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Brauerei-Museum: Ein Bier von Weltruf

Museyroom (Teil 11): Ein Besuch im Dortmunder Brauerei-Museum

  • Jürgen Schneider
  • Lesedauer: 5 Min.
Sehen aus wie eine Tüte Gummibärchen aber für Bierliebhaber: Kronkorken
Sehen aus wie eine Tüte Gummibärchen aber für Bierliebhaber: Kronkorken

Die Borussia-Brauerei an der Dortmunder Steigerstraße stand einst Pate, als die Vereinsgründer für ihren Fußballclub einen Namen wählten. Die Taufe, so heißt es im Katalogbuch »Brauerei-Museum Dortmund«, resultierte dabei aus einem geglückten Doppelpass: Zum einen erinnerte ein altes Brauerei-Schild in der Gaststätte »Wildschütz«, in der sich am 20. Dezember 1909 vierzig Sportsfreunde zur konstituierenden Sitzung trafen, an die bereits 1901 in Konkurs gegangene Brauerei und ihr im Dortmunder Norden beliebtes Bier. Andererseits war die »Borussia« in Preußen in jenen Jahren ein Modename für Sport- und andere Vereine. Bildete das Bier mit Kohle und Stahl den Dreiklang, der Dortmund zur führenden deutschen Industriestadt im 20. Jahrhundert machte, so hat auch die BVB-09-Fußballelf zur internationalen Bekanntheit Dortmunds beigetragen. Ein im Dortmunder Stadtarchiv aufbewahrtes Foto von 1956 zeigt »Adi« Preißler, den Mannschaftskapitän des BVB 09, mit der Meisterschale. Fans strecken ihm Bierkrüge der Dortmunder Union-Brauerei entgegen.

Die Zusammenhänge um das Bier herum werden im Brauerei-Museum in der Dortmunder Steigerstraße veranschaulicht. Dieses ist im früheren Maschinenhaus der Hansa-Brauerei und der angrenzenden Produktionshalle untergebracht. In zwanzig Sektionen wird dort die Kulturgeschichte der Dortmunder Bierproduktion präsentiert: von den Grundstoffen Hopfen, Malz und Wasser bis zum Bier im Glas. Vermittelt werden Eindrücke von der Blütezeit der Bierstadt Dortmund seit den 1950er Jahren sowie von der Geschichte der zahlreichen Dortmunder Brauereien, und erläutert wird der Prozess des Brauens, insbesondere des industriellen Brauens. Berücksichtigt wird auch die Historie. Im Unterschied zu Kohle und Stahl, den klassischen Leitsektoren und industriellen Wurzeln der städtischen Wirtschaft, kann das Braugewerbe auf eine weit in die Vergangenheit reichende Tradition zurückblicken.

Bereits 1293 wurden Dortmunder Brauereien sogenannte »Grutrechte« verliehen. Die erste erhaltene schriftliche Erwähnung aus dem Jahre 1250 verweist darauf, dass die Bierproduktion zu jener Zeit auch Sache der Frauen war. In Dortmund setzte sich die Grut laut Stadtrechnungen von 1390 bis 1398 aus »portze«, also dem Heidekrautgewächs Porst, Gersten- und Hafermalz, Harz, Lorbeer und einer Würze zusammen, die ursprünglich nicht zum Rezept des »fermentums« gehörte, dem Hopfen. Hatte das Braugewerbe im 17. und 18. Jahrhundert einen wirtschaftlichen Niedergang erfahren, so markierte die Einführung der untergärigen, »bairischen« Braumethode um die Mitte der 1840er Jahre den Beginn eines langwährenden Aufschwungs. Das neuartige Bier erlangte als »Dortmunder Helles« beziehungsweise »Dortmunder Export« Weltgeltung.

Für das Dortmunder Actien-Bier wurde später mit dem Satz »Das Bier von Weltruf« geworben. Um 1900 existierten knapp 30 Brauereien, von denen in den 1920er Jahren nur noch acht übrigblieben – die Union-, Actien-, Ritter-, Hansa-, Stifts-, Kronen-, Thier- und Bergmann-Brauerei. Seit 1904 ist Dortmunder Bier im Inland als Herkunftsbezeichnung geschützt. Nach dem Zweiten Weltkrieg war es den ohnehin in Trümmern liegenden Dortmunder Brauereien durch die Ale-Trinker der britischen Militärverwaltung verboten, Bier zu brauen. Erst nach 1949 durften die Sudhäuser ihren Betrieb wieder aufnehmen.

