- Politik
- COP28
Emirate: Weltklimagipfel in der Erdölmonarchie
Umwelt- und Menschenrechtsaktivisten kritisieren die Vereinigten Arabischen Emirate als Ausrichter der COP 28
Die 28. Weltklimakonferenz (COP 28) in Dubai hat noch nicht mal begonnen, da deutet sich bereits der erste Skandal an. Der umstrittene Gastgeber, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), hat offenbar noch vor Tagungsbeginn gegen den Geist der Veranstaltung verstoßen. Die BBC enthüllte am Montag Briefing-Dokumente, die belegen sollen, wie die VAE die Veranstaltung nutzen wollte, um mit 15 Ländern über Öl- und Gasgeschäfte zu sprechen. Industrieminister Sultan Bin Ahmad Al-Jaber, der sowohl Chef des staatlichen Öl- und Gaskonzerns Adnoc ist als auch der COP 28 vorsteht, bezeichnete den BBC-Bericht am Mittwoch kategorisch als »falsch, nicht wahr, inkorrekt und nicht präzise«.
Überhaupt ist der Tagungsort wenig geeignet, um allen Stimmen, die zum Thema Klimawandel etwas zu sagen haben, Gehör zu verschaffen. Protestaktionen und Demonstrationen müssen vorab angemeldet werden, und sollten diese nach Ansicht der Behörden das Potenzial haben, soziale Unuruhen auszulösen, werden sie gleich verboten. Das macht es leicht, Widerstand im Keim zu ersticken.
Die Vereinigten Arabischen Emirate wollen Demonstrationen zulassen, aber nur in den ausgewiesenen Bereichen des COP 28-Geländes, einem weit entfernten, größtenteils von Wüste umgebenen Neubaugebiet in den Vororten von Dubai. Diese Zusicherungen und das Versprechen, die bisher »inklusivste« Ausgabe der UN-Klimagespräche zu veranstalten, besänftigen jedoch nicht die Aktivisten.
Die Menschenrechtslage in den Emiraten ist tatsächlich besorgniserregend. Die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch (HRW) beschuldigen die VAE, mindestens 64 Emiratis aus politischen Gründen in Haft zu halten. Die Behörden des Emirats beschuldigen die Häftlinge hingegen, Verbindungen zur verbotenen Muslimbruderschaft zu haben. Zu den inhaftierten Emiratis gehört Ahmed Mansur, der von Aktivisten als »letzter Menschenrechtsverteidiger« in den VAE bezeichnet wurde.
Mansur wurde im März 2017 verhaftet. Der Menschenrechtler und Blogger dokumentierte seit 2006 die Menschenrechtslage in den VAE und versorgte auch Amnesty International mit Informationen zur Menschenrechtslage. »Seit seiner Inhaftierung halten die Behörden Ahmed Mansur in Einzelhaft und verweigern ihm den Zugang zu Büchern, Schreibmaterial und grundlegenden Hygieneartikeln«, sagt Aya Majzoub, stellvertretende Direktorin von Amnesty International für den Nahen Osten und Nordafrika. 2018 wurde Ahmad Mansur wegen Verbreitung falscher Informationen in sozialen Medien und Schädigung des Ansehens des Staates zu zehn Jahren Gefängnisverurteilt.
Für Umweltaktivisten und Menschenrechtsgruppen wird COP 28 in Dubai also ein schwieriges Pflaster sein. »Wir sind zutiefst besorgt über die Inhaftierung und Verhaftung von Menschen«, sagte Asad Rehman, leitender Sprecher der Climate Justice Coalition, die Aktionen vor Ort plant. »Hinzu kommt die allgemeine Sorge über das Ausmaß der Überwachung, insbesondere der digitalen Überwachung«, sagte der Aktivist gegenüber AFP und fügte hinzu: »Wir wissen, dass die VAE über die Technologie verfügen, um die digitale Kommunikation zu überwachen.«
Vergangenes Jahr fand der Klimagipfel in Ägypten statt, wo immer wieder Demonstranten und Regierungskritiker festgenommen werden. Die Emirate seien jedoch bei der Überwachung der Zivilgesellschaft »viel ausgetüftelter und perfektionistischer« als Ägypten, meint Susann Scherbarth von der deutschen Umweltschutzorganisation Bund. Doch auf Protest verzichten werden die Aktivisten nicht. Sie wollen den Umgang mit Wanderarbeitern, die Inhaftierung von zivilgesellschaftlichen Akteuren sowie die massive Förderung fossiler Brennstoffe anprangern – alles Tabuthemen in den Emiraten. »Aber ohne Menschenrechte wird es keine Klimagerechtigkeit geben«, sagt Rehman.
Die Regierenden versuchen indes, das Land als ökologisches Musterbeispiel zu präsentieren. »Im Öl- und Gassektor sorgen wir dafür, dass wir das sauberste Barrel der Welt produzieren«, sagte Suhail Mohammad Al-Mazrui, Energieminister der VAE. Laut der Energiestrategie 2050 der VAE soll die Kapazität an erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 verdreifacht und die Erhöhung des Anteils sauberer Energien auf 30 Prozent gesteigert werden, sagte Al-Mazrui.
Die Realität sieht jedoch anders aus. Kuwait, Katar, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate gehören zu den 20 wichtigsten Produzenten fossiler Brennstoffe. Mehr als 90 Prozent der Elektrizität in der Region stammt nach wie vor aus fossilen Brennstoffen, die Pro-Kopf-Emissionen gehören zu den höchsten der Welt. Und die Produktion soll weiter steigen: Die Emirate wollen mit einer Rate von 3,9 für Öl und 0,5 für Gas ihren Output steigern.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.