Biathletinnen wollen guten Weltcup-Start in der Staffel veredeln

Franziska Preuß dachte vor einem Monat noch an ein Ende ihrer Karriere. Nun ist sie plötzlich die Anführerin der deutschen Biathletinnen

  • Andreas Morbach
  • Lesedauer: 4 Min.
Endlich wieder oben angekommen: Franziska Preuß
Endlich wieder oben angekommen: Franziska Preuß

Gut zwei Wochen ist es her, dass Franziska Preuß ein besonders starkes Kribbeln im Bauch verspürte. Im norwegischen Sjusjoen stand die interne Qualifikation der deutschen Biathletinnen für den Weltcup an. Drei Plätze waren vorab vergeben, drei waren noch frei, um die fünf Kandidatinnen kämpften. Eine von ihnen war Preuß. Mit 29 Jahren ist sie zwar die Erfahrenste im Team. Wegen ihrer schwierigen vergangenen Saison, die sie aufgrund anhaltender gesundheitlicher Probleme schon im Januar vorzeitig hatte abbrechen müssen, war sie aber erstmals seit langer Zeit nicht mehr gesetzt. Und das hatte Folgen.

»Als es in Sjusjoen um die Wurst ging, habe ich gemerkt, wie angespannt ich war«, erzählt die Staffelweltmeisterin von 2015 im Gespräch mit »nd«. »Und dabei«, fügt sie hinzu, »war für mich immer klar: Entweder ich schaffe es noch einmal nach vorne. Oder ich muss mir einmal grundsätzliche Gedanken über das Ganze machen.« Auch Gedanken an ein Karriere-Ende machte sie sich. Mit Mittelmaß wollte sich die Skijägerin vom SC Haag nach zehn Jahren im Weltcup-Zirkus jedenfalls nicht zufriedengeben.

Genau das war ihr mit dem erfolgreich gelösten Weltcup-Ticket im Gepäck dann auch eine gute Woche später anzumerken: Beim Saisonauftakt in Östersund stürmte sie am Sonntag gleich in ihrem ersten Rennen, dem Einzel über 15 Kilometer, auf Rang zwei. Den ultimativen Traumstart in den Winter verpasste Preuß dabei mit 0,1 Sekunden Rückstand auf die Siegerin Lisa Vittozzi aus Italien historisch knapp. »Einerseits ein bisschen ärgerlich«, kommentierte die Oberbayerin. »Aber gemessen daran, woher ich gerade herkomme, bin ich superzufrieden.«

Neben Preuß konnten das auch zwei der drei Teamkolleginnen von sich behaupten, die im Mai als Mitglieder des Olympiakaders in die Vorbereitung gestartet waren: Vanessa Voigt, die wie Preuß von ihrem fehlerfreien Schießen und den Patzern namhafter Konkurrentinnen wie Elvira Öberg (Schweden), Justine Braisaz-Bouchet (Frankreich) oder Ingrid Landmark Tandrevold (Norwegen) profitierte, wurde Dritte. Sophia Schneider kam mit einem Fehler und einer Minute Rückstand auf Platz fünf.

Aus dem Trio der Gesetzten fiel allein Hanna Kebinger als 38. ab. »Ich bin jemand«, weiß die Partenkirchnerin die Verantwortlichen im Deutschen Skiverband (DSV) jedoch zu beruhigen, »der immer erst ein bisschen in die Wettkämpfe reinkommen muss. Ich werde eigentlich meistens erst zum Ende der Saison hin richtig gut.« Einen außergewöhnlich rasanten Aufstieg hatte die 26-Jährige dabei im vergangenen Winter in den Schnee gelegt: Gestartet im drittklassigen Deutschland-Pokal, sprang sie als Nachrückerin ausgerechnet für Preuß noch auf den Zug zu den Heim-Weltmeisterschaften in Oberhof auf – wo sie mit Voigt, Schneider und Denise Herrmann-Wick Silber in der Staffel holte.

In Östersund stehen vor den abschließenden Sprint- und Verfolgungsrennen nun auch wieder Staffeln auf dem Programm. Am Donnerstag sind die Männer an der Reihe, wobei den deutschen Biathleten mit dem Doppelsieg durch Roman Rees und Justus Strelow sowie den guten Platzierungen von Benedikt Doll (9.) und Johannes Kühn (17.) am Sonntag ein ebenso glanzvolles Einzel glückte wie ihren weiblichen Pendants. Und schon an diesem Mittwoch gehen die Frauen in die Spur.

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In diesem Vierer des DSV ist dann die im März zurückgetretene Vorzeigekraft Herrmann-Wick nicht mehr mit dabei. Mit zwei Einzelmedaillen bei der WM sowie drei ersten und zwei dritten Plätzen im Weltcup war sie die Einzige im deutschen Frauen-Team, die es im Vorjahr aufs Podest geschafft hatte. »Ein Schutzschild ist jetzt weg. Das ist eine Chance für neue Gesichter«, umreißt Felix Bitterling die Lage. Und zumindest gemessen an den Platzierungen vom Wochenendeinzel darf der Sportdirektor des DSV darauf hoffen, dass Kandidatinnen wie Voigt, Schneider, Preuß oder auch Kebinger nach und nach aus dem Schatten von Olympiasiegerin Herrmann-Wick treten werden.

Speziell über Franziska Preuß hatte Bitterling schon vor dem ersten Startschuss in Mittelschweden gesagt: »Ich habe absolut keinen Zweifel, dass in ihr noch sehr viel Weltklasse steckt.« Der Halbsatz »sofern es die Gesundheit zulässt« musste aber auch diesmal wieder fallen. Zu oft hatten grippale Infekte und eine langwierige Corona-Erkrankung das frühere Toptalent zurückgeworfen, das aber in Peking auch eine Olympiamedaille einsammeln konnte.

Wie oft es für die Ruhpoldingerin wie am Sonntag nun tatsächlich erneut für einen Platz auf dem Siegertreppchen reichen wird, bleibt abzuwarten. »Ich hoffe natürlich auch, dass ich wieder dahin komme, wo ich leistungsmäßig schon mal war. Das war das ganze Jahr über auch meine Motivation«, sagt Preuß, erinnert an ihre drei Titel bei den deutschen Meisterschaften im September – und betont: »Da konnte ich schon zeigen, was noch in mir steckt.«

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