In den 1960er Jahren stammte jedes fünfte im Ausland getrunkene Bier aus der Westfalenmetropole. Unter dem Trend zum Bier im heimischen »Pantoffelkino« hatten die einfachen Kneipen seit den 1970er Jahren zu leiden. Heute werden die Traditionsmarken in der Dortmunder Actien-Brauerei, der letzten verbliebenen zur Radeberger Gruppe gehörenden Braustätte, an der Steigerstraße gebraut und abgefüllt.

Abfüll- und Flaschenreinigungsautomaten aus den 1950er Jahren gehören ebenso zu den Exponaten des Brauerei-Museums wie Etikettiermaschinen, Kronkorkenverschlussmaschinen und Fässer.

Bis weit in das 20. Jahrhundert hinein verließ das Bier überwiegend in Fässern die Brauerei, etwa auf dem Krupp-Lkw von 1922, der ein Parade-Exponat des Brauerei-Museums ist. Ein weiteres solches Ausstellungsstück ist ein Tresen, der aus dem »Haus Wagener« stammt, einer 1904 in Lütgendortmund von der fünf Jahre zuvor gegründeten Westfalia-Brauerei errichteten Gaststätte. Über achtzig Jahre floss an der ausgestellten Theke Dortmunder Bier. Bei der Demontage fand sich ein mit einer aufgedruckten Parole der Deutschen Kolonialgesellschaft aus den 1920er Jahren versehener Bierdeckel. Bierdeckel, Kronkorken, Teller mit dem Logo der Brauereien, Gläser und Krüge sowie allerlei Werbeartikel gehören ebenso zum Bestand des Museums.

Eine Sektion ist den Arbeitsbedingungen in den industriellen Brauereien gewidmet. Dort herrschten anfangs besonders harte Arbeitsbedingungen. Schwere körperliche Arbeit, Arbeitszeiten von 60 bis 75 Stunden in der Woche bei einem niedrigen Lohn, ein früher Arbeitsbeginn, häufig auch Nachtarbeit, waren die Regel. Hinzu kam ein patriarchalisches, aus dem alten Handwerk stammendes Arbeitsverhältnis: Die Gesellen mussten in der Brauerei wohnen. Seit den 1890er Jahren besserten sich dank des technischen Fortschritts die Arbeitsbedingungen. Bis zum 31. Dezember 2023 geben ehemalige Mitarbeitende der Dortmunder Actien-Brauerei in einer Sonderausstellung Einblicke in ihre Arbeitswelten.

In einer Glasvitrine des Brauerei-Museums wurde ein »Pantheon« der Dortmunder Brauereien im 20. und 21. Jahrhundert eingerichtet. Auf der untersten Ebene, repräsentiert durch Prägeflaschen und einen Krug: Brauereien vor dem Ersten Weltkrieg. Hier sind auch Brauereien aufgeführt, die wie die Hörder Stifts-Brauerei noch außerhalb der damaligen Stadtgrenzen lagen. Die zweite Ebene gilt Brauereien bis zu den Zusammenschlüssen von der Dortmunder Actien-Brauerei (DAB) und Hansa sowie Union und Ritter (1971/72), repräsentiert durch große Krüge. Auf Ebene drei, repräsentiert durch Gläser: Brauereien bis zur Übernahme der Kronen-Brauerei, die zuvor die Stifts- (1986) und die Thier-Brauerei (1992) übernommen hatte. Und schließlich auf Ebene vier: Die letzten beiden Dortmunder Großbrauereien bis 2005.

»Ein Bier«, so Fritz Maytag, Eigentümer der Anchor Brewing Company in San Francisco, »entsteht nicht einfach so von allein. Dazu gehören auch ein Quäntchen Zauberei und gewisse Dinge, die niemand so recht versteht.« Und die folglich in keinem Museum ausgestellt werden können.

Museyroom

Im Museum liegt die Kraft. Glauben Sie nicht? Gehen Sie doch mal rein! Jeden Monat stellen wir eins vor, in Text und Bild. So wie James Joyce es in »Finnegans Wake« geschrieben hat: »This is the way to the museyroom.«

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