaltung. Zur Bekämpfung von Muslimfeindlichkeit kündigte die Ministerin neue Initiativen an, darunter Anlaufstellen für Betroffene.
Die Islamkonferenz hatte 2006 der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) als regelmäßige Fachtung ins Leben gerufen. Unter dem diesjährigen Titel »Sozialer Frieden und demokratischer Zusammenhalt« waren um die einhundert Vereine, Initiativen und Verbände sowie Experten aus Wissenschaft, Politik, Kirche und Polizei eingeladen. Sie sollten über eine »gesellschaftliche Spaltung« im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt diskutieren, die zu Antisemitismus und Muslimfeindlichkeit führe. Beide Phänomene müssten bekämpft werden, betonte Faeser zur Eröffnung der Konferenz.
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Vor allem die großen islamischen Verbände stünden nach den Angriffen der Hamas vom 7. Oktober in der Verantwortung, sich gegen »Israelfeindlichkeit« zu positionieren, sagte Faeser. Dies müsse »auf allen Kanälen; Internet, Moschee, egal ob auf Deutsch, Arabisch oder Türkisch« vermittelt werden. »Es reicht nicht, eine Synagoge zu besuchen und sich dort gegen Terror und Antisemitismus zu stellen, ohne das auch in die Moscheen und Gemeinden hinein zu kommunizieren.« Jedoch seien die meisten Muslime in Deutschland in der demokratischen Gesellschaft verwurzelt und dürften nicht unter Generalverdacht gestellt werden.
Den Eröffnungsreden und Grußworten folgten Podiumsgespräche und Workshops. Islamische Religionsgemeinschaften waren dort nicht vertreten. Zu den Veranstaltungen gehörte eine »Fortbildung für Sicherheitsbehörden« zu Rassismus durch die Bundespolizei. Ein weiteres Fachforum gestaltete die Türkische Gemeinde Deutschland, die als einer der ersten Verbände die Taten der Hamas verurteilt hatte. »Aber auch die frühzeitige Positionierung hat uns nicht geholfen«, erklärte eine Vertreterin. Misstrauen treffe auch muslimische Jugendliche, die von Lehrern nach ihrer Haltung und der ihrer Eltern zum Nahost-Konflikt gefragt würden. Auf der anderen Seite sagte die Antisemitismusforscherin Sina Arnold, dass in Schulen noch zu wenig über Israel und Palästina geredet werde und forderte mehr Fortbildungen für Lehrer. Die Göttinger Islamwissenschaftlerin Riem Spielhaus kritisierte, dass in Schulbüchern der Islam meist im Zusammenhang mit Konflikten vorkomme. Antisemitismus unter Muslimen werde gar nicht thematisiert.
Der Zentralrat der Muslime war nicht zur Islamkonferenz eingeladen, eine offizielle Begründung dafür gab es nicht. Auch die Kurdische Gemeinde Deutschland erhielt keine Einladung und übte daran Kritik.
